Das Ende einer Freundschaft?
Aus dem deutsch-türkischen Konflikt ist ein heftiger Streit um Bespitzelung und Spionage geworden. Die Folgen spüren Türkeistämmige in der Bundesrepublik
Die Europäer sollten „sich gefälligst aus den inneren Angelegenheiten der Türkei heraushalten“– dies sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim bei einer Wahlkampfveranstaltung zum Verfassungsreferendum. Solche Sätze kommen derzeit in Deutschland besonders schlecht an. Schließlich wächst hierzulande die Empörung über eine ganz spezielle Spielart von Einmischung: Es geht um Spitzelaktionen des türkischen Geheimdienstes MIT in der Bundesrepublik. Schon ist von irreparablen Schäden für das einst gute Verhältnis zwischen den beiden Ländern die Rede. Klar scheint: Die Türkei setzt systematisch Gegner der Politik von Staatschef Recep Tayyip Erdogan unter Druck. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und Schweden.
Sicher ist, dass die neuen Enthüllungen über die deutsch-türkische Spionageaffäre für Ankara und insbesondere den MIT äußerst heikel sind. Entsprechend heftig fielen die Reaktionen aus: Zeitungen schimpfen über einen „Verrat“Deutschlands, weil der Bundesnachrichtendienst (BND) die Erkenntnisse des türkischen Geheimdienstes MIT über Gülen-Anhänger in Deutschland an die Betroffenen weitergegeben hat. Auf der Liste sollen rund 300 angebliche Anhänger der Gülen-Bewegung und bis zu 200 ihr nahestehende Organisationen stehen. Sie soll Adressen, Fotos und Dossiers enthalten. Auf der Liste finden sich auch die Namen der SPD-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, Michelle Müntefering, sowie der türkeistämmigen Berliner Abgeordne- ten Emine Demirbüken-Wegner (CDU). Mitglieder der türkischen Regierung bezichtigen den Westen, die Bewegung des Erdogan-Erzfeindes Fethullah Gülen – für Ankara eine Terrorgruppe – zu unterstützen. Fast schon wie eine Verschwörungstheorie wirkt der pauschale Vorwurf von Yildirim an den Westen: „Erdogan-Feindschaft ist zu einer Mode geworden.“
Noch mehr auf die Palme bringt die türkische Regierung, wenn Zweifel daran geäußert werden, dass die Gülen-Bewegung tatsächlich für den Putschversuch von 2016 verantwortlich ist. Genau dies tat zuletzt der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, der sagte, dass außerhalb der Türkei kaum jemand daran glaube, dass Gülen hinter dem gescheiterten Staatsstreich stehe. Auch der Chef des Bundesnachrichten- dienstes, Bruno Kahl, äußerte massive Zweifel. Ebenfalls skeptisch sind britische Geheimdienste und ihre US-Kollegen.
Für viele Deutsch-Türken hat der Konflikt der beiden Länder persönlich dramatische Konsequenzen. Der Bundesregierung liegen Informationen über Deutsche kurdischer oder türkischer Abstammung vor, die bei der Einreise in die Türkei festgenommen und wieder zurückgeschickt wurden. „Uns sind einige solche Fälle bekannt“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer. Der türkeistämmige CDU-Politiker Ali Toprak, der Erdogans Politik immer wieder scharf kritisiert, sprach mit unserer Zeitung über die Folgen der Restriktionen: „Ich habe Verwandte und Freunde in der Türkei, die ich aber nicht besuchen kann. Das ist wie im Kalten Krieg.“
In der Türkei wird zunehmend das ganze politische Leben von dem Referendum über ein autoritäres Präsidialsystem am 16. April dominiert. Die Entscheidung gilt als offen, das Land ist – bis in die Familien hinein – gespalten. Erdogan-Kritiker sind sich sicher, dass der Präsident die Spannungen mit dem Westen eskalieren lässt, um nationalistische Wähler für seine Reform zu gewinnen. Laut Umfragen ist der Ausgang der Abstimmung immer noch ungewiss; jeder zehnte Wähler hat sich noch nicht entschieden. In der Endphase des Wahlkampfes werden verstärkte Bemühungen von Erdogan und seinen Gegnern in den Großstädten des Landes erwartet: Der Kolumnist Murat Yetkin wies in Hürriyet darauf hin, dass die Wahlentscheidung in den Metropolen fallen wird, nicht auf dem flachen Land – allein in Istanbul lebt jeder fünfte Wähler der Türkei.
Während deutsche Politiker die Fehleinschätzung des MIT Anfang der Woche noch mit Verblüffung und zum Teil auch einer Portion Schadenfreude kommentierten, drehte sich die Stimmung gestern. So geht der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), davon aus, dass die Spähaktion des MIT und die Übergabe der daraus entstandenen Dossiers eher eine gezielte Provokation gewesen seien. Das sei „unerträglich“, fügte Mayer hinzu.
Es folgte eine scharfe Attacke des CSU-Innenexperten Hans-Peter Uhl gegen den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius. Der SPD-Politiker habe durch die Veröffentlichung detaillierter Informationen zu der Aktion des MIT in Deutschland „dem GeheimdienstAustausch mit der Türkei einen Bärendienst erwiesen“.
In Autos auf deutschen Straßen sollen Computer künftig Fahrfunktionen übernehmen dürfen – der Mensch am Steuer muss aber immer wieder eingreifen können. So heißt es in einem Gesetz, das der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition verabschiedet hat. Die Regeln müssen noch durch den Bundesrat.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte: „Wir ermöglichen damit, dass der Fahrer während der hochautomatisierten Fahrt die Hände vom Lenker nehmen darf, um etwa im Internet zu surfen oder E-Mails zu checken.“Computergesteuerte Autos seien nichts Geringeres als „die größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Automobils“. Und das Autoland Deutschland solle dabei vorweg fahren. Daher auch die neuen rechtlichen Leitplanken, die der Bundestag am Donnerstag verabschiedet hat.
Was regelt das Gesetz?
„In der Zukunft darf der Computer ans Steuer“, lautet eine zentrale Neuerung, wie Dobrindt sagt. „Wenn der Computer fährt, dann haftet am Schluss der Hersteller“, eine andere. Gesetzlich geregelt werden nun die Voraussetzungen. So muss das System durch den Fahrer jederzeit zu übersteuern oder deaktivieren sein – und „mit ausreichender Zeitreserve“per Ton- oder Lichtsignal anzeigen, wenn das nötig wird. Fahrer müssen also eingreifen können, wenn etwa aufgewirbelter Regen auf der Fahrbahn die Sensoren stört. Ist eine Computerfunktion nur für Autobahnen gedacht, ist eine Nutzung auf Landstraßen tabu.
Was gibt es schon an Automatisierungen?
Möglich ist bereits eine ganze Menge. So werden Notbremsassistenten in immer mehr Autos eingebaut. Futuristisch muten Parkhilfen an, die Autos mit einer SmartphoneSteuerung in die eigene Garage lenken. Auf der Autobahn sollen Fahrer sich entspannen und die Hände vom Steuer nehmen können, wenn das Auto selbst Abstand zum Vordermann hält und eigenständig Spuren wechselt.
Was verspricht sich die Autoindustrie davon?
Für die Autohersteller sind die kleinen Helfer ein Zusatzgeschäft. Nicht zufällig wird die Technologie meist zuerst in den Flaggschiffen eingebaut. Insbesondere Oberklassehersteller wie BMW, Daimler und Audi wollen sich damit abheben.
Kaufen die Leute so was?
Das Interesse ist bei Neuwagenkäufern laut einer Umfrage der Prüforganisation Dekra zumindest da. Vor allem offensichtliche Helfer wie Notbremsassistenten hätten viele Menschen gern in ihren Autos. Die sollen im letzten Moment verhindern, dass der Wagen Fußgänger erfasst.