Maut: Läuft Dobrindt jetzt die Zeit davon?
Im Bundestag hat der Minister eine Mehrheit. Doch die Länder drohen, das Projekt bis zur Bundestagswahl zu verschleppen
Die Einführung der PkwMaut geht in die entscheidende Phase: Im Bundestag soll das umstrittene Projekt von CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt diesen Freitag endgültig beschlossen werden, nachdem nun auch die SPD nach langem Zögern ihre Zustimmung angekündigt hat. Spannend bleibt allerdings, ob das Gesetz wie geplant noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten kann. Mehrere Bundesländer kündigen Widerstand gegen die Maut an und erwägen, den Vermittlungsausschuss im Bundesrat anzurufen.
Der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sagte unserer Zeitung, seine Landesregierung werde darüber kommende Woche entscheiden: „Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir versuchen werden, die Maut durch eine Anrufung des Vermittlungsausschusses doch noch zu verhindern.“Der SPD-Politiker kritisierte scharf, dass die Bundesregierung die Forderung der Länder nach MautAusnahmen für Grenzregionen abgelehnt habe: „Ich halte das für einen Fehler“, sagte Weil. „Ich erwarte sehr nachteilige Auswirkungen der Maut für die meisten Grenzländer und ihren kleinen Grenzverkehr.“Weil lehnt die Pkw-Maut generell ab: „Es wird sehr viel mehr Bürokratie geben, aber nichts wird besser durch die Maut.“
Bundesverkehrsminister Dobrindt betont dagegen, die Bundesregierung habe die Anliegen der Grenzregionen bereits berücksichtigt, indem die Maut für ausländische Fahrzeugbesitzer auf Autobahnen begrenzt worden sei: „Sie können unsere Kommunal-, Land- und Bundesstraßen weiter kostenfrei nutzen“, sagte der CSU-Politiker unserer Zeitung. „Dadurch ist gewährleistet, dass der kleine Grenzverkehr weiterhin mautfrei möglich ist“, betonte Dobrindt. „Wir leben seit Jahren mit Mautgebühren in unseren Nachbarländern wie zum Beispiel Österreich, dabei gibt es keine negativen Auswirkungen auf den Grenzverkehr.“
In vielen Bundesländern hält die Kritik dagegen an: „Mit der PkwMaut zwingen wir unsere ausländischen Nachbarn in den Grenzregionen, eine Eintrittskarte für Deutschland zu lösen, das erschwert den kleinen Grenzverkehr“, sagte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing. Der FDP-Politiker verweist darauf, dass etwa in der Grenzregion Trier Kunden aus Luxemburg für zehn bis 15 Prozent der Einzelhandelsumsätze sorgten. „Ein Tagestrip von Luxemburg nach Trier mit einem älteren Pkw verursacht 25 Euro MautKosten. Wenn deshalb zehn Prozent weniger Luxemburger nach Trier zum Bummeln fahren, bedeutet das für die Stadt Umsatzverluste von elf bis 17 Millionen Euro im Jahr.“
Auch wenn es sich nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, könnte sich das Verfahren dadurch möglicherweise bis nach der Wahl verzögern. Entscheidend für eine erforderliche Bundesratsmehrheit dürfte sein, wie sich kommenden Dienstag das nordrhein-westfälische Kabinett festlegt: „Wir werden die Entscheidung im Bundestag abwarten, dann wird sich die Landesregierung mit dem Thema befassen“, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Verkehrsministeriums.
CSU-Minister Dobrindt gibt sich gelassen: „Die Maut kommt“, wiederholt er seine Devise und verweist auf frühere Erfahrungen: „2015 hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht angerufen“, sagte Dobrindt. Die Pkw-Maut bringe jährlich vier Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Infrastruktur, sei europarechtskonform und diskriminiere niemanden: „Es gibt also auch im Jahr 2017 keinen einzigen Grund, für den Bundesrat den Vermittlungsausschuss anzurufen.“
Bei einem Anschlag gestern Nachmittag in London sind laut Polizei vier Menschen getötet und mindestens 20 weitere verletzt worden. Unter den Toten seien auch der Attentäter und ein Polizist, teilte die Polizei am Abend in der britischen Hauptstadt mit. Der Angreifer hatte mit einem Auto Fußgänger auf der Westminster Bridge angefahren und dann vor dem nahe gelegenen Parlament einen Polizisten angegriffen.
Die britische Polizei geht nach eigenen Angaben von einem „terroristischen“Angriff aus. Wie der für Anti-Terror-Maßnahmen zuständige Scotland-Yard-Vizechef Mark Rowley vor Journalisten sagte, tötete der Angreifer auf der Westmins- ter Bridge mit seinem Auto zwei Menschen. Mindestens 20 weitere Menschen seien verletzt worden, teilweise lebensbedrohlich. Eine schwer verletzte Frau wurde aus der Themse gezogen. Der Angreifer raste dann von der Brücke zum Parlament, durchbrach dort mit seinem Wagen eine Absperrung und stürmte mit einem Messer bewaffnet auf einen Polizisten zu. Der Beamte wurde nach Angaben Rowleys getötet, der Angreifer schließlich von der Polizei erschossen. Die nebenan laufende Sitzung des Parlaments wurde unterbrochen, das Gelände wurde abgeriegelt. Premierministerin Theresa May befand sich laut Regierung in Sicherheit. Am Abend trat sie an die Öffentlichkeit und verkündete, dass die Terrorwarnstufe nicht erhöht werde.
Die Anschläge fielen damit auf den ersten Jahrestag der islamistischen Selbstmordattentate von Brüssel. Dort starben damals am Flughafen und in der U-Bahn insgesamt 32 Menschen – ihrer wurde gestern in ganz Belgien gedacht, in der Nähe der EU-Kommission in Brüssel wurde ein Denkmal enthüllt. Beim bis gestern letzten Anschlag in London hatten im Juli 2005 vier Muslime mit britischem Pass in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätze gezündet. 56 Menschen kamen ums Leben. 69. Minute, 19 Meter, linker Fuß, rechtes Kreuzeck: Lukas Podolski hat der Nationalmannschaft in seinem letzten Spiel für Deutschland mit einem Traumtor einen 1:0-Sieg gegen England beschert.