Für Euro Austritt und Minuszuwanderung
Die AfD hat einen Entwurf für ihr Wahlprogramm vorgelegt. Darin findet sich viel Bekanntes. Aber zwei rigorose Verschärfungen geben zu denken. Eine davon widerspricht dem Grundgesetz
Für das, was die AfD in ihr Programm für die Bundestagswahl schreiben will, müsste das Grundgesetz geändert werden. Nur so wäre es möglich, eingebürgerten Zuwanderern den deutschen Pass wieder zu entziehen. Die Alternative für Deutschland will dies, wie es in dem jetzt vorgelegten Programmentwurf heißt, „bei erheblicher Kriminalität innerhalb von zehn Jahren nach erfolgter Einbürgerung, bei Mitwirkung in Terrororganisationen, bei Zugehörigkeit zu kriminellen Clans“ermöglichen. Das ist deutlich rigoroser formuliert als noch in dem im vergangenen Jahr verabschiedeten Parteiprogramm. Zumal die AfD diese Ausbürgerung insbesondere auch zulassen will, wenn der Betroffene damit staatenlos wird. Das widerspräche Artikel 16 des Grundgesetzes.
Auch die andere Zuspitzung hat es in sich. Bekannt ist, dass die Partei stets betont, die Zuwanderung stoppen oder zumindest begrenzen zu wollen. Jetzt führt sie einen neuen Kampfbegriff ein: die Minuszuwanderung. Die Grenzen müssten geschlossen werden, heißt es da, „um die ungeregelte Massenimmigration in unser Land und auf unsere Sozialsysteme durch überwiegend beruflich völlig unqualifizierte Asylbewerber zu beenden“.
Das ist komprimiert das, was auch im Parteiprogramm nachgelesen werden kann. Und dann steht im Wahlprogramm: „Wir brauchen über mehrere Jahre diesbezüglich eine Minuszuwanderung von 200000 Personen.“Soll heißen: Es müssen deutlich mehr Menschen freiwillig gehen oder abgeschoben werden als ins Land kommen. Wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, bleibt offen.
Die Minuszuwanderung ist im Übrigen keine Erfindung der AfD. der AfD-Programmkommission, Albrecht Glaser, spricht im Nachhinein gegenüber Zeit Online von einem redaktionellen Fehler. Der Hintergrund: Bevor er sowie die beiden Parteichefs Frauke Petry und Jörg Meuthen den Entwurf öffentlich präsentieren, hat eine Befragung der Mitglieder zu einzelnen Kernpunkten stattgefunden. Und da hat sich nur eine Minderheit von 35 Prozent für die Nennung einer Zahl ausgesprochen.
Apropos Mitsprache: „Wiederherstellung der Demokratie in Deutschland“ist Kapitel eins des Programms überschrieben. Die AfD fordert Volksentscheide nach dem Schweizer Vorbild, um damit den Wählern das Recht zu geben, nicht nur den Bundespräsidenten direkt zu wählen, sondern auch bereits beschlossene Gesetze zu ändern oder abzulehnen. Dahinter steckt auch die Absicht, das Volk über den Verbleib in der Eurozone und gegebenenfalls – nach britischem Vorbild – auch der Europäischen Union abChef stimmen zu lassen. Die AfD hat ja einst als Euro-kritische Partei angefangen. Sie hält die gemeinsame Währung für gescheitert. Deshalb steht der Euro-Austritt auch im Wahlprogramm, der verbunden sein soll mit einer Wiedereinführung der „Deutschen Mark“.
Auch andere Punkte sind so oder so bekannt aus dem Parteiprogramm: die Herabsetzung der Strafmündigkeit von jetzt 14 auf zwölf Jahre und die generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts ab der Volljährigkeit mit 18 Jahren; der Einsatz von Videoüberwachung mit Gesichtserkennungssoftware an öffentlichen Orten mit hoher Kriminalität; die Ablehnung von Islamunterricht an staatlichen Schulen und Vollverschleierung; die Wiedereinführung der Wehrpflicht; die Forderung nach einem Ende der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland; oder der Plan, die Rente nicht erst ab einem bestimmten Lebensalter auszuzahlen, sondern nach einer „klar definierten anrechenbaren Lebensarbeitszeit“.
Endgültig beschlossen wird das Programm (Umfang 67 Seiten) übrigens Ende April auf einem AfDParteitag in Köln. Änderungen sind noch möglich.
Die nordafrikanischen Länder Marokko, Algerien und Tunesien werden, anders als vom Bund gewünscht, nicht als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Das im vergangenen Jahr vom Bundestag beschlossene Gesetz verfehlte am Freitag im Bundesrat die Mehrheit, weil die von Grünen und Linken mitregierten Länder größtenteils nicht zustimmten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erhob anschließend schwere Vorwürfe gegen die Grünen. Außer dem grün-schwarz regierten BadenWürttemberg stimmte im Bundesrat kein Land mit Regierungsbeteiligung von Grünen oder Linken für das zustimmungspflichtige Gesetz.
Mit der Neuregelung wollte die Bundesregierung erreichen, dass Asylanträge von Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien schneller abgelehnt werden können. Die geplante Neuregelung sei „aus politischem Kalkül“blockiert worden, kritisierte de Maizière. Dafür trügen die Grünen, insbesondere im Bund, die Verantwortung. Das Gesetz hätte klargemacht, „dass es sich nicht lohnt, nach Deutschland zu kommen“.