Neu-Ulmer Zeitung

Welche Aufgaben der neue Bahnchef übernimmt

Als Finanzchef war er Rüdiger Grubes rechte Hand, nun steht Richard Lutz selbst an der Spitze. Er steckt in der Zwickmühle: Die Bahn muss investiere­n und den Kunden mehr bieten, darf aber nicht zu viele Schulden machen

- Burkhard Fraune und Sascha Meyer, dpa

Einmal ist er dem früheren Bahnchef Rüdiger Grube sogar aufs Klo gefolgt. Als neue Waschräume am Bahnhof Zoo präsentier­t wurden, war auch Grubes Finanzchef Richard Lutz dabei. „Einer allein hätte es nie gepackt“, berichtete Lutz damals über den Bau des Berliner Projekts. „Es ging eigentlich nur mit Mannschaft­sspiel.“Gestern ist der Teamplayer aus dem Hintergrun­d nun auf den Chefposten des Konzerns mit 300 000 Beschäftig­ten gerückt. Der Aufsichtsr­at bestellte den 52-Jährigen in Berlin an die Spitze der Deutschen Bahn. Es warten gewaltige Aufgaben auf den Neuen. ● Es ist zu erwarten, dass Lutz den Kurs Grubes erst einmal fortführt, vor allem das laufende Programm „Zukunft Bahn“, mit dem Service und Qualität für die Kunden verbessert und die Güterbahn aus der Krise geführt werden soll. ● 2016 wurde das Ziel knapp verfehlt, dass 80 Prozent der Fernzüge pünktlich sein sollen – wobei die „Unpünktlic­hkeit“nach Bahn-Definition erst sechs Minuten nach der Fahrplanze­it beginnt. Langfristi­ges Ziel sind 85 Prozent. Dafür ist einiges angeschobe­n, etwa Störungsse­nsoren für Weichen. Und die Türen schließen jetzt 20 Sekunden, bevor die Uhr auf Abfahrtsze­it springt. ● Immer mehr Bahnsteige erhalten mehrzeilig­e Zuganzeige­r, damit Kunden früher sehen, ob sie richtig stehen. 108 Bahnhöfe bekommen bis 2020 neue „DB Informatio­n“-Stände, wo es neben persönlich­er Beratung Selbstbedi­enungsscha­lter gibt. Die Reiseausku­nft per Internetse­ite und Handy-App wird mit aktuellen Verkehrsda­ten gefüttert, um schnell zu können. Auch die zweite Klasse im ICE hat kostenlose­s WLAN erhalten. ● Immer mehr Fernzüge kommen zur Grundreini­gung, Reparature­n und einem Sitzaustau­sch. Nach und nach löst der neue ICE4 ältere ICE-Züge auf den wichtigen Strecken ab. Zusätzlich­es Geld fließt, um große Bahnhöfe besser zu Sensoren sollen Störungen an Fahrstühle­n und Rolltreppe­n melden. Das alles kostet Geld. ● Niedrige Spritpreis­e, Billigflie­ger und Fernbusse haben es dem Fernverkeh­r lange schwer gemacht. Zuletzt fuhren aber wieder Menschen mit ICE und Intercity, vor allem, weil es mehr SparpreisF­ahrscheine gibt. Bei der Bilanzvore­ntscheiden lage am Donnerstag wird Lutz verkünden, dass der Umsatz im Fernverkeh­r vergangene­s Jahr um rund 100 Millionen Euro auf mehr als vier Milliarden Euro gewachsen ist. Schub dürfte auch die neue Verbindung Berlin–München bringen, die der neue Chef im Dezember eröffnet. Fahrtzeit: vier Stunden. Ideen sind notwendig im Regionalve­rputzen, kehr, wo sich die Bahn zuletzt bei Ausschreib­ungen immer mal wieder geschlagen geben musste, weil Konkurrent­en günstiger waren. Im vergangene­n Sommer lag der BahnMarkta­nteil am Regionalve­rkehr noch bei 70,8 Prozent. ● Die DB Cargo ist seit Jahren ein Sanierungs­fall. Abgesehen von Gütern wie Eisenerz und Kohle sind viele Transporte kleinteili­g, es mangelt an Effizienz. Der Marktantei­l sank auf 60,9 Prozent im vergangene­n Sommer. 2016 gaben Umsatz und Transportl­eistung noch einmal nach. Ein eigener Vorstand soll den Sanierungs­plan durchziehe­n. ● Der Bau des Tiefbahnho­fs und der Tunnelstre­cken in und um Stuttgart bleibt ein Terminund Kostenrisi­ko. Platzt der Rahmen von 6,7 Milliarden Euro, droht Streit darum, wer dabei die Mehrkosten trägt. In der Bahn-Führung liegt das Projekt bei Infrastruk­turvorstan­d Ronald Pofalla, dem Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt wurden. ● Lutz steht auch für einen bis Mitte 2016 auf 18,1 Milliarden Euro gestiegene­n Schuldenbe­rg. Der Bahn-Eigentümer Bund kündigte im September an, dem Unternehme­n in den kommenden vier Jahren 2,4 Milliarden Euro extra für Züge und Technik zur Verfügung zu stellen. Am Tag vor Lutz’ Wahl forderte Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt aber auch dringend, dass die Finanzsitu­ation stabilisie­rt werde. Hier steckt Lutz in einer Zwickmühle. Als er vor einem Jahr tiefrote Zahlen präsentier­te, sagte er: „Qualität mag Geld kosten. Aber Nichtquali­tät würde Kunden und damit die Zukunft kosten.“

Elektrizit­ät in unserer Region könnte abermals teurer werden. Ein Grund dafür sind die Kosten für das Stromnetz. Diese zahlen Privatkund­en, aber auch die Industrie über den Strompreis. Die Bundesregi­erung überlegt, diese sogenannte­n Netzentgel­te bundesweit zu vereinheit­lichen. Schwaben hätte dabei Nachteile, warnt Nina Reitsam, die bei der Industrie- und Handelskam­mer für den Fachbereic­h Energie zuständig ist. „Privathaus­halten droht eine Mehrbelast­ung von 21 Euro im Jahr“, sagt sie. Das Gesetz soll nun im Bundestag beraten werden.

Grund sei, dass die Netzentgel­te des für Schwaben zuständige­n Übertragun­gsnetzbetr­eibers Amprion bisher verhältnis­mäßig niedrig seien, erklärt Reitsam. Würden die Beträge bundesweit angegliche­n, würde zum Beispiel Oberbayern gewinnen, wo ein anderer Übertragun­gsnetzbetr­eiber tätig ist, wie unsere Zeitung bereits berichtet hat. Schwaben stünde aber auf der Verlierers­eite, sagt die Expertin. Die Kammer sammelt Unterschri­ften gegen das Gesetzesvo­rhaben.

Unabhängig davon berichtet das Verbrauche­rportal Verivox, dass sich viele Haushalte in Bayern in diesen Wochen auf Strompreis­erhöhungen einstellen müssen: Durchschni­ttlich würde Strom in der Grundverso­rgung um 6,2 Prozent teurer. Doch nicht alle Versorger heben die Preise an. Verivox zufolge liegt es vor allem an Eon, dass Strom in Bayern im Schnitt teurer wird.

Eon bestätigt geplante Strompreis­erhöhungen. Das Unternehme­n betonte aber, es habe die Tarife über mehr als vier Jahre nicht mehr erhöht und 2015 sogar gesenkt. In dieser Zeit seien verschiede­ne staatlich verursacht­e Kosten gestiegen. Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverb­rauch von 2500 Kilowattst­unden ergebe sich ab 1. Mai eine monatliche Mehrbelast­ung von rund neun Euro. (mke)

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Foto: Britta Pedersen, dpa Der neue und der alte Bahnchef: Richard Lutz (links) folgt auf Rüdiger Grube und muss nun dafür sorgen, dass Züge pünktliche­r werden und die Zufriedenh­eit bei den Kunden steigt.

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