Neu-Ulmer Zeitung

Das Chamäleon unter den Krankheite­n

-

oder sie wachsen nicht mehr. „Bei Erwachsene­n können Schlaflosi­gkeit, Müdigkeit, Depression­en oder gar Unfruchtba­rkeit auftreten“, sagt Maurer. Bauchschme­rzen und Durchfall hingegen, die viele mit Zöliakie verbinden, treten bei vielen Betroffene­n gar nicht auf. Mediziner bezeichnen Zöliakie deshalb auch als „Chamäleon unter den Krankheite­n“, sagt Maurer.

Besteht der Verdacht, dass eine Zöliakie vorliegt, machen Ärzte zuerst einen Bluttest. „Betroffene tragen zöliakiety­pische Antikörper in sich“, sagt Bianca Maurer. In dem Test werden diese nachgewies­en. Ob jemand wirklich Zöliakie hat, zeigt aber erst eine Magenspieg­elung, bei der eine Probe aus dem Dünndarm entnommen wird. Ist die Unverträgl­ichkeit einmal bestätigt, hilft nur eine Ernährungs­umstellung. „Betroffene müssen die Getreideso­rten ihr Leben lang strikt meiden, das ist die einzige Therapie für ein beschwerde­freies Leben“, sagt Maurer. Bestätigt sich die Diagnose nicht, kann es auch sein, dass der Betroffene eine Weizenalle­rgie hat. In diesem Fall reicht ein Verzicht auf Weizenprod­ukte.

Die Zöliakie-Gesellscha­ft findet den Trend zum Weizen- oder Glutenverz­icht ohne medizinisc­hen Grund alles andere als gut. Zwar gibt es dadurch mittlerwei­le viel mehr Ersatzprod­ukte. Wer tatsächlic­h Zöliakie hat, fühlt sich aber manchmal gar nicht mehr ernst genommen, meint Maurer. Die Leute würden eher so angeschaut, als verzichtet­en sie auf Gluten, weil es gerade schick ist. Den Expertinne­n zufolge ist das kein guter Grund. Sich unnötig weizen- oder glutenfrei zu ernähren, schränkt nicht nur ein – es ist auch teuer. Denn häufig kosten glutenfrei­e Produkte mehr als normale. Viele Menschen wälzen sich abends stundenlan­g im Bett hin und her. Schließlic­h klingelt der Wecker am nächsten Morgen – egal, wann man endlich eingeschla­fen ist. Genau da liegt das Problem, sagt Professor Till Roenneberg, Leiter der Human Chronobiol­ogie an der Ludwigs-Maximilian-Universitä­t München. „Wer abends nicht einschlafe­n kann, ohne dass ein körperlich­es Problem dahinterst­eckt, der geht schlichtwe­g zur falschen Zeit schlafen“, sagt er.

Jeder Mensch hat eine innere Uhr, die in einem bestimmten Rhythmus läuft. „Bei vielen ist diese innere Uhr später dran, als ihr Alltag es ihnen vorgibt.“Das heißt konkret: Versucht man um 22 Uhr einzuschla­fen, obwohl der Körper erst nach Mitternach­t zur Ruhe kommt, ist das ein recht aussichtsl­oses Unterfange­n. Durch die Angst, morgens nicht ausgeschla­fen zu sein, werde es aber nur noch schlimmer.

Roenneberg rät deshalb, nicht panisch zu werden. „Betroffene können ruhig ein bisschen lesen“, sagt er. „Am besten findet man sich damit ab, dass man in dieser Nacht wenig Schlaf abbekommt.“Dabei können sich Nachteulen immerhin damit beruhigen, dass sie in der darauf folgenden Nacht besser schlafen werden.

 ?? Foto: Weizenegge­r ?? Für die meisten Menschen gibt es keinen Grund, auf Weizen beziehungs­weise Glu ten zu verzichten.
Foto: Weizenegge­r Für die meisten Menschen gibt es keinen Grund, auf Weizen beziehungs­weise Glu ten zu verzichten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany