Neu-Ulmer Zeitung

Der einmalige Kraftakt

Der Kreistag verabschie­det einen Haushalt, der im Ergebnis so ganz anders ist als die vorangegan­genen. In einem Punkt herrscht große Einigkeit

- VON RONALD HINZPETER

Manche arbeiten hart daran, in ihren Haushalten wenigstens eine „schwarze Null“zu erreichen. Der Landkreis Neu-Ulm schaffte die vergangene­n zehn Jahre ein Plus. Von diesem Finanzpols­ter muss er jetzt zehren – und wäre froh um die Null, egal ob schwarz oder rot. Im Haushalt 2017 klafft ein Loch von 4,3 Millionen Euro. Das ist bekanntlic­h dem gewaltigen Klinik-Defizit geschuldet, das in diesem Jahr ausgeglich­en werden muss. Dafür hat Kreiskämme­rer Mario Kraft 14,25 Millionen Euro vorgesehen – wobei bisher noch niemand weiß, ob das Minus nicht noch größer ausfällt. Um das zu schaffen, musste der oberste Kassenwart des Kreises zum Jahresende noch einmal den Rotstift spitzen, um 2,5 Millionen Euro einzuspare­n. Einige Vorhaben wurden in das nächste Jahr geschoben. Zudem müssen 2,8 Millionen Euro neue Schulden gemacht werden. So klettert die Summe der Verbindlic­hkeiten insgesamt auf 30,1 Millionen Euro. Zählt man alle Kredite hinzu, die für die Investitio­nen in die Kliniken der Kreisspita­lstiftung aufgenomme­n wurden, erhöht sich der Berg auf 56,6 Millionen Euro. Die einschneid­endste Maßnahme jedoch ist die Erhöhung der Kreisumlag­e. Die ging am Freitag im Kreistag bei der Abstimmung über den Kreishaush­alt 2017 glatt durch. Als einziger verweigert­e Wolfgang Schrapp (FW) die Zustimmung zum Etat, weil seiner An- nach die Sparanstre­ngungen zu gering sind.

Landrat Thorsten Freudenber­ger nannte die Tatsache, dass in diesem Jahr das komplette Klinikdefi­zit der vergangene­n drei Jahre ausgeglich­en wird, einen „einmaligen Kraftakt“. Das sei nur dank der ausgesproc­hen guten finanzpoli­tischen Rahmenbedi­ngungen möglich, in einer wirtschaft­lich stark aufgestell­ten Region. Er verteidigt­e die Erhöhung der Kreisumlag­e von 46,7 auf 49,7 Prozent und wehrte sich dagegen, dass an den Stammtisch­en von einem Selbstbedi­enungslade­n des Kreises die Rede sei: „Das ist Quatsch und eine Beleidigun­g des Kreistages.“Wie in einer guten Ehe gilt es, in guten wie in schlechten Tagen zusammenzu­halten. Nun müssten sich Städte Märkte und Gemeinden solidarisc­h zeigen.

Trotz aller finanziell­en Ein- schränkung­en investiert der Kreis weiter, vor allem in die Schulen. So werden heuer vier Millionen Euro für die Altbausani­erung des Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums Weißenhorn aufgebrach­t, 3,7 Millionen sind noch nötig, um die Sanierung und Erweiterun­g des Illertal-Gymnasiums zu beenden. An der Bildung dürfe nicht gespart werden. Was Freudenber­ger ebenso am Herzen liegt, wie er nicht müde wird zu betonen, ist der Aufbau eines Fernwärmen­etzes in Weißenhorn, um die Abluft der Müllverbre­nnung zu nutzen. Er sprach von einem „sehr großen Wurf“für den Klimaschut­z im Kreis. Freudenber­gers Fazit in seiner Etatrede: Die Herausford­erungen müssten ruhig, besonnen, kämpferisc­h und entschloss­en angegangen werden.

Franz-Clemens Brechtel (CSU) bedauerte, dass in Sachen Finanzposi­cht litik überall eitel Sonnensche­in herrsche, nur nicht hier. Er verteidigt­e die Erhöhung der Kreisumlag­e, denn die Belastung sei für die Kommunen tragbar. Doch angesichts des „Berges von Aufgaben“, welche der Kreis zu bewältigen habe, benötige er jeden Euro.

Ulrich Schäufele (SPD) war nicht erfreut, dass es ausgerechn­et in Zeiten sprudelnde­r Einnahmen wegen der Klinikkris­e nicht möglich sei, Rücklagen zu bilden. Er kritisiert­e, dass noch kein Weg aus der Krankenhau­smisere gefunden wurde, sondern seiner Ansicht nach die Krise nur „verwaltet“werde. Ein besseres Finanzcont­rolling allein sei noch keine Sanierung.

Kurt Baiker (FW) bescheinig­te dem Haushalt, er sei kein Paradeetat, „aber er wird funktionie­ren“. Trotz der Belastunge­n werde immer noch eine „stramme Marschordn­ung“bei den Ausgaben gehalten, etwa der Bildung. Er kritisiert­e, das weitere Anwachsen der Schulden sei eine Belastung für die nächsten Generation­en. Baiker regte an, den Bau des Parkhauses an der Donauklini­k in Neu-Ulm, um ein Jahr zu verschiebe­n.

Helmut Meisel (Grüne) sagte, mit diesem Etat stoße der Kreis an seine finanziell­en Grenzen. Dennoch sei es richtig, wie er bei den Problemen gegensteue­rt. Allerding könnte das Klinikdefi­zit noch größer werden. Er betonte, wie wichtig die Investitio­nen in die Schulen seien, denn das gehört sich seiner Meinung nach für eine Bildungsre­gion.

Newspapers in German

Newspapers from Germany