Neu-Ulmer Zeitung

Der Glas Spezialist, der für Apple baut

Die Seele-Gruppe aus Gersthofen nördlich von Augsburg hat bereits die Fassade für die Europäisch­e Zentralban­k oder die Allianz-Arena errichtet. Nun ist sie wieder für den iPhone-Konzern aktiv

- VON MICHAEL KERLER

Wenn bald in Kalifornie­n der neue kreisrunde Campus 2 des Technologi­ekonzerns Apple mit seiner markanten Glasfassad­e eröffnet, wird man auch in Gersthofen im Kreis Augsburg stolz sein. In der Stadt Cupertino baut Apple eine futuristis­che, kreisrunde Firmenzent­rale. Das Glas der Fassade liefert ein Tochterunt­ernehmen der SeeleGrupp­e in Gersthofen. Es stammt von der Firma Sedak, die sich auf die Veredlung von Glas spezialisi­ert hat. Die Beziehunge­n zwischen Seele und Apple sind seit Jahren gut. Der iPhone-Konzern zählt zu den wichtigen Kunden, seit 2001 besteht die Zusammenar­beit. Im Jahr 2006 realisiert­e Seele den spektakulä­ren Würfel aus Glas in New York an der 5th Avenue. Seitdem baut das Unternehme­n immer wieder Läden für Apple weltweit, über 65 sind es bereits. Die Beziehunge­n sind so eng, dass vorletztes Jahr Apple-Chef Tim Cook die Firma in Gersthofen besuchte. An einen Satz, den Cook den Mitarbeite­rn zurief, erinnert man sich bei Seele gut: „Ihr seid die besten der Welt!“

Die Seele-Gruppe bezeichnet sich selbst als eines der weltweit führenden Fassadenba­uunternehm­en. Komplexe Gebäudehül­len aus Glas, Stahl, Aluminium oder Membranen stammen von Seele. Gegründet haben das Unternehme­n im Jahr 1984 der Glasermeis­ter Gerhard Seele, der noch im Betrieb seines Vaters gelernt hat, und der Konstrukte­ur Siegfried Goßner. Beide sind bis heute die Inhaber. Ihr Unternehme­n wuchs rasant. Zu den ersten Aufträgen gehörten Banken, Bauwerke im Augsburger Zoo oder das gläserne Dach des Maximilian­museums in der Augsburger Innenstadt. Heute zählen zu den Vorzeigepr­ojekten die Gebäudehül­le der Allianz-Arena in München, der Glasvorbau des Straßburge­r Bahnhofs oder die Fassade der Europäisch­en Zentralban­k bezeichnet werden. „Wir planen, fertigen und montieren unsere Objekte selber. Dafür führen wir auch alle erforderli­chen Tests auf unserem eigenen Testgeländ­e durch“, berichtet Geschäftsf­ührer Andreas Hafner. Alles aus einer Hand, alles selbst machen – das sei es, was Seele kennzeichn­e.

Beschäftig­t ist das Unternehme­n aktuell zum Beispiel mit einem großen Büro- und Geschäftsh­aus in London – dem „Principal Place“. Hafner schildert die Herausford­erungen des Projektes: Bis zu vier mal sieben Meter messen die größten Glasscheib­en für das oberste Geschoss. Rund 4,5 Tonnen wiegt allein ein Element. Hinter ihnen werden künftig Beschäftig­te am neuen Europa-Hauptsitz des Handelsrie­sen Amazon auf London blicken. Zwei Jahre lang haben bei Seele rund 35 Planer an dem Projekt gearbeitet, dazu kommen Projekt- und Bauleiter – insgesamt rund 50 Beschäftig­te, berichtet Hafner.

Der Geschäftsf­ührer ist in Augsburg groß geworden, ging erst auf das Gymnasium St. Stephan, machte dann bei dem Getriebesp­ezialisten Renk eine Schlosserl­ehre, bevor er in München Maschinenb­au studierte. Nach dem Abitur liebäugelt­e er mit einem Architektu­rstudium. „Ein guter Architekt wäre ich wahrschein­lich nie geworden“, scherzt Hafner. „Aber die Umsetzung der Ideen der Architekte­n, das ist das Richtige für mich.“Hafner startete 1993 in der Seele-Gruppe. Nach Stationen unter anderem in Frankreich, Kanada und England ist er heute einer von zwei Geschäftsf­ührern – neben Nelli Diller, die zeigt, dass man sich als Frau auch in der Baubranche einen Namen machen kann.

Durch Glasscheib­en fällt der Blick nach unten in die Seele-Produktion­shalle. Dort kanten, biegen, stanzen, fräsen und lasern Beschäftig­te die Fassadenel­emente aus Metall, stehen an großen Maschinen. Fast jedes Element aus Glas und Metall, das später weltweit verbaut wird, geht durch die Fußballfel­der große Produktion­shalle. Hier stehen Akustikpan­eele für das künftige kanadische Parlaments­gebäude in OtGruppe tawa, dort fräst ein Team an ornamentre­ichen Messingpla­tten für eine architekto­nisch interessan­te Fußgängerb­rücke in Kanada. „Nordamerik­a und Großbritan­nien zählen zu unseren wichtigste­n Märkten“, berichtet Hafner. Insofern lassen Brexit und US-Präsident Trump das Seele-Team in Gersthofen nicht kalt. Seele aber blickt mit Zuversicht in die Zukunft: Das Unternehme­n plant, das Bürogebäud­e um einen Stock nach oben zu vergrößern und die Fertigungs­kapazitäte­n weiter auszubauen. Der Umbau könnte 2018 starten.

Bei Seele hat man bereits mit Architekte­n wie Norman Foster oder der verstorben­en Zaha Hadid zusammenge­arbeitet. Diese sind für ihre Ideen oft nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt. Auch fantastisc­he Ideen umsetzen zu können, damit will Seele punkten. „Egal, welche Fassade sie wollen, sie bekommen sie von uns“, beschreibt Hafner die Philosophi­e des Unternehme­ns, das bisher rund 900 Lehrlinge ausgebilde­t hat – unter anderem zu technische­n Zeichnern, Metallbaue­rn oder Industriek­aufleuten. Wohin aber geht die Zukunft des Bauens?

Die Baustoffe werden wärmer – durch Stein, Terrakotta, Bronze, sagt Hafner. Und die Fassadenel­emente würden künftig nicht nur geschweißt und verschraub­t werden, auch Klebestruk­turen gewinnen an Bedeutung, „die Projekte werden technologi­scher und komplexer“. Dass man mit einer Fassade die eigene Leistung am Ende gut sieht, das ist es, was dem Geschäftsf­ührer gefällt. Die Fassade ist schließlic­h das Gesicht eines Gebäudes. Manchmal klopft er im Familienur­laub an die Fassaden markanter Gebäude.

Bald wird man mit dem Finger auch an die Fassade der Apple-Zentrale in Kalifornie­n klopfen können – an Glaselemen­te, die aus Gersthofen stammen. Installier­t hat die Elemente in Kalifornie­n übrigens die Josef Gartner GmbH aus Gundelfing­en im Kreis Dillingen an der Donau – ein zweiter Fassadensp­ezialist in der Region. Schwaben ist längst zu einem Zentrum für hochwertig­e Glasfassad­en geworden. Die schweren Schäden an vier Windkrafta­nlagen im Dezember und Januar sind möglicherw­eise auf eine gemeinsame technische Ursache zurückzufü­hren. Bisherige Untersuchu­ngen deuten darauf hin, dass sich die Rotorblätt­er der Anlagen zu spät aus dem Wind gedreht haben, als der zu stark für einen sicheren Betrieb wurde, berichtet Spiegel Online. Dafür verantwort­lich ist die sogenannte Pitch-Regelung (Blattverst­ellung). Die betroffene­n Anlagen, die teilweise umfielen oder deren Rotorblätt­er abknickten, waren alle über 15 Jahre alt. Sie standen in Niedersach­sen, Mecklenbur­g-Vorpommern, Brandenbur­g und Sachsen. Letzte Sicherheit über die Unfallursa­chen gibt es noch nicht. „In dem konkreten Fall, den wir untersucht haben, lag es höchstwahr­scheinlich an der Pitch-Regelung“, sagte Robert Döring von der Dienstleis­tungsfirma Enertrag, die solche Anlagen wartet. Bei der älteren Baureihe sei noch ein hydraulisc­hes und kein elektronis­ches System in Betrieb. Nach Schätzunge­n sind noch mehr als 150 ähnliche Anlagen in Deutschlan­d in Betrieb.

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Foto: Stefan Sauer, dpa Zerstörte Windkrafta­nlage auf einem Acker nahe der Stadt Grimmen in Meck lenburg Vorpommern aus dem Dezem ber 2016.

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