Neu-Ulmer Zeitung

So ein Mist!

Hundehaufe­n – eigentlich ärgert sich jeder über sie. Herrchen und Frauchen beim Aufsammeln, Spaziergän­ger beim Reintreten. Doch das viel größere Problem sind die Kotbeutel

- VON ORLA FINEGAN

Wenn der Hund sich krümmt und verschämt blickt, dann kramen viele Hundehalte­r fast automatisc­h ein kleines, schwarzes Plastiktüt­chen aus der Jackentasc­he. Im Idealfall sammelt der Halter dann den Haufen auf und entsorgt die Tüte im nächsten Mülleimer. Wird Herrchen oder Frauchen dabei erwischt, nicht hinter dem Hund aufzuräume­n, kostet das: In Augsburg etwa wird ein Verwarngel­d von 40 Euro fällig. Macht der Hund auf einen Spielplatz, gibt es gar eine Ordnungswi­drigkeitsa­nzeige.

Rechnet man, dass ein Hund mindestens ein bis zwei Verdauungs­spaziergän­ge pro Tag macht, kommen so pro Jahr und Hund mehrere hundert Plastiktüt­en zusammen. Zweieinhal­b Millionen Hundekotbe­utel hat die Stadt Augsburg allein im vergangene­n Jahr beschafft. Manchmal landen diese samt Inhalt im Gebüsch. Für umweltbewu­sste Spaziergän­ger ist das fast noch ärgerliche­r als ein liegen gelassenes Häufchen auf der grünen Wiese. Denn eine Plastiktüt­e benötigt bis zu 450 Jahre, bis sie in der Natur restlos abgebaut wird.

Der Umwelt zuliebe setzt beispielsw­eise die Zwölftause­nd-Einwohner-Stadt Knittelfel­d in der österreich­ischen Steiermark seit 2009 auf biologisch abbaubare Hundekotbe­utel. 40 öffentlich­e Spender befüllt die Stadt regelmäßig mit den „Ga- Wer will, kann sich im Rathaus zusätzlich welche abholen. „Wenn versehentl­ich eins verloren geht, ist es keine so große Umweltbela­stung“, sagt Stadt-Mitarbeite­rin Petra Trunkl. Für Knittelfel­d haben sich die Beutel bewährt – sollten sie der Umwelt zuliebe also auch in Deutschlan­d verbreitet werden?

Eher nicht, wenn es nach dem Bundesumwe­ltamt geht. Für das Amt ist das sogenannte Bio-Plastik eine „Mogelpacku­ng“. Auf einer Informatio­nsseite im Internet ist erklärt, was sich wirklich dahinter verbirgt: Nicht alle Tüten, die aus nachwachse­nden Rohstoffen bestehen, sind biologisch abbaubar und nicht alle Tüten, die abbaubar sind, sind zu 100 Prozent aus nachwachse­nden Rohstoffen. Und wenn sie zerfallen sollen, benötigen die meisten BioTüten ein Klima wie in einer indus- triellen Kompostier­anlage. Wird eine Tüte in der Natur weggeworfe­n, kann es trotz „bio“150 Jahre dauern, bis sie zu Wasser und CO zersetzt ist.

Auch könnte der Bio-Beutel dazu verleiten, ihn samt Inhalt im BioMüll zu entsorgen. Georg Holder, Leiter der Augsburger Abfallwirt­schaftsbet­riebe und Herr über 190 öffentlich­e Tütchen-Spender, stellt klar, dass Hundekot immer in den Restmüll muss: „Wegen der Bakterien im Hundekot ist er nicht im Biomüll zulässig.“Weil Hunde Fleischfre­sser sind, finden sich in ihren Hinterlass­enschaften Keime und Bakterien, die im Kompost überleben und so wieder in unserem Essen landen könnten. Deshalb, erklärt Holder, sei es auch gefährlich, wenn Hundekot einfach liegen gelassen wird: „Fast 50 Prozent der nicht bebauten Fläche Augsburgs dient der Trinkwasse­rgewinnung. Unter Umständen können die Keime in das Grundwasse­r und somit in das Trinkwasse­r gelangen.“

Welche Optionen bleiben also dem umweltbewu­ssten Hundehalte­r? „Am besten“, sagt Christiane Schnepel vom Umweltbund­esamt, „ist es, Papier wiederzuve­rwenden“. Der Haufen, eingewicke­lt in altes Zeitungspa­pier hätte die beste Ökobilanz. Für Holder und sein Team bei den Abfallwirt­schaftsbet­rieben ist das aber auch keine gute Lösung: „Papier weicht zu schnell auf oder bricht. Das ist kein tragbarer Zustand für die Entsorger, die Mülleicker­l-Sackerln“. mer müssten dann vor Ort ausgewasch­en werden.“

Die zweite ökologisch korrekte Alternativ­e wären Beutel aus recyceltem Plastik: „Das spart CO2 und Rohstoffe ein“, erklärt Umwelt-Expertin Schnepel. „Dazu gehört aber, dass die Beutel nicht in der Natur entsorgt werden, sondern in den Restmüll.“

Das dachte sich auch Hundehalte­r Daniel Oswald aus Westfalen. Er hat einen Hundekotbe­utel entwickelt, der zu 100 Prozent aus recyceltem Plastik besteht und in Deutschlan­d hergestell­t wird. Der Beutel „pooplino“ist aber noch nicht so weit verbreitet. „Davon leben kann ich nicht“, sagt Oswald. Das Problem sei, dass seine Tüten auf zu große Rollen gewickelt sind und somit nicht in die kleinen praktische­n Behälter passen, die die meisten Hundehalte­r an der Hundeleine befestigt haben. „Ich bin auf der Suche nach einem Hersteller, der die Tüten kleiner wickeln kann, finde in Europa aber niemanden.“Der Ökobilanz zuliebe will er nicht in Asien produziere­n lassen, „das entspricht nicht meiner Philosophi­e“. Denn Oswald macht Hundebeute­l aus Überzeugun­g.

Das Fazit für umweltbewu­sste Gassigänge­r: Lässt sich Plastik nicht vermeiden, sollte der Verbrauche­r auf recycelte Materialie­n setzen. Auf einen Hundekotbe­utel trifft das sicherlich zu.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Wer einen Hund hält, hat auch gewisse Pflichten. Das Aufsammeln und Entsorgen der Hinterlass­enschaften gehört dazu.
Foto: Alexander Kaya Wer einen Hund hält, hat auch gewisse Pflichten. Das Aufsammeln und Entsorgen der Hinterlass­enschaften gehört dazu.
 ?? Foto: Tobias Hase, dpa ?? „Bitte verkneifen“, besagt dieses Schild. Klappt nicht immer.
Foto: Tobias Hase, dpa „Bitte verkneifen“, besagt dieses Schild. Klappt nicht immer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany