„Wirkung ohne Nebenwirkungen gibt es nicht.“
verändert hat das nichts. Sörgel hat es aufgegeben, an ein Umdenken zu glauben. Menschen hätten schon immer irgendwelche Stoffe zu sich genommen, die ihr Befinden, sei es körperlicher oder geistiger Art, verbessern sollten. „Das ist vielleicht so eine Art genetischer Defekt des Homo sapiens. Gegen den ankämpfen zu wollen ist zwecklos“, sagt er mit einem bitteren Lachen.
Dabei ist längst nicht alles, was sich der Mensch zuführt, unbedenklich. „Wirkung ohne Nebenwirkung gibt es nicht. Das ist ein pharmakologischer Lehrsatz, der schon im ersten Nachkriegslehrbuch der Pharmakologie auf der ersten Seite stand“, sagt Professor Sörgel. Im modernen Geschäft mit all den Pülverchen seien aber viele Risiken verborgen, „weil kriminelle Gesportlern schäftemacher teilweise wirksame Stoffe daruntermischen. Dann ist das Zeug nicht mehr wirkungslos, sondern gefährlich, sehr gefährlich“. Ein Feld, in dem das immer wieder vorkommt, sind die sogenannten Pre-Workout-Booster. Kurz vor dem Training eingenommen, sollen sie den Fokus des Sportlers voll auf die kommenden Anstrengungen richten und ein härteres Training ermöglichen. Sie tragen Namen wie „Chaos and Pain“oder „Blackline Suizide“.
Die meisten enthalten Unmengen Koffein und Taurin, die den Sportler ähnlich aufputschen wie ein Dutzend Tassen Kaffee. Und schon bei solchen völlig legalen Mitteln kann es je nach Dosierung leicht zu Kreislaufproblemen und Schlafstörungen, zu Nierenschäden und Herzrhythmus-Störungen kommen.
Immer wieder aber tauchen Booster auf, die mit harten, amphetaminähnlichen Stimulanzien versetzt sind. Produziert werden sie meist in China oder Indien, und niemand weiß so ganz genau, was tatsächlich da drin ist. Zwar werden in Deutschland immer wieder einzelne Booster verboten, schnell tauchen dann aber leicht veränderte Varianten unter neuem Namen auf. Oder die verbotenen gibt es einfach weiterhin im Internet zu bestellen. Wer sollte deren Versand von irgendwo im Ausland auch kontrollieren?
Diese gefährlichen Zusatzstoffe seien immer auch ein Bild der Möglichkeiten, die die Chemie gerade bietet, sagt Professor Sörgel. „In einigen Jahrzehnten, vielleicht auch früher, werden sicher auch biotechnologische Stoffe diese ‚Ergänzung‘ bieten“, fürchtet er. „Dann wird’s erst richtig interessant – und gefährlich.“Dann nämlich wäre Muskelwachstum steuerbar: Design durch Einnahme, ganz ohne Training.