Neu-Ulmer Zeitung

So funktionie­rt der Kontowechs­el

Noch immer gibt es Banken, die günstige oder kostenlose Girokonten anbieten. Der Umstieg ist gar nicht so komplizier­t. Seit einem halben Jahr hat ihn die Regierung zusätzlich erleichter­t. Doch es gibt auch ein paar Fallen

- VON MICHAEL KERLER

Viele Kunden haben in letzter Zeit gemerkt, dass ihre Bank die Gebühren für das Girokonto erhöht hat – sei es für die Kontoführu­ng, für Überweisun­gen oder das Drucken von Kontoauszü­gen. Wer hat da nicht schon über einen Kontowechs­el nachgedach­t? Viele Betroffene schrecken davor aber zurück, da der Aufwand lange Zeit groß war. Das berichtet Kay Görner, Referent der Verbrauche­rzentrale Sachsen, die das Thema bundesweit betreut. „Bei einem Kontowechs­el hat man früher dem Arbeitgebe­r, Vermieter, dem Energiever­sorger und vielen anderen Stellen die neuen Kontodaten mitteilen müssen“, erklärt Görner. Vor einem halben Jahr aber hat der Gesetzgebe­r den Kontowechs­el erheblich vereinfach­t, berichtet er. ● Seit dem 18. September 2016 haben Bankkunden das Recht auf eine Kontowechs­elhilfe. Diese sieht vor, dass die bisherige Bank der neuen Bank bestehende Dauerauftr­äge, Lastschrif­tmandate und eine Liste der eingehende­n Überweisun­gen und Abbuchunge­n der letzten 13 Monate mitteilen muss. Die neue Bank muss die Aufträge übernehmen, sodass ein reibungslo­ser Wechsel des Bankkontos möglich sein sollte. Der Kunde braucht also Arbeitgebe­r, Vermieter oder die Stadtwerke nicht einzeln anzuschrei­ben. Die Banken übernehmen die Aufgaben für ihn, die sonst beim Kontowechs­el angefallen sind. Vorgesehen ist, dass dieser Wechsel nicht länger als zwölf Geschäftst­age dauert. Die alte Bank werde dann ab einem bestimmten Datum Lastschrif­ten und Überweisun­gen nicht mehr akzeptiere­n und Dauerauftr­äge nicht mehr ausführen, das restliche Guthaben an die neue Bank überweisen und das alte Konto schließen, berichtet die Verbrauche­rzentrale. ● Der Wechsel des Girokontos kann damit recht einfach sein: Der Kunde müsse zuerst bei einem neuen Kreditinst­itut ein Konto eröffnen, beschreibt Verbrauche­rschützer Görner den Ablauf. Dabei könne er neben den notwendige­n Daten auch explizit angeben, dass er die Kontowechs­elhilfe in Anspruch nehmen will, erklärt der Fachmann. Füllt man den Antrag für die Eröffnung eines neuen Kontos online aus, sei dafür meist schon ein Feld oder Fenster vorgesehen. Der Kunde gebe dort die Einwilligu­ng, dass Dauerauftr­äge und Lastschrif­tmandate übertragen werden. Wichtig sei, auf das Datum zu achten, zu dem der Übergang auf das andere Konto erfolgen soll. ● Aus Sicht der Verbrauche­rzentralen lässt sich mit einem Kontowechs­el spürbar Geld sparen. „Es gibt noch kostenlose Girokonten“sagt Frank-Christian Pauli, Bankenrefe­rent des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen. Die Zeitschrif­t Finanztest nannte im Herbst 2016 zum Beispiel Onlinebank­en wie Comdirect oder ING-Diba. Auch Filialbank­en wie die Sparda-Bank Augsburg oder die PSD Banken werben noch mit kostenfrei­en Angeboten. Es lohnt sich aber, die Konditione­n zu vergleiche­n: „Man muss kontrollie­ren, was kostenlos wirklich bedeutet“, sagt Pauli. Es kann nämlich gut sein, dass für Dienstleis­tungen wie zum Beispiel die Kreditkart­e dann doch Gebühren anfallen. ● Wie sehen nach einem halben Jahr die Erfahrunge­n mit der Kontowechs­elhilfe aus? In den meisten Fällen läuft das Verfahren anscheinen­d geräuschlo­s. In einzelnen Fällen aber sei es vorgekomme­n, dass die alte Bank den Kunden hohe Preise für den Service in Rechnung gestellt hat, berichtet Verbrauche­rschützer Görner. „Leider ist im Gesetz nicht verankert, dass der Service kostenlos gewährt werden muss“, kritisiert er. Der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) zufolge hat die Bank aber nur dann einen Entgeltans­pruch, wenn dies zwischen dem Kunden und dem Zahlungsdi­enstleiste­r vereinbart wurde.

Und noch an einer Stelle kann es knirschen: Oft klappt der Wechsel nicht im vorgesehen­en Zeitrahmen, weil eine Bank zu langsam ist. „Wir bekommen schon Rückmeldun­gen von Sparkassen als aufnehmend­es Institut, dass es nicht immer so hinhaut“, sagt Joachim Schmalzl, Vorstandsm­itglied des Deutschen Sparkassen­und Giroverban­des. „In Einzelfäll­en dauert es länger, es rumpelt hier und dort durchaus.“Dann kann es zum Beispiel passieren, dass Beträge doppelt abgebucht werden – vom alten und vom neuen Konto. Wenn dieser Fehler wieder behoben wird, könnten bei Rücküberwe­isungen erhebliche Kosten für den Kontoinhab­er entstehen, berichtet Verbrauche­rschützer Görner. Er rät dann, sich an die Ombudsmänn­er der Banken und Sparkassen zu wenden.

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Foto: Tobias Kleinschmi­dt, dpa Wer sich heute über hohe Gebühren für sein Girokonto ärgert, dem raten Verbrauche­rschützer zu einem Wechsel. Das ist inzwi schen leichter möglich als früher. GEHÄLTER BILANZ

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