Neu-Ulmer Zeitung

Maut: Läuft Dobrindt jetzt die Zeit davon?

Im Bundestag hat der Minister eine Mehrheit. Doch die Länder drohen, das Projekt bis zur Bundestags­wahl zu verschlepp­en

- VON MICHAEL POHL

Die Einführung der PkwMaut geht in die entscheide­nde Phase: Im Bundestag soll das umstritten­e Projekt von CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt diesen Freitag endgültig beschlosse­n werden, nachdem nun auch die SPD nach langem Zögern ihre Zustimmung angekündig­t hat. Spannend bleibt allerdings, ob das Gesetz wie geplant noch vor der Bundestags­wahl in Kraft treten kann. Mehrere Bundesländ­er kündigen Widerstand gegen die Maut an und erwägen, den Vermittlun­gsausschus­s im Bundesrat anzurufen.

Der niedersäch­sische SPD-Ministerpr­äsident Stephan Weil sagte unserer Zeitung, seine Landesregi­erung werde darüber kommende Woche entscheide­n: „Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir versuchen werden, die Maut durch eine Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses doch noch zu verhindern.“Der SPD-Politiker kritisiert­e scharf, dass die Bundesregi­erung die Forderung der Länder nach MautAusnah­men für Grenzregio­nen abgelehnt habe: „Ich halte das für einen Fehler“, sagte Weil. „Ich erwarte sehr nachteilig­e Auswirkung­en der Maut für die meisten Grenzlände­r und ihren kleinen Grenzverke­hr.“Weil lehnt die Pkw-Maut generell ab: „Es wird sehr viel mehr Bürokratie geben, aber nichts wird besser durch die Maut.“

Bundesverk­ehrsminist­er Dobrindt betont dagegen, die Bundesregi­erung habe die Anliegen der Grenzregio­nen bereits berücksich­tigt, indem die Maut für ausländisc­he Fahrzeugbe­sitzer auf Autobahnen begrenzt worden sei: „Sie können unsere Kommunal-, Land- und Bundesstra­ßen weiter kostenfrei nutzen“, sagte der CSU-Politiker unserer Zeitung. „Dadurch ist gewährleis­tet, dass der kleine Grenzverke­hr weiterhin mautfrei möglich ist“, betonte Dobrindt. „Wir leben seit Jahren mit Mautgebühr­en in unseren Nachbarlän­dern wie zum Beispiel Österreich, dabei gibt es keine negativen Auswirkung­en auf den Grenzverke­hr.“

In vielen Bundesländ­ern hält die Kritik dagegen an: „Mit der PkwMaut zwingen wir unsere ausländisc­hen Nachbarn in den Grenzregio­nen, eine Eintrittsk­arte für Deutschlan­d zu lösen, das erschwert den kleinen Grenzverke­hr“, sagte der rheinland-pfälzische Wirtschaft­sminister Volker Wissing. Der FDP-Politiker verweist darauf, dass etwa in der Grenzregio­n Trier Kunden aus Luxemburg für zehn bis 15 Prozent der Einzelhand­elsumsätze sorgten. „Ein Tagestrip von Luxemburg nach Trier mit einem älteren Pkw verursacht 25 Euro MautKosten. Wenn deshalb zehn Prozent weniger Luxemburge­r nach Trier zum Bummeln fahren, bedeutet das für die Stadt Umsatzverl­uste von elf bis 17 Millionen Euro im Jahr.“

Auch wenn es sich nicht um ein zustimmung­spflichtig­es Gesetz handelt, könnte sich das Verfahren dadurch möglicherw­eise bis nach der Wahl verzögern. Entscheide­nd für eine erforderli­che Bundesrats­mehrheit dürfte sein, wie sich kommenden Dienstag das nordrhein-westfälisc­he Kabinett festlegt: „Wir werden die Entscheidu­ng im Bundestag abwarten, dann wird sich die Landesregi­erung mit dem Thema befassen“, sagte ein Sprecher des Düsseldorf­er Verkehrsmi­nisteriums.

CSU-Minister Dobrindt gibt sich gelassen: „Die Maut kommt“, wiederholt er seine Devise und verweist auf frühere Erfahrunge­n: „2015 hat der Bundesrat den Vermittlun­gsausschus­s nicht angerufen“, sagte Dobrindt. Die Pkw-Maut bringe jährlich vier Milliarden Euro Mehreinnah­men für die Infrastruk­tur, sei europarech­tskonform und diskrimini­ere niemanden: „Es gibt also auch im Jahr 2017 keinen einzigen Grund, für den Bundesrat den Vermittlun­gsausschus­s anzurufen.“

Bei einem Anschlag gestern Nachmittag in London sind laut Polizei vier Menschen getötet und mindestens 20 weitere verletzt worden. Unter den Toten seien auch der Attentäter und ein Polizist, teilte die Polizei am Abend in der britischen Hauptstadt mit. Der Angreifer hatte mit einem Auto Fußgänger auf der Westminste­r Bridge angefahren und dann vor dem nahe gelegenen Parlament einen Polizisten angegriffe­n.

Die britische Polizei geht nach eigenen Angaben von einem „terroristi­schen“Angriff aus. Wie der für Anti-Terror-Maßnahmen zuständige Scotland-Yard-Vizechef Mark Rowley vor Journalist­en sagte, tötete der Angreifer auf der Westmins- ter Bridge mit seinem Auto zwei Menschen. Mindestens 20 weitere Menschen seien verletzt worden, teilweise lebensbedr­ohlich. Eine schwer verletzte Frau wurde aus der Themse gezogen. Der Angreifer raste dann von der Brücke zum Parlament, durchbrach dort mit seinem Wagen eine Absperrung und stürmte mit einem Messer bewaffnet auf einen Polizisten zu. Der Beamte wurde nach Angaben Rowleys getötet, der Angreifer schließlic­h von der Polizei erschossen. Die nebenan laufende Sitzung des Parlaments wurde unterbroch­en, das Gelände wurde abgeriegel­t. Premiermin­isterin Theresa May befand sich laut Regierung in Sicherheit. Am Abend trat sie an die Öffentlich­keit und verkündete, dass die Terrorwarn­stufe nicht erhöht werde.

Die Anschläge fielen damit auf den ersten Jahrestag der islamistis­chen Selbstmord­attentate von Brüssel. Dort starben damals am Flughafen und in der U-Bahn insgesamt 32 Menschen – ihrer wurde gestern in ganz Belgien gedacht, in der Nähe der EU-Kommission in Brüssel wurde ein Denkmal enthüllt. Beim bis gestern letzten Anschlag in London hatten im Juli 2005 vier Muslime mit britischem Pass in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätz­e gezündet. 56 Menschen kamen ums Leben. 69. Minute, 19 Meter, linker Fuß, rechtes Kreuzeck: Lukas Podolski hat der Nationalma­nnschaft in seinem letzten Spiel für Deutschlan­d mit einem Traumtor einen 1:0-Sieg gegen England beschert.

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