Die Seriendiebe hatten es stets auf ältere Damen abgesehen
Die Spur der beiden Täter zieht sich durch ganz Süddeutschland, doch erst die Memminger Justiz macht sie nach hartnäckigen Ermittlungen dingfest
Ihre Opfer waren stets ältere Damen. Denen fehlte erst die Börse, wenig später einiges an Geld vom Konto. Die beiden Diebe waren keine Gelegenheitstäter, sie gingen „gewerbsmäßig“vor, wie es im Juristendeutsch heißt. Sie schlugen an mehreren Orten der Region zu. Doch irgendwann klickten die Handschellen. Gestern wurden die Täter – zwei rumänische Staatsbürger – vom Memminger Schöffengericht zu jeweils einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt.
Ihre Masche war immer gleich: In Supermärkten stahlen sie Geldbeutel aus Einkaufswagen und hoben dann mit den darin enthaltenen ECoder Kreditkarten Geld ab. Ein 44-jähriger Bauarbeiter und ein 46-jähriger Koch sowie ein bisher unbekannter Dritter hatten sich stets reifere Frauen als Opfer ausgesucht, von denen sie leider zu Recht vermuteten, dass diese ihre PINNummern auf der Karte oder auf einem Zettel daneben vermerkt hätten. Meistens gingen sie zu zweit vor; der eine lenkte die Dame durch Fragen zu bestimmten Waren ab und der andere filzte den Einkaufswagen. Noch bevor die Opfer an der Kasse den Diebstahl bemerkten und danach die Karte sperren ließen, waren die Täter schnell zur Bank gegangen, hatten dort bei den hier verhandelten Fällen insgesamt rund 13000 Euro abgehoben und schon zuvor das im Geldbeutel vorhandene Bargeld an sich genommen.
Die Tatorte erstreckten sich von Burgau über Weißenhorn und Senden bis Türkheim und Bad Wörishofen, aber schon davor waren beide Täter von den Amtsgerichten Landshut und Mühldorf am Inn wegen gleichartiger Taten verurteilt worden. Darüber hinaus, so deuteten Richter Braun und ein ermittelnder Polizeibeamter an, gab es wohl noch zahlreiche weitere Taten in ganz Süddeutschland, deren Verfolgung die dort zuständigen Staatsanwaltschaften mangels Erfolgsaussichten eingestellt hatten.
Die Justiz in Memmingen aber blieb hartnäckig dran und ermittelte anhand von Videoaufzeichnungen aus den Banken, dass offensichtlich stets derselbe Täter mit einer be- stimmten Baseballmütze an den Geldautomaten zugange war. Von diesem wurden sogar einmal bei einer Grenzkontrolle auf der Autobahn Richtung Salzburg die Personalien festgestellt; weil aber dort aktuell nichts gegen ihn vorlag, durfte er ausreisen. Dann aber setzten die Memminger Ermittler die Puzzleteile zusammen und stellten sowohl diesen Tatverdächtigen als auch seinen Komplizen fest, während über sie nun ein Geständnis anboten. Nach Absprache aller Prozessparteien stand eine Maximalstrafe von zwei Jahren Haft im Raum. So konnte der Prozess vereinfacht über die Bühne gehen. Auf den ursprünglichen Vorwurf, „bandenmäßig“vorgegangen zu sein, wurde verzichtet, weil der Dritte nicht aufzutreiben war. Außerdem erleichterten die Geständnisse das Verfahren, weil damit einerseits den meist deutlich über 70 Jahre alten Damen ein für sie aufregender Auftritt vor Gericht erspart blieb und andererseits auf eine Auswertung der Spuren und des Bildmaterials durch umfangreiche Sachverständigengutachten verzichtet werden konnte.
Die verhängte Strafe von einem Jahr und neun Monaten Gefängnis wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt, das kam nach Meinung des Gerichts sowie der Staatsanwältin nicht infrage. Auch die Verteidiger hatten dies „ins Ermessen des Gerichts gestellt“. Die Auslieferungshaft in Rumänien und die U-Haft hier werden angerechnet, sodass beide nun noch etwa ein Jahr und zwei Monate in Haft bleiben. Die Frauenunion im Landkreis trifft sich heute zur Jahresversammlung. Diese findet um 16 Uhr im Gasthof „Gut Holz“in Neu-Ulm statt. (az)