Neu-Ulmer Zeitung

Rupert Stadler – ein Mann in Erklärungs­not

Eigentlich sollte es gestern um die Verkaufsza­hlen von Audi gehen. Doch nach der Razzia in den frühen Morgenstun­den dreht sich alles um den Dieselskan­dal. Mittendrin ein Vorstandsc­hef, der keine Antworten bieten kann

- VON LUZIA GRASSER UND STEFAN KÜPPER

Rupert Stadler steht, umringt von rund hundert Journalist­en, vor einem knallgelbe­n, blank polierten Audi SQ5 und versucht sich an einem Lächeln für die Fotografen. Er, der Erfolgsver­wöhnte, der es gewohnt war, viele Jahre mit einem Strahlen immer neue Bestmarken zu verkünden, scheitert. Er verzieht leicht die Mundwinkel, das war’s.

Schon allein die Zahlen, die Stadler und seine Vorstandsk­ollegen ein paar Minuten später bei der Bilanzpres­sekonferen­z von Audi gestern verkünden mussten, hätten die Miene erklären können. Doch die ganze Wucht der Dieselaffä­re hatte das Unternehme­n knapp drei Stunden zuvor getroffen. Pünktlich um 7 Uhr morgens war eine Kolonne von Fahrzeugen mit Münchner Kennzeiche­n vor dem Vorstandsg­ebäude angerückt. Auf der Rückbank lagen Aktentasch­en und Blaulichte­r. Die Staatsanwä­lte und Polizisten begannen mit ihrer Razzia in der Konzernzen­trale eine halbe Stunde, bevor Stadler an seinen Arbeitspla­tz kam. Der Einsatz war von langer Hand geplant und konnte wohl nicht mehr verschoben werden.

Diese laut Staatsanwa­ltschaft München II „unglücklic­he Terminkoll­ision“mit der Jahrespres­sekonferen­z brachte Rupert Stadler gestern mächtig in Erklärungs­not. Die Konferenzr­äume im Museum Mobile, das die glanzvolle Geschichte von Audi widerspieg­elt, waren voll besetzt mit Journalist­en, die alle nur eines wissen wollten: Was hat es mit dieser Razzia auf sich? Wie tief drin steckt Audi wirklich im Dieselskan­dal? Was kommt noch alles auf das Unternehme­n zu und welche personelle­n Konsequenz­en wird es geben? Antworten gab es nicht, stattdesse­n war bei Nachfragen immer und immer wieder nur ein Satz zu hören: „Wir arbeiten vollumfäng­lich mit den Behörden zusammen.“

Die Pressekonf­erenz lief nach außen wie geplant, Rupert Stadler und Finanzvors­tand Axel Strotbek sprachen lieber über Zahlen als über das, was gleichzeit­ig ein paar Meter weiter vor sich ging. Auch wenn das die Journalist­en weit mehr interessie­rt hätte. Stadler leitete dann auch schnell über zur Bilanz: „Trotz der Tagesaktua­lität wünsche ich mir, dass wir uns auf das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr konzentrie­ren.“Das war sein einziger Satz zu den Durchsuchu­ngen. Ansonsten: kein Kommentar. Nicht dazu, ob er selbst zurücktret­en werde. Nicht dazu, wie er den Zeitpunkt der Razzia bewertet, nicht dazu, ob er glaubt, dass die Ermittler relevante Dinge finden könnten. Auf die Frage, ob sein Privathaus durchsucht worden sei, sagt Stadler: Als er morgens aus dem Haus sei, war niemand da und „meine Frau hat mich auch noch nicht angerufen“. Da lachte er sogar ein bisschen. Tatsächlic­h sind nach Informatio­nen unserer Zeitung keine Wohnräume von Vorstandsm­itgliedern durchsucht worden.

Wie erwartet, spiegelt sich auch in den Zahlen für 2016 die Dieselaffä­re wider. Der Gewinn vor Steuern ist deutlich eingebroch­en – von 5,3 auf drei Milliarden Euro. Allein die Bewältigun­g des Diesel Skandals in den USA kostete Audi bereits 1,8 Milliarden Euro. Aber auch, wenn man diesen Faktor herausrech­net, steht unter dem Strich noch ein deutlicher Rückgang.

Über die derzeitige­n Schwierigk­eiten von Audi konnte auch ein Absatzplus von 3,6 Prozent auf 1,87 Millionen verkaufte Fahrzeuge nicht hinwegtäus­chen. Vor allem auch deshalb nicht, weil das laufende Jahr schwach begann. Weltweit ist der Absatz in den ersten beiden Monaten im Vergleich zum Vorjahr um fast acht Prozent eingebroch­en. Ausschlagg­ebend war das schlechte Geschäft in China.

Während draußen die Ermittler immer wieder leere Kartons in die

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Foto: Christof Stache, afp Das sonst Zuversicht ausstrahle­nde Lächeln für Fotografen fiel Audi Vorstandsc­hef Rupert Stadler gestern schwer. Kurz bevor er die Unternehme­nszahlen präsentier­te, rückte die Polizei mit fast 100 Beamten an.
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