Ingolstädter Affären
Mit Unregelmäßigkeiten am Klinikum hat es begonnen. Nun interessiert sich die Staatsanwaltschaft für Geschäfte des erfolgreichen Ex-Oberbürgermeisters. Die Lage ist kompliziert. Und wer weiß, was noch alles rauskommt
In Ingolstadt beschäftigt sich nicht nur die Staatsanwaltschaft schon länger mit einer vielschichtig gelagerten Affäre. Worum geht es?
● Vor über einem Jahr erfährt der Ombudsmann des Ingolstädter Klinikums, dass es im Haus Unregelmäßigkeiten gibt. Es werden Vorwürfe gegen den damaligen Geschäftsführer Heribert Fastenmeier erhoben. Er soll Familienmitglieder begünstigt haben, lautet einer davon. Wissen muss man zum besseren Verständnis der Gemengelage: Das Ingolstädter Klinikum ist ein Krankenhaus der öffentlichen Hand. Träger des Hauses mit über 1100 Betten sind die Stadt Ingolstadt und der Bezirk Oberbayern. 2016 machte das Klinikum einen Umsatz in Höhe von 210 Millionen Euro. Der Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt ist zugleich der Aufsichtsratsvorsitzende des Krankenhauses. In diesem Gremium sitzen auch Stadträte. Der Aufsichtsrat kontrolliert die Geschäftsführung des Klinikums. Der Ombudsmann, so sagte es der amtierende Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) und Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums in einer Sondersitzung des Stadtrats zur Affäre, habe ihn am 9. Januar über die Vorwürfe gegen Fastenmeier informiert. Lösel schaltet einen Rechtsanwalt ein. Der informiert die Staatsanwaltschaft. ● Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt ermittelt gegen zwölf Personen. Im Zentrum der Untreue-Ermittlungen steht der zuerst beurlaubte, dann gekündigte Ex-Geschäftsführer des Klinikums, Heribert Fastenmeier. Auch ein Sohn zählt zu den Beschuldigten. Dem Ex-Geschäftsführer werden vereinfacht gesagt Mauscheleien und Vetternwirtschaft vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft führt nach mehreren Durchsuchungen im Klinikum in einem der Rathäuser und in Geschäftsund Privaträumen seit Dezember vergangenen Jahres zwölf Komplexe auf. Darunter: Wohnungsverkäufe an ein Familienmitglied des ehemaligen Geschäftsführers, Flüge auf Kosten des Klinikums, Finanzierung eines Studiums und Finanzierung von Reisen durch Klinikum Ingolstadt GmbH. Summen werden keine genannt. ● Der letzte Punkt auf der Liste der Staatsanwaltschaft betrifft Ingolstadts Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU). Er lautet: „Verkauf des Alten Krankenhauses an einen Bauträger und Erwerb einer Wohnung durch den ehemaligen Stadtrat und Oberbürgermeister Dr. Lehmann in der neu errichteten Wohnanlage.“Wie berichtet hatte der frühere Rathauschef (bis 2014 im Amt) ein Appartement in einer neu errichteten Wohnanlage erworben. Diese, die „Sebastian-Gärten“, liegen auf dem Gelände des alten städtischen Krankenhauses. Das Areal war in Lehmanns Amtszeit verkauft worden. Zur Erinnerung: Der amtierende OB ist auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums und Krankenhauszweckver- bandsvorsitzender. Bei Lehmann geht es um den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit im Amt, beim Bauträger um Bestechung. ● Wie Ingolstadts Leitender Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle sagt, ist ein Ende der Ermittlungen nicht absehbar. Fastenmeier sei inzwischen bei der Kriminalpolizei vernommen worden und habe sich zu Teilbereichen geäußert. Fastenmeiers Anwalt André-M. Szesny teilt auf Anfrage mit, dass sein Mandant mit Blick auf das laufende Verfahren keine Stellungnahme mache. Er arbeite aber „verfahrensfördernd und konstruktiv“mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Der Ingolstädter Anwalt von Alt-OB Lehmann, Jörg Gragert, hält es wie bisher auch: Kein Kommentar, während die Ermittlungen laufen. Laut Staatsanwaltschaft Indie golstadt ist Lehmann noch nicht vorgeladen worden. Die Ermittlungen seien noch nicht so weit, dass eine Vernehmung Sinn mache, heißt es. Folge der Arbeit der Staatsanwaltschaft ist übrigens ein Disziplinarverfahren, das die Landesanwaltschaft München inzwischen gegen Lehmann eingeleitet hat. Der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit begründet laut Landesanwaltschaft den hinreichenden Verdacht auf das Vorliegen eines Dienstvergehens. Lehmann droht bei einer Verurteilung eine Kürzung seiner Pension oder aber die Aberkennung seines Ruhegehalts. Das Disziplinarverfahren ist ausgesetzt, bis ein mögliches Strafverfahren abgeschlossen ist. ● Zur sogenannten Klinikums-Affäre gehört auch ein Vorgang, der wenig mit den eigentlichen Vorwürfen zu tun hat. Es geht erneut um Alt-OB Lehmann. Der hatte nach seinem Ausscheiden aus dem Rathaus als Stadtrat und Aufsichtsrat des Klinikums einen Münchener Personalvermittler, der auch den neuen Ärztlichen Direktor nach Ingolstadt vermittelt hatte, privat gegen Bezahlung beraten. Lehmann war an der Vorauswahl des Bewerbers durch den Headhunter beteiligt gewesen, hatte die zuständigen Gremien aber nicht deutlich von dieser Verbindung unterrichtet. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft prüft nach wie vor, ob sie deshalb Ermittlungen aufnimmt. Es geht um Bestechlichkeit als Mandatsträger. ● Ingolstadts amtierender Oberbürgermeister Christian Lösel war Lehmanns Referent und gilt als dessen Ziehsohn. Die Opposition im Stadtrat hatte ihn ins Visier genommen, weil er gemeinsam mit seiner Frau und dem Ehepaar Lehmann an der Immobilienfirma Arbor beteiligt war. Man hatte wissen wollen, ob Arbor jemals Geschäfte mit der Stadt Ingolstadt oder einer ihrer zahlreichen Tochterunternehmen gemacht habe. Lösel hatte klar mit „Nein“geantwortet. Inzwischen hat er seine Anteile an Arbor abgestoßen. Er betonte aber erneut, dass es sich um eine „rechtlich einwandfreie“Vermögensanlage gehandelt habe. Die Opposition, ein Zweckbündnis aus Bürgergemeinschaft (BGI), Grünen, SPD und ÖDP, hatte der Verkauf der Anteile „überrascht“. Für den Augenblick sehe man aber keinen weiteren Klärungsbedarf, wie der BGI-Fraktionsvorsitzende Christian Lange sagte. Dass der OB überhaupt an so einer Firma beteiligt war, sieht man nach wie vor kritisch. Denn Arbor hat auch Anteile an einer Gewerbehalle im Gewerbegebiet Grünau in Neuburg. An der wiederum ist der Neuburger Bauunternehmer Hans Mayr beteiligt. Der war und ist in Ingolstadt tätig, und für ihn arbeitete Alt-OB Alfred Lehmann nach seiner Amtszeit ab Oktober 2014 bis Ende 2016 als Berater, wie Mayr bestätigt hatte. Mayr hat Verwicklungen in die Affäre aber energisch bestritten. ● Die Ermittlungen laufen. Rund eine halbe Million E-Mails müssen die Staatsanwälte bearbeiten. Es wird dauern. Plötzlich und ohne Vorwarnung ist eine 13-jährige Schülerin während des Unterrichts in Niederbayern aus einem Fenster im ersten Stock ihrer Schule gesprungen. Die Jugendliche stand laut Polizei am Mittwoch in Hauzenberg von ihrem Platz auf, ging zu dem geöffneten Fenster und sprang rund fünf Meter in die Tiefe. Dort kam sie auf gepflastertem Boden auf. Laut Polizei trug sie keine schweren Verletzungen davon. Die 13-Jährige kam in ein Krankenhaus. Ein Motiv für den plötzlichen Sprung konnte die Polizei zunächst nicht nennen. Im Münchner Terrorprozess gegen vier Mitglieder der rechtsextremen „Oldschool Society“(OSS) haben auch die Verteidiger des vierten Angeklagten Freispruch gefordert. Die Äußerungen der Angeklagten, die in Chats und Telefonaten Gewaltfantasien gegen Flüchtlinge austauschten, seien „alles andere als akzeptabel“und teils auch menschenverachtend gewesen, sagte Anwalt Hans-Dieter Stoffer in seinem Plädoyer für den 48-jährigen Angeklagten aus Bochum. Es habe sich bei der Gruppe aber nicht um eine terroristische Vereinigung gehandelt. Der 58-jährige „Präsident“der OSS war ein Maler aus dem Augsburger Stadtteil Bergheim. Auch sein Verteidiger hatte Freispruch gefordert. Das Urteil wird für den 15. März erwartet. Beim Brand eines Wohnhauses in Lindau ist in der Nacht zum Donnerstag ein Mann ums Leben gekommen. Die Feuerwehr fand den 76-Jährigen tot im Gebäude. Er starb an zunächst unbekannter Ursache. Die Ergebnisse der Obduktion sollen heute vorliegen. Laut Polizei war das Feuer im ersten Stock des Hauses ausgebrochen.