Der Glas Spezialist, der für Apple baut
Die Seele-Gruppe aus Gersthofen nördlich von Augsburg hat bereits die Fassade für die Europäische Zentralbank oder die Allianz-Arena errichtet. Nun ist sie wieder für den iPhone-Konzern aktiv
Wenn bald in Kalifornien der neue kreisrunde Campus 2 des Technologiekonzerns Apple mit seiner markanten Glasfassade eröffnet, wird man auch in Gersthofen im Kreis Augsburg stolz sein. In der Stadt Cupertino baut Apple eine futuristische, kreisrunde Firmenzentrale. Das Glas der Fassade liefert ein Tochterunternehmen der SeeleGruppe in Gersthofen. Es stammt von der Firma Sedak, die sich auf die Veredlung von Glas spezialisiert hat. Die Beziehungen zwischen Seele und Apple sind seit Jahren gut. Der iPhone-Konzern zählt zu den wichtigen Kunden, seit 2001 besteht die Zusammenarbeit. Im Jahr 2006 realisierte Seele den spektakulären Würfel aus Glas in New York an der 5th Avenue. Seitdem baut das Unternehmen immer wieder Läden für Apple weltweit, über 65 sind es bereits. Die Beziehungen sind so eng, dass vorletztes Jahr Apple-Chef Tim Cook die Firma in Gersthofen besuchte. An einen Satz, den Cook den Mitarbeitern zurief, erinnert man sich bei Seele gut: „Ihr seid die besten der Welt!“
Die Seele-Gruppe bezeichnet sich selbst als eines der weltweit führenden Fassadenbauunternehmen. Komplexe Gebäudehüllen aus Glas, Stahl, Aluminium oder Membranen stammen von Seele. Gegründet haben das Unternehmen im Jahr 1984 der Glasermeister Gerhard Seele, der noch im Betrieb seines Vaters gelernt hat, und der Konstrukteur Siegfried Goßner. Beide sind bis heute die Inhaber. Ihr Unternehmen wuchs rasant. Zu den ersten Aufträgen gehörten Banken, Bauwerke im Augsburger Zoo oder das gläserne Dach des Maximilianmuseums in der Augsburger Innenstadt. Heute zählen zu den Vorzeigeprojekten die Gebäudehülle der Allianz-Arena in München, der Glasvorbau des Straßburger Bahnhofs oder die Fassade der Europäischen Zentralbank bezeichnet werden. „Wir planen, fertigen und montieren unsere Objekte selber. Dafür führen wir auch alle erforderlichen Tests auf unserem eigenen Testgelände durch“, berichtet Geschäftsführer Andreas Hafner. Alles aus einer Hand, alles selbst machen – das sei es, was Seele kennzeichne.
Beschäftigt ist das Unternehmen aktuell zum Beispiel mit einem großen Büro- und Geschäftshaus in London – dem „Principal Place“. Hafner schildert die Herausforderungen des Projektes: Bis zu vier mal sieben Meter messen die größten Glasscheiben für das oberste Geschoss. Rund 4,5 Tonnen wiegt allein ein Element. Hinter ihnen werden künftig Beschäftigte am neuen Europa-Hauptsitz des Handelsriesen Amazon auf London blicken. Zwei Jahre lang haben bei Seele rund 35 Planer an dem Projekt gearbeitet, dazu kommen Projekt- und Bauleiter – insgesamt rund 50 Beschäftigte, berichtet Hafner.
Der Geschäftsführer ist in Augsburg groß geworden, ging erst auf das Gymnasium St. Stephan, machte dann bei dem Getriebespezialisten Renk eine Schlosserlehre, bevor er in München Maschinenbau studierte. Nach dem Abitur liebäugelte er mit einem Architekturstudium. „Ein guter Architekt wäre ich wahrscheinlich nie geworden“, scherzt Hafner. „Aber die Umsetzung der Ideen der Architekten, das ist das Richtige für mich.“Hafner startete 1993 in der Seele-Gruppe. Nach Stationen unter anderem in Frankreich, Kanada und England ist er heute einer von zwei Geschäftsführern – neben Nelli Diller, die zeigt, dass man sich als Frau auch in der Baubranche einen Namen machen kann.
Durch Glasscheiben fällt der Blick nach unten in die Seele-Produktionshalle. Dort kanten, biegen, stanzen, fräsen und lasern Beschäftigte die Fassadenelemente aus Metall, stehen an großen Maschinen. Fast jedes Element aus Glas und Metall, das später weltweit verbaut wird, geht durch die Fußballfelder große Produktionshalle. Hier stehen Akustikpaneele für das künftige kanadische Parlamentsgebäude in OtGruppe tawa, dort fräst ein Team an ornamentreichen Messingplatten für eine architektonisch interessante Fußgängerbrücke in Kanada. „Nordamerika und Großbritannien zählen zu unseren wichtigsten Märkten“, berichtet Hafner. Insofern lassen Brexit und US-Präsident Trump das Seele-Team in Gersthofen nicht kalt. Seele aber blickt mit Zuversicht in die Zukunft: Das Unternehmen plant, das Bürogebäude um einen Stock nach oben zu vergrößern und die Fertigungskapazitäten weiter auszubauen. Der Umbau könnte 2018 starten.
Bei Seele hat man bereits mit Architekten wie Norman Foster oder der verstorbenen Zaha Hadid zusammengearbeitet. Diese sind für ihre Ideen oft nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt. Auch fantastische Ideen umsetzen zu können, damit will Seele punkten. „Egal, welche Fassade sie wollen, sie bekommen sie von uns“, beschreibt Hafner die Philosophie des Unternehmens, das bisher rund 900 Lehrlinge ausgebildet hat – unter anderem zu technischen Zeichnern, Metallbauern oder Industriekaufleuten. Wohin aber geht die Zukunft des Bauens?
Die Baustoffe werden wärmer – durch Stein, Terrakotta, Bronze, sagt Hafner. Und die Fassadenelemente würden künftig nicht nur geschweißt und verschraubt werden, auch Klebestrukturen gewinnen an Bedeutung, „die Projekte werden technologischer und komplexer“. Dass man mit einer Fassade die eigene Leistung am Ende gut sieht, das ist es, was dem Geschäftsführer gefällt. Die Fassade ist schließlich das Gesicht eines Gebäudes. Manchmal klopft er im Familienurlaub an die Fassaden markanter Gebäude.
Bald wird man mit dem Finger auch an die Fassade der Apple-Zentrale in Kalifornien klopfen können – an Glaselemente, die aus Gersthofen stammen. Installiert hat die Elemente in Kalifornien übrigens die Josef Gartner GmbH aus Gundelfingen im Kreis Dillingen an der Donau – ein zweiter Fassadenspezialist in der Region. Schwaben ist längst zu einem Zentrum für hochwertige Glasfassaden geworden. Die schweren Schäden an vier Windkraftanlagen im Dezember und Januar sind möglicherweise auf eine gemeinsame technische Ursache zurückzuführen. Bisherige Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich die Rotorblätter der Anlagen zu spät aus dem Wind gedreht haben, als der zu stark für einen sicheren Betrieb wurde, berichtet Spiegel Online. Dafür verantwortlich ist die sogenannte Pitch-Regelung (Blattverstellung). Die betroffenen Anlagen, die teilweise umfielen oder deren Rotorblätter abknickten, waren alle über 15 Jahre alt. Sie standen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Letzte Sicherheit über die Unfallursachen gibt es noch nicht. „In dem konkreten Fall, den wir untersucht haben, lag es höchstwahrscheinlich an der Pitch-Regelung“, sagte Robert Döring von der Dienstleistungsfirma Enertrag, die solche Anlagen wartet. Bei der älteren Baureihe sei noch ein hydraulisches und kein elektronisches System in Betrieb. Nach Schätzungen sind noch mehr als 150 ähnliche Anlagen in Deutschland in Betrieb.