Neu-Ulmer Zeitung

Abends erwacht die Diva

Maria Rosendorfs­ky gehört zu den Stars im Ulmer Opern-Ensemble. Derzeit ist sie als „Lulu“zu sehen. Die männermord­ende Schöne ist nicht die einzige Rolle, in der sie glänzen darf

- VON MARCUS GOLLING

Bei Opern des 20. Jahrhunder­ts ist das Ulmer Publikum oft eher reserviert. Nicht so bei der Premiere von Alban Bergs „Lulu“. Tosend war der Beifall, ganz besonders der für Maria Rosendorfs­ky in der Titelparti­e. So schimmernd und klar im Gesang, aber auch dämonisch und verführeri­sch im Spiel, dass sich einige im Publikum wohl bereitwill­ig der Reihe ihrer Opfer angeschlos­sen hätten. Und auch für Rosendorfs­ky selbst hat sich selten ein Applaus so gut angefühlt. „Lulu“war für sie, wie sie gerne zugibt, die bislang größte künstleris­che Herausford­erung ihrer Karriere.

Außerhalb der Bühne ist die 37-Jährige ganz anders als der (in Matthias Kaisers Inszenieru­ng ziemlich dämonische) Weibsteufe­l Lulu. Schlank und schön trotzdem, aber natürlich, entspannt und mit einem charmanten Wiener Ton in der Stimme. In der österreich­ischen Hauptstadt wurde die Sopranisti­n geboren, dort studierte sie am Konservato­rium, nicht nur Solo- und Liedgesang, sondern auch Musikalisc­hes Unterhaltu­ngstheater, also Musical. Eine Künstlerin mit vielen Facetten also, von denen sie bereits viele in Ulm zeigen konnte: als freche Soubrette Despina in „Cosí fan tutte“, als strahlende­r Engel Maria im Wilhelmsbu­rg-Musical „West Side Story“, bei Liederaben­den und Kirchenkon­zerten. Rosendorfs­ky ist beliebt beim Publikum und begehrt bei den Konzertver­anstaltern, und sie weiß die Abwechslun­g zu schätzen. Besonders mag sie die Auftritte bei Jürgen Grözingers Neue-Musik-Festival im Stadthaus. Weil sie eine Herausford­erung sind.

Auf keinen der genannten Auftritte musste sich Rosendorfs­ky so intensiv vorbereite­n wie auf „Lulu“: Schon sieben Monate vor der Premiere begann sie mit der Arbeit. „Am Anfang dachte ich: Wie soll das auch die Rezeption ihrer Darstellun­g der „Lulu“. Für diese lobte sie nicht nur unsere Zeitung, sondern beispielsw­eise auch die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung attestiert­e Rosendorfs­ky nach der Premiere, dass sie mit „starkem, dramatisch­em Ausdruck und zugleich soubretten­silberner Beweglichk­eit“geglänzt habe. Die Sängerin sei „(noch) nicht Primadonna, aber auf dem Weg dorthin“. Ein Lob, das ihr doppelt gefällt: Weil es bedeute, dass sie sich noch weiter entwickeln kann – und weil sie die Position der kapriziöse­n Primadonna gar nicht anstrebe.

Das liegt auch an der zweiten großen Rolle, die sie ausfüllt: Rosendorfs­ky ist Mutter von zwei Kindern, sechs und acht Jahre alt. Die Familie ist es auch, die sie in Ulm – beziehungs­weise Neu-Ulm, wo sie wohnt – hat heimisch werden lassen. Als sie 2004 erstmals ans Theater Ulm kam, war ihr Engagement „eher temporär angelegt“, wie sie gesteht. 2006 wechselte sie ans Südthüring­ische Staatsthea­ter in Meiningen – behielt aber ihren Wohnsitz an der Donau. Viele tausend Kilometer im Jahr fuhr sie für den Job, oft mit den Kinder und ihrer Mama im Schlepptau. Irgendwann wurde es zu viel – Rosendorfs­ky kehrte 2012 zurück ans Theater Ulm. „Jetzt brauche ich mit dem Fahrrad 15 Minuten zur Arbeit“, freut sie sich. Sie mag auch die harmonisch­e Atmosphäre im Ensemble. „Bei uns gibt es niemanden, der sich übermäßig produziere­n muss.“

Aber ist das nicht trotzdem komplizier­t, den Beruf der Opernsänge­rin und die Familie unter einen Hut zu bringen? „Ich habe einen sehr kooperativ­en Ehemann“, sagt die 37-Jährige lächelnd. So empfiehlt sie jedem, sich auf das Abenteuer Familie einzulasse­n. „Wenn man eine solide Beziehung hat, funktionie­rt das auch.“Besonders musikalisc­h geht es zuhause bei Rosendorfs­ky übrigens nicht zu. „Singen darf ich da prinzipiel­l nicht“, sagt sie ausgenzwin­kernd. Da genießt sie die Ruhe, beschäftig­t sich mit den Kindern. Aber manchmal freut sie sich doch wieder auf die andere Rolle. „Dann denke ich mir: Jetzt bin ich die Mutter, aber heute Abend bin ich Lulu.“Und als sie das sagt, bekommt sie kurz dieses Lulu-Lächeln, das Männer erzittern lässt. O

„Lulu“ist im Theater Ulm wieder heute, Freitag, am 17. März so wie am 1., 12. 15. und 30. April zu sehen. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Am Don nerstag, 16. März, 19.30 Uhr, singt Ro sendorfsky im Museum der Brotkultur bei einem Abend mit dem Motto „Nur wer die Sehnsucht kennt…“, begleitet von Musikern der Ulmer Philharmon­iker, Wer ke von Schubert, Mozart, und anderen.

Das erste öffentlich­e Konzert des Studio Ulmer Musikfreun­de fand am 24. März 1946 im historisch­en Saal des Ulmer Schuhhause­s, dem einzigen nach dem Krieg unzerstört­en größeren Raum der Stadt Ulm, unter der Leitung von Werner Nonnenberg statt. Nun, gut 70 Jahre später, feiert das Orchester sein Jubiläum mit einem großen Sinfonieko­nzert in der Paulskirch­e am Sonntag, 12. März, um 18 Uhr.

Das Liebhabero­rchester, das sich bei Bedarf mit Bläsern aus den Profireihe­n verstärkt, hauptsächl­ich aus den Philharmon­ischen Orchestern Ulm und Augsburg, wird seit 2015 von Albrecht Schmid, Leiter des Collegium Instrument­ale Stuttgart und seit 1985 künstleris­cher Leiter der Wiblinger Bachtage, geleitet. In der Regel konzertier­t das „Studio“dreimal pro Jahr. Die traditione­llen Serenaden im Schlosshof in Erbach sind, neben den Konzerten in der Pauluskirc­he und dem Kornhaus, zu einem festen Bestandtei­l des regionalen Musikleben­s geworden. Bei den Auftritten haben in der Vergangenh­eit in- und ausländisc­he Solisten, aber auch junge Talente mitgewirkt.

Für das Jubiläumsk­onzert hat das Ensemble ein besonderes Programm vorbereite­t: Jacques Offenbachs Barcarole aus „Les Contes d‘Hoffmann“und Can Can aus „Orphée aux enfers“, Edvard Griegs Erste Orchesters­uite aus der Musik zu „Peer Gynt“, Franz Schuberts Symphonie Nr. 8 h-moll („Unvollende­te“) und Camille Saint-Saens’ Konzert Nr. 1 a-moll für Violoncell­o und Orchester. Bei Letzterem wirkt Korbinian Bubenzer, 1993 in Ulm geboren, als Cello-Solist mit. Bei Grieg und Offenbach gibt es begleitend­e Tanzinterp­retationen verschiede­ner, durch das Dansarts Ballett Centrum Ulm koordinier­ter Gruppen. (az) O

Karten gibt es bei Traffiti im Service Center Neue Mitte Telefon 0731/166 21 77. Im Konzertsaa­l der Musikschul­e Ulm am Marktplatz findet morgen, Samstag, um 11 Uhr das Preisträge­rkonzert des diesjährig­en Regionalwe­ttbewerbes „Jugend musiziert“statt. Umrahmt von einem von den jungen Talenten gestaltete­n Programm überreicht Bürgermeis­terin Iris Mann die Urkunden an die Beteiligte­n aus der Region Ulm. (az)

 ?? Foto: Jochen Klenk ?? Eine Frau, die Männern den Kopf verdreht – und sie in den Tod treibt: Maria Rosendorfs­ky als Lulu in Alban Bergs gleichnami­ger Oper. Privat ist die 37 Jährige weniger ge fährlich.
Foto: Jochen Klenk Eine Frau, die Männern den Kopf verdreht – und sie in den Tod treibt: Maria Rosendorfs­ky als Lulu in Alban Bergs gleichnami­ger Oper. Privat ist die 37 Jährige weniger ge fährlich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany