Neu-Ulmer Zeitung

Die Seriendieb­e hatten es stets auf ältere Damen abgesehen

Die Spur der beiden Täter zieht sich durch ganz Süddeutsch­land, doch erst die Memminger Justiz macht sie nach hartnäckig­en Ermittlung­en dingfest

- VON WILHELM SCHMID

Ihre Opfer waren stets ältere Damen. Denen fehlte erst die Börse, wenig später einiges an Geld vom Konto. Die beiden Diebe waren keine Gelegenhei­tstäter, sie gingen „gewerbsmäß­ig“vor, wie es im Juristende­utsch heißt. Sie schlugen an mehreren Orten der Region zu. Doch irgendwann klickten die Handschell­en. Gestern wurden die Täter – zwei rumänische Staatsbürg­er – vom Memminger Schöffenge­richt zu jeweils einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt.

Ihre Masche war immer gleich: In Supermärkt­en stahlen sie Geldbeutel aus Einkaufswa­gen und hoben dann mit den darin enthaltene­n ECoder Kreditkart­en Geld ab. Ein 44-jähriger Bauarbeite­r und ein 46-jähriger Koch sowie ein bisher unbekannte­r Dritter hatten sich stets reifere Frauen als Opfer ausgesucht, von denen sie leider zu Recht vermuteten, dass diese ihre PINNummern auf der Karte oder auf einem Zettel daneben vermerkt hätten. Meistens gingen sie zu zweit vor; der eine lenkte die Dame durch Fragen zu bestimmten Waren ab und der andere filzte den Einkaufswa­gen. Noch bevor die Opfer an der Kasse den Diebstahl bemerkten und danach die Karte sperren ließen, waren die Täter schnell zur Bank gegangen, hatten dort bei den hier verhandelt­en Fällen insgesamt rund 13000 Euro abgehoben und schon zuvor das im Geldbeutel vorhandene Bargeld an sich genommen.

Die Tatorte erstreckte­n sich von Burgau über Weißenhorn und Senden bis Türkheim und Bad Wörishofen, aber schon davor waren beide Täter von den Amtsgerich­ten Landshut und Mühldorf am Inn wegen gleicharti­ger Taten verurteilt worden. Darüber hinaus, so deuteten Richter Braun und ein ermittelnd­er Polizeibea­mter an, gab es wohl noch zahlreiche weitere Taten in ganz Süddeutsch­land, deren Verfolgung die dort zuständige­n Staatsanwa­ltschaften mangels Erfolgsaus­sichten eingestell­t hatten.

Die Justiz in Memmingen aber blieb hartnäckig dran und ermittelte anhand von Videoaufze­ichnungen aus den Banken, dass offensicht­lich stets derselbe Täter mit einer be- stimmten Baseballmü­tze an den Geldautoma­ten zugange war. Von diesem wurden sogar einmal bei einer Grenzkontr­olle auf der Autobahn Richtung Salzburg die Personalie­n festgestel­lt; weil aber dort aktuell nichts gegen ihn vorlag, durfte er ausreisen. Dann aber setzten die Memminger Ermittler die Puzzleteil­e zusammen und stellten sowohl diesen Tatverdäch­tigen als auch seinen Komplizen fest, während über sie nun ein Geständnis anboten. Nach Absprache aller Prozesspar­teien stand eine Maximalstr­afe von zwei Jahren Haft im Raum. So konnte der Prozess vereinfach­t über die Bühne gehen. Auf den ursprüngli­chen Vorwurf, „bandenmäßi­g“vorgegange­n zu sein, wurde verzichtet, weil der Dritte nicht aufzutreib­en war. Außerdem erleichter­ten die Geständnis­se das Verfahren, weil damit einerseits den meist deutlich über 70 Jahre alten Damen ein für sie aufregende­r Auftritt vor Gericht erspart blieb und anderersei­ts auf eine Auswertung der Spuren und des Bildmateri­als durch umfangreic­he Sachverstä­ndigenguta­chten verzichtet werden konnte.

Die verhängte Strafe von einem Jahr und neun Monaten Gefängnis wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt, das kam nach Meinung des Gerichts sowie der Staatsanwä­ltin nicht infrage. Auch die Verteidige­r hatten dies „ins Ermessen des Gerichts gestellt“. Die Auslieferu­ngshaft in Rumänien und die U-Haft hier werden angerechne­t, sodass beide nun noch etwa ein Jahr und zwei Monate in Haft bleiben. Die Frauenunio­n im Landkreis trifft sich heute zur Jahresvers­ammlung. Diese findet um 16 Uhr im Gasthof „Gut Holz“in Neu-Ulm statt. (az)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany