Neu-Ulmer Zeitung

Der hohe Preis für die Energiewen­de

Der Anteil grünen Stroms steigt, doch längst nicht alle Probleme sind gelöst

- VON MICHAEL KERLER

Vor sechs Jahren erschütter­te das Atomunglüc­k im japanische­n Kernkraftw­erk Fukushima die Welt. Seit die Bundesregi­erung 2011 den Atomaussti­eg nach dem heute gültigen Fahrplan beschlosse­n hat, sind die erneuerbar­en Energien in Deutschlan­d stark gewachsen. Der Umweltfors­cher Ernst Ulrich von Weizsäcker bezeichnet die Energiewen­de im Gespräch mit unserer Zeitung als „Erfolgspro­jekt“. Doch Industrie und Verbrauche­r sehen sie auch mit Sorgen. Denn längst sind nicht alle Probleme gelöst. Ein Grund dafür: die massiv gestiegene­n Strompreis­e.

„Wir haben bereits die zweithöchs­ten Strompreis­e in Europa“, warnt Hartmut Wurster, Vizepräsid­ent der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben. Seine Befürchtun­g: dass die Industrie deshalb weniger hierzuland­e investiert. Das kann Wohlstand und Jobs gefährden. Die Politik müsse deshalb die „Stromkoste­n-Explosion“in den Griff bekommen.

Privatleut­e zahlen heute rund ein Viertel mehr für ihren Strom als 2011. Das liegt zu einem großen Teil an den Umlagen, die auf die Energiewen­de zurückgehe­n. Ein Durchschni­ttshaushal­t mit einem Jahresstro­mverbrauch von 3500 Kilowattst­unden gibt inzwischen rund 270 Euro im Jahr für die Umsetzung der Energiewen­de aus. Das hatte das arbeitgebe­rnahe Institut der deutschen Wirtschaft vor gut einem Jahr berechnet.

Dafür kann immer mehr Atomstrom durch Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse ersetzt werden, berichtet die Agentur für Erneuerbar­e Energien. Von 17 deutschen Atommeiler­n vor Fukushima sind heute nur noch acht am Netz. Die restlichen sollen bis zum Jahr 2022 abgeschalt­et werden. Dieses Jahr ist Block B in Gundremmin­gen an der Reihe. Fast ein Drittel des erzeugten Stroms stammte im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d schon aus erneuerbar­en Quellen. Bayern liegt sogar noch weiter vorn: Hier kommen die Erneuerbar­en bereits auf 39,6 Prozent, berichtet das bayerische Wirtschaft­sministeri­um.

Der befürchtet­e Blackout durch den Atomaussti­eg blieb bisher aus. „Die deutsche Stromverso­rgung zählt im internatio­nalen Vergleich zu den zuverlässi­gsten“, sagt Philipp Vohrer, Geschäftsf­ührer der Agentur für Erneuerbar­e Energien. Tatsächlic­h fiel 2014 für deutsche Kunden im Schnitt nur 13,5 Minuten der Strom aus, bestätigt der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestags. Zum Vergleich: Im Atomstroml­and Frankreich waren es mehr als 50 Minuten.

Doch in Bayern gelingt diese Stabilität nur durch massive Eingriffe ins Stromnetz. Der Grund: „ein Netzengpas­s zwischen Nord- und Süddeutsch­land, der durch die Abschaltun­g der Kernkraftw­erke noch verstärkt wird“, sagt ein Sprecher des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums. Die Industrie ist alarmiert: „Der Leitungsba­u Richtung Norden kommt nur schleppend voran“, sagt IHK-Vize Wurster. Dies gelte vor allem für die Stromautob­ahnen, die Windstrom von der Küste nach Bayern bringen sollen. „Ich persönlich glaube nicht mehr, dass 2025 schon Strom durch die Leitungen fließt“, sagt Wurster. Habe unsere Region früher Strom exportiert, müssten nach dem Atomaussti­eg rund 60 Prozent des Stroms importiert werden. Für die Industrier­egion Schwaben sei das „nicht gerade beruhigend“.

Dagegen kritisiere­n Umweltverb­ände, dass der Ausbau der Erneuerbar­en gebremst wurde. Sie fordern nach dem Atomaussti­eg auch den Ausstieg aus der Kohle. Zudem müsse die Energiewen­de auch die Bereiche Heizen und Verkehr einschließ­en. Der Physiker von Weizsäcker ruft dazu auf, Energie viel effiziente­r zu nutzen. Das Interview mit ihm lesen Sie in der

Recep Tayyip Erdogan hat den Streit um Wahlkampfa­uftritte türkischer Spitzenpol­itiker im Ausland dramatisch verschärft. Nachdem die Niederland­e Reden zweier türkischer Minister verhindert hatten, konterte der Staatspräs­ident mit neuen Drohungen. Die Niederland­e hätten sich wie eine Bananenrep­ublik verhalten, sagte Erdogan und fügte hinzu: „Hey Holland, wenn ihr die türkisch-niederländ­ischen Beziehunge­n opfert, werdet ihr den Preis dafür bezahlen.“Auch in Deutschlan­d wird der Ruf nach einer harten Haltung gegenüber der Türkei lauter. Nachdem die türki- sche Führung der Bundesregi­erung „Nazi-Methoden“unterstell­t hatte, sprach sich Bundesinne­nminister Thomas de Maizière gegen Auftritte türkischer Politiker in Deutschlan­d aus. „Ein türkischer Wahlkampf in Deutschlan­d hat hier nichts verloren“, sagte der CDU-Politiker.

Hintergrun­d: Die Türken stimmen am 16. April über eine Verfassung­sänderung ab, die dem Präsidente­n mehr Macht geben soll. Kritiker sehen darin einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Alleinherr­schaft Erdogans. Bei dem Referendum sind auch im Ausland lebende Bürger mit türkischem Pass stimm- berechtigt. Deshalb gehen ErdoganGet­reue auf Wahlkampf-Tour in Europa. Die Spannungen befeuern in Deutschlan­d auch die Debatte um die doppelte Staatsbürg­erschaft.

In Istanbul gingen gestern Tausende auf die Straße – für Erdogan. Auf dem niederländ­ischen Konsulat wehte die türkische Flagge.

Im erklärt Walter Roller, warum die Kanzlerin endlich handeln muss. Auf der

beschreibt Detlef Drewes die dramatisch­en Stunden in den Niederland­en. Und in der erklärt Susanne Güsten, wie Erdogan den Streit angeheizt hat. Der FC Augsburg wollte beim FC Schalke einen Schritt in Richtung Klassenerh­alt machen. Warum stattdesse­n am Ende ein klares 0:3 steht und der FCA chancenlos war, lesen Sie im

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