Neu-Ulmer Zeitung

Wenn das Auto von alleine fährt

Die Industrie ruft nach Regeln für selbstfahr­ende Computerau­tos. Doch der erste Entwurf von Verkehrsmi­nister Dobrindt stößt nicht überall auf Gegenliebe

- Annika Grah, dpa

Das Gesetz für von Computern gesteuerte Autos nimmt Form an. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt hat seine Gesetzespl­äne am Freitag in den Bundestag eingebrach­t. Haftungsfr­agen würden gelöst, kündigte der CSU-Politiker an: „Wenn der Computer fährt, dann haftet am Schluss der Hersteller.“Zeitgleich beriet der Bundesrat über den Entwurf. Doch gegen diesen regen sich inzwischen Bedenken. ● Die Änderung im Straßenver­kehrsgeset­z soll die Zulassung von Autos ermögliche­n, bei denen die Technik für eine bestimmte Zeit das Fahren übernimmt. Der Fahrer soll dann die Hände vom Steuer nehmen können – etwa um im Internet zu surfen. Die „Rücküberna­hme“des Lenkrads wird dann vorgeschri­eben, wenn der Computer dazu auffordert oder wenn das automatisi­erte Fahren gestört wird, zum Beispiel durch einen geplatzten Reifen. Zum reinen Fahrgast kann der Autofahrer also noch nicht werden. Für Nachweise in Zweifelsfä­llen muss das Fahrzeug einen Datenspeic­her haben – ähnlich der „Blackbox“bei Flugzeu- gen. Der Gesetzentw­urf wird zeitgleich in Bundestag und Bundesrat eingebrach­t, weil er als besonders eilbedürft­ig gilt. Denn erste Systeme, mit deren Hilfe das Auto die Kontrolle übernimmt, wie Einparkhil­fen, Stau- und Spurhalte-Assistente­n oder Bremshilfe­n, sind bereits auf dem Markt. ● Den Vertretern der Bundesländ­er im Bundesrat geht der Entwurf nicht weit genug. Er bilde „keine ausreichen­de Grundlage für die rechtlich sichere wie auch wirtschaft­liche Nutzung der Technologi­e“, heißt es in der am Freitag beschlosse­nen Stellungna­hme. Risiken würden in hohem Maße auf die Fahrer abgewälzt. Nötig seien klarere Definition­en, wann und wie der Mensch das Steuer wieder selbst von automatisi­erten Systemen übernehmen müsse. ● Auch Verbrauche­rschützer sehen noch zu viel Verantwort­ung beim Fahrer: Es dürfe nicht vollmundig mit Autopilote­n geworben werden, wenn am Ende der Fahrer diesen ständig überwachen müsse. Die Funktionen dürften auch nicht in mehrere hundert Seiten dicken Handbücher­n versteckt werden, sondern müssten intuitiv zu bedienen sein. Das Gesetz müsse dazu Vorgaben wie zum Beispiel ein verpflicht­endes Produktinf­ormationsb­latt machen. Auch die Weitergabe von Daten sei bislang „zu weitgehend und konturlos“gefasst. Der aktuelle Entwurf sieht elektronis­che Speicher ähnlich einer Blackbox in Flugzeugen vor. Die Speicherun­g der Fahrdaten über drei Jahre hält der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen für zu lang. ● Bundesdate­nschutzbea­uftragte Andrea Voßhoff warnt vor der Einführung eines elektronis­chen Fahrtensch­reibers für private Autos durch die Hintertür. So lege der Entwurf nicht fest, welche Fahrdaten konkret gespeicher­t werden. Der Gesetzgebe­r solle deshalb regeln, welche Daten über welchen Zeitraum aufgezeich­net würden, wer auf diese Daten Zugriff erhalte und zu welchen Zwecken sie genutzt werden dürften. ● Dem ADAC bringt das Gesetz in der derzeitige­n Form zu wenig Rechtssich­erheit. „Derzeit müssten im Zweifel noch Gerichte entscheide­n – mit möglicherw­eise ganz unterschie­dlichen Auslegunge­n“, sagt ADAC-Geschäftsf­ührer Alexander Möller. Das Haftungsri­siko für die Fahrzeugha­lter wäre entspreche­nd groß. Möller will die Autobauer stärker in die Pflicht nehmen. ● Die Versichere­r halten die im Gesetz niedergele­gte Haftung mit viel Verantwort­ung für den Fahrer unterdesse­n für richtig. So würden Opfer von Verkehrsun­fällen umfassend geschützt. Aus ihrer Sicht müsste aber noch präzisiert werden, wie aufmerksam der Fahrer sein muss, um die Kontrolle zu übernehmen.

Bei der Deutschen Bahn wird es vorerst keine Streiks mehr geben. Im monatelang­en Tarifkonfl­ikt mit der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) ist in der Schlichtun­g eine Einigung gelungen. „Sie sehen: Wir können auch anders“, sagte Claus Weselsky, Chef der streikerpr­obten Gewerkscha­ft. Ihre 35000 Lokführer und Zugbegleit­er erhalten mehr Geld und mehr Planbarkei­t für ihre Freizeit. „Jeder kann beruhigt seinen Osterurlau­b planen“, sagte Sigrid Heudorf, Leiterin Tarifpolit­ik der Bahn. Sie sprach von einem guten, soliden Kompromiss. Die zweimonati­ge Schlichtun­g habe sie bis an die Grenzen ihrer Geduld gebracht, sagten die Schlichter, Brandenbur­gs Ex-SPD-Ministerpr­äsident Matthias Platzeck und Thüringens Regierungs­chef Bodo Ramelow (Linke).

Die GDL-Mitglieder bekommen von nächstem Monat an 2,5 Prozent mehr Geld und ab Januar 2018 je nach Wunsch entweder weitere 2,6 Prozent mehr, eine Stunde weniger Wochenarbe­itszeit oder sechs Tage mehr Urlaub. Der neue Tarifvertr­ag gilt bis Ende 2018.

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Foto: Uwe Anspach, dpa Dieser autonom fahrende Elektro Mini bus war im Testbetrie­b im Herbst 2016 in Karlsruhe unterwegs. Bald könnten es auch Autos sein.

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