Ermittler bündelten ihre Kräfte
Fischer, der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West in Kempten gestern auf Anfrage. Die Ermittler zeigten sich nach dem Fahndungserfolg erleichtert: „Wir standen unter hohem Erfolgsdruck“, sagt Fischer. Das liegt wohl auch daran, dass der Sprayer zuletzt gezielt Gotteshäuser attackierte, großen Schaden anrichtete und die religiösen Gefühle vieler Menschen zutiefst verletzte. Wie berichtet, waren am Sonntag, zum Entsetzen vieler Gläubigen in der Vöhringer Pfarrkirche St. Michael, zahlreiche großflächige Schriftzüge in goldener Farbe entdeckt worden. Sie enthielten Beleidigungen und erstreckten sich auf Wände, sakrale Gegenstände und Altar. Am Donnerstagnachmittag tauchten weitere Schmierereien mit ähnlichen Aussagen auf, dieses Mal in der Bellenberger Kirche „Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz“. Wieder wurden Wände und Altar angegangen, ebenso wie das Orgelgehäuse. Zudem verunstaltete der Täter die Außenfassade der Kirche in Illerberg.
Vor diesem Hintergrund kündigte die Diözese Augsburg drastische Maßnahmen an: Wie jetzt bekannt wurde, ordnete Generalvikar Ha- Heinrich noch am Donnerstag an, dass sämtliche Kirchen und Kapellen in den Dekanaten Neu-Ulm, Günzburg und Memmingen außerhalb der Gottesdienste geschlossen bleiben müssen. Eine weitreichende Entscheidung, die Dutzende Gotteshäuser und Tausende Gläubige betroffen hätte. Aber dazu kam es nicht: Unmittelbar nachdem die Festnahme und das Geständnis gemeldet worden waren, nahm der Generalvikar die Sperrung zurück.
In der Bellenberger Kirche werden, auf Anordnung von Bischof Konrad Zdarsa, allerdings bis auf Weiteres keine Gottesdienste stattfinden: „Wenn an heiligen Orten Handlungen wirklich beleidigender und gravierender Art geschehen, sieht das Kirchenrecht vor, dass der Ortsbischof eine Kirche schließen kann“, ließ Karl-Georg Michel, der Pressesprecher des Bistums wissen. Man spricht von einer „Schändung“. Deshalb müsse ein sogenannter Bußritus vorgenommen werden. Diesen wird der Diözesanbischof vollziehen, nachdem die Kirche saniert worden ist. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.
Wie das Polizeipräsidium weiter mitteilt, konnte der 19-Jährige aufgrund eines Zeugenhinweises festgenommen werden. Nach den neuesten Schmierereien in Bellenberg und Illerberg am Donnerstag hätten die Ermittler ihre Kräfte in Vöhringen und Umgebung gebündelt. Zahlreiche Streifen seien in Zivil unterwegs gewesen. Der mutmaßliche Täter soll womöglich noch ein zweirald tes Mal vernommen werden, sagte Polizeisprecher Fischer. Danach gehe der Sprayer-Fall an die Staatsanwaltschaft. Ob und wie schwer der 19-Jährige verurteilt werde, sei Sache der Justiz. Möglicherweise greife das Jugendstrafrecht.
Große Erleichterung herrschte nach der Aufklärung der Vandalismus-Serie beim Vöhringer Pfarrer Martin Straub und den Gläubigen in den Gemeinden. Auch Generalvikar Heinrich zeigte sich „froh über den schnellen Fahndungserfolg“. Es sei bitter, dass ein Täter in zwei Kirchen sein Unwesen treiben konnte. Niemand im Bistum habe sich an einen Fall vergleichbaren Ausmaßes erinnern können. Heinrich: „Ich bin wie viele Menschen entsetzt und auch sprachlos.“