Der einmalige Kraftakt
Der Kreistag verabschiedet einen Haushalt, der im Ergebnis so ganz anders ist als die vorangegangenen. In einem Punkt herrscht große Einigkeit
Manche arbeiten hart daran, in ihren Haushalten wenigstens eine „schwarze Null“zu erreichen. Der Landkreis Neu-Ulm schaffte die vergangenen zehn Jahre ein Plus. Von diesem Finanzpolster muss er jetzt zehren – und wäre froh um die Null, egal ob schwarz oder rot. Im Haushalt 2017 klafft ein Loch von 4,3 Millionen Euro. Das ist bekanntlich dem gewaltigen Klinik-Defizit geschuldet, das in diesem Jahr ausgeglichen werden muss. Dafür hat Kreiskämmerer Mario Kraft 14,25 Millionen Euro vorgesehen – wobei bisher noch niemand weiß, ob das Minus nicht noch größer ausfällt. Um das zu schaffen, musste der oberste Kassenwart des Kreises zum Jahresende noch einmal den Rotstift spitzen, um 2,5 Millionen Euro einzusparen. Einige Vorhaben wurden in das nächste Jahr geschoben. Zudem müssen 2,8 Millionen Euro neue Schulden gemacht werden. So klettert die Summe der Verbindlichkeiten insgesamt auf 30,1 Millionen Euro. Zählt man alle Kredite hinzu, die für die Investitionen in die Kliniken der Kreisspitalstiftung aufgenommen wurden, erhöht sich der Berg auf 56,6 Millionen Euro. Die einschneidendste Maßnahme jedoch ist die Erhöhung der Kreisumlage. Die ging am Freitag im Kreistag bei der Abstimmung über den Kreishaushalt 2017 glatt durch. Als einziger verweigerte Wolfgang Schrapp (FW) die Zustimmung zum Etat, weil seiner An- nach die Sparanstrengungen zu gering sind.
Landrat Thorsten Freudenberger nannte die Tatsache, dass in diesem Jahr das komplette Klinikdefizit der vergangenen drei Jahre ausgeglichen wird, einen „einmaligen Kraftakt“. Das sei nur dank der ausgesprochen guten finanzpolitischen Rahmenbedingungen möglich, in einer wirtschaftlich stark aufgestellten Region. Er verteidigte die Erhöhung der Kreisumlage von 46,7 auf 49,7 Prozent und wehrte sich dagegen, dass an den Stammtischen von einem Selbstbedienungsladen des Kreises die Rede sei: „Das ist Quatsch und eine Beleidigung des Kreistages.“Wie in einer guten Ehe gilt es, in guten wie in schlechten Tagen zusammenzuhalten. Nun müssten sich Städte Märkte und Gemeinden solidarisch zeigen.
Trotz aller finanziellen Ein- schränkungen investiert der Kreis weiter, vor allem in die Schulen. So werden heuer vier Millionen Euro für die Altbausanierung des Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums Weißenhorn aufgebracht, 3,7 Millionen sind noch nötig, um die Sanierung und Erweiterung des Illertal-Gymnasiums zu beenden. An der Bildung dürfe nicht gespart werden. Was Freudenberger ebenso am Herzen liegt, wie er nicht müde wird zu betonen, ist der Aufbau eines Fernwärmenetzes in Weißenhorn, um die Abluft der Müllverbrennung zu nutzen. Er sprach von einem „sehr großen Wurf“für den Klimaschutz im Kreis. Freudenbergers Fazit in seiner Etatrede: Die Herausforderungen müssten ruhig, besonnen, kämpferisch und entschlossen angegangen werden.
Franz-Clemens Brechtel (CSU) bedauerte, dass in Sachen Finanzposicht litik überall eitel Sonnenschein herrsche, nur nicht hier. Er verteidigte die Erhöhung der Kreisumlage, denn die Belastung sei für die Kommunen tragbar. Doch angesichts des „Berges von Aufgaben“, welche der Kreis zu bewältigen habe, benötige er jeden Euro.
Ulrich Schäufele (SPD) war nicht erfreut, dass es ausgerechnet in Zeiten sprudelnder Einnahmen wegen der Klinikkrise nicht möglich sei, Rücklagen zu bilden. Er kritisierte, dass noch kein Weg aus der Krankenhausmisere gefunden wurde, sondern seiner Ansicht nach die Krise nur „verwaltet“werde. Ein besseres Finanzcontrolling allein sei noch keine Sanierung.
Kurt Baiker (FW) bescheinigte dem Haushalt, er sei kein Paradeetat, „aber er wird funktionieren“. Trotz der Belastungen werde immer noch eine „stramme Marschordnung“bei den Ausgaben gehalten, etwa der Bildung. Er kritisierte, das weitere Anwachsen der Schulden sei eine Belastung für die nächsten Generationen. Baiker regte an, den Bau des Parkhauses an der Donauklinik in Neu-Ulm, um ein Jahr zu verschieben.
Helmut Meisel (Grüne) sagte, mit diesem Etat stoße der Kreis an seine finanziellen Grenzen. Dennoch sei es richtig, wie er bei den Problemen gegensteuert. Allerding könnte das Klinikdefizit noch größer werden. Er betonte, wie wichtig die Investitionen in die Schulen seien, denn das gehört sich seiner Meinung nach für eine Bildungsregion.