Die allerletzte Zigarette
Der Raucher an sich hat es ja nicht leicht. Weil er erstens zu einer schrumpfenden Minderheit gehört. Und zweitens am liebsten aufhören würde, sagt zumindest die Statistik. Nur: So leicht ist das nicht. Zu Besuch in einem Rauchfrei-Seminar am Bodensee
„An Lungenkrebs werden Sie nicht sterben. An Lungenkrebs stirbt man nicht einfach, an Lungenkrebs verreckt man. Das ist ein Unterschied.“Im großen Seminarraum des Franziskus-Zentrums in Friedrichshafen ist es so leise, dass man die Asche einer Zigarette fallen hören könnte. Der Satz des Arztes weht wie ein eisiger Windhauch durch den Sitzkreis. Selbst der notorische Raucherhusten, den rund ein Viertel der Teilnehmer fast ohne Unterlass in den Saal bellt, verstummt.
Gerade haben noch alle über Johann Kees und seinen RauchfreiVortrag gelacht. Denn Kees, 55, ist selber Ex-Raucher, er spricht von 60 bis 80 Kippen täglich, die er in sich hineingesogen haben will. Er ist ein guter Geschichtenerzähler. Kein Mediziner im Elfenbeinturm, sondern einer zum Anfassen, den die Seminarteilnehmer schnell ins Herz schließen. Denn irgendwie ist er selbst nach 20 Jahren Nikotin-Abstinenz noch immer einer von ihnen.
Kees kennt all die Ausreden, die Ausflüchte, die Selbstberuhigungen, wie Raucher sie verinnerlicht haben: Dass es schon nicht gerade einen selbst erwischen wird. Dass man auch an 1000 anderen Sachen sterben kann. Und dass es ja schließlich Ihre Würde, weil Sie nur noch in dunklen Ecken neben den Mülltonnen rauchen dürfen.“
Der Geschichtenerzähler Kees malt starke Bilder vors innere Auge. Und er hat die Fähigkeit, komplexe Dinge so herunterzubrechen, dass jeder sie versteht. Vielleicht macht das seinen Erfolg aus. Stefan aus Friedrichshafen, Mitte 30, ist von Johann Kees jedenfalls fest überzeugt. Er hat schon einmal mithilfe des Arztes aufgehört. „Damals hat es fünf Jahre gehalten“, sagt er, als er vor dem Gebäude seine vorerst allerletzte Zigarette raucht. „Dass ich wieder angefangen habe, da bin ich selber schuld.“Er hat eine der Regeln, die Kees gebetsmühlenartig wiederholt, nicht beachtet. Nämlich jene, dass allein ein Zug genügt – und alles geht wieder von vorne los. Gerade weil man sich nach einiger Zeit ohne Zigarette in Sicherheit wähnt.
Doch das, so sind sich die 36 versammelten Noch-Raucher sicher, haben sie hinter sich. Der letzte Akt ist jetzt die Spritze. Beim Gang ins Behandlungszimmer trennen sich die künftigen Ex-Raucher von ihren Kippen und Feuerzeugen und legen sie auf den Tresen. Was genau in der Injektion ist? Kees bleibt im Ungefähren. Er spricht von Vitaminen, Spurenelementen und Medikamenten. „Die Spritze heilt Sie nicht,