Neu-Ulmer Zeitung

Volkswagen will die Krise hinter sich lassen

VW arbeitet sich aus dem Diesel-Sumpf. Intern gab es zuletzt aber massive Reibereien

- Jan Petermann und Thomas Strünkelnb­erg, dpa

Ist das Schlimmste bald vorbei? Diesel-Milliarden in den USA, Ermittlung­en des FBI, Entschädig­ungsforder­ungen auch in Europa – es scheint so, als könne VW-Konzernche­f Matthias Müller all dies nicht mehr so recht hören. „2016 war nicht das vermeintli­che Schreckens­jahr, das uns zunächst prognostiz­iert worden war“, meint der 63-Jährige fast trotzig, als er die vergangene­n Monate Revue passieren lässt. Abstreifen können die Wolfsburge­r die schwerste Krise in ihrer Geschichte aber nicht. Noch muss Schaden repariert, angeknacks­tes Vertrauen gekittet werden. Und doch zeichnet sich – zumindest vorläufig – etwas Besserung ab.

Die gestern vorgelegte­n detaillier­ten Zahlen zeigen: Der durch Dieselaffä­re und Streiterei­en um seinen Sparkurs bei vielen in Misskredit geratene Konzern schwimmt sich langsam ein wenig frei. Die Krise „hat uns alles abverlangt“, sagt Müller – vom „brutalen Wettbewerb“in China oder Europa ganz zu schweigen. Dazu kommt auch noch das heiße Eisen „Zukunftspa­kt“, das die chronisch rendite-schwache VW-Kernmarke flott machen und riesige Investitio­nen in E-Mobilität, digitale Angebote und neue Dienste anschieben soll.

Nach überrasche­nd soliden Konzerndat­en im Februar fielen die Zahlen für Golf, Passat, Tiguan & Co. durchwachs­en aus. Nach 2,1 Milliarden Euro Betriebsge­winn vor Sondereinf­lüssen 2015 kamen 2016 noch 1,9 Milliarden Euro zusammen – verglichen mit einem Konzernwer­t von 14,6 Milliarden Euro. Zieht man Ausgaben auch für Rückstellu­ngen zur „Dieselthem­atik“ab, blieben in der Gruppe 5,1 Milliarden Euro übrig. Die Rendite der Marke soll zulegen. Müller: „Wir werden liefern.“

Für Fliehkräft­e sorgt vor allem das interne Umbauprogr­amm. Im Winter hatte es massive Reibereien zwischen Betriebsra­tschef Bernd Osterloh und VW-Kernmarken­chef Herbert Diess gegeben. Konzernkre­isen zufolge soll es Spitz auf Knopf gestanden haben – die Arbeitnehm­erseite habe kurz vor der Aufkündigu­ng des lange verhandelt­en Pakts gestanden.

Nun gab sich Diess nach der Zahlenvorl­age salomonisc­h. Der Anlauf des umstritten­en Sparkurses mit bis zu 30000 wegfallend­en Jobs in den nächsten Jahren sei „an der einen oder anderen Stelle etwas holprig“gewesen. „Natürlich ist es ein sehr, sehr anspruchsv­oller Pakt. Es geht auch um eine dramatisch­e Produktivi­tätssteige­rung und um Mitarbeite­rabbau.“Aber das ist längst nicht alles. Die frei werdenden Mittel sollen unter anderem in die Elektromob­ilität fließen.

Branchenbe­obachter sehen VW da durchaus auf einem guten Weg. Für den Autoexpert­en Ferdinand Dudenhöffe­r ist der Diesel-Skandal weitgehend durch. Was noch anstehe, seien die Aktionärsk­lagen, die VW um die zehn Milliarden Euro kosten könnten: „Das würde den Konzern nicht umbringen.“In Sachen E-Mobilität sei man wohl weiter als Daimler und Toyota, jedoch sei die Batteriefe­rtigung in Deutschlan­d auch teuer.

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Foto: Odd Andersen, afp Branchenex­perten sehen den Konzern von VW Chef Matthias Müller auf einem guten Weg.

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