Der Preis ist Eis
Beim deutschen Halbfinale der „Gelato World Tour“bei Pfersich in Neu-Ulm stellen sich Eismacher einer Jury. Die leitet ein Mann, der Gelato-Geschichte geschrieben hat
Einem wie Dario Fontanella macht in Sachen Eis keiner etwas vor. Streng, aber freundlich blickt er abwechselnd auf Eismacher, Eisschale und Bewertungsbogen, verteilt kleine Becher an seine Jurykollegen. Fontanella ist unter den Eisproduzenten in Deutschland ein Star. 1969 erfand er in seiner Heimatstadt Mannheim das SpaghettiEis. An diesem Tag aber geht es um die Eiskreationen anderer: 18 Gelatiere, die meisten natürlich Italiener, haben sich für das Halbfinale der „Gelato World Tour“in den Räumen der Neu-Ulmer Firma Pfersich, Lieferant für Bäckerei-, Konditoreiund auch Eismacherbedarf, getroffen.
Die „Gelato World Tour“ist so etwas wie die Weltmeisterschaft der handwerklichen Eismacher und wird organisiert von der EismacherSchule „Carpigiani Gelato University“und der Eismesse Sigep, die jährlich in Rimini an der Adriaküste stattfindet. Neben dem Hauptwettbewerb, der in internationalen Metropolen gastiert, gibt es noch nationale „Challenges“. Die nächste deutsche Finalrunde geht im Juli in Berlin über die Bühne. Neun der Teilnehmer haben sich bei der Sigep in Rimini qualifiziert. Zwei weitere werden bei Pfersich gesucht, wobei die 18 Gemeldeten überwiegend aus Süddeutschland stammen.
Worauf es ankommt, erklärt Urgestein Fontanella: „Die Einfachheit, die Frische, die guten Zutaten, die Qualität der Herstellung“, zählt er auf. Und sagt es dann doch lieber etwas poetischer: „Ein gutes Eis ist wie ein hübsches und freundliches Mädchen – das ist auch ungeschminkt schön.“Fontanella ist ein Verfechter einer Eisproduktion ohne unnötige Zusatzstoffe, ohne Chichi. Dafür mit Liebe und dem nötigen Sachverstand. Für die Wettbewerbsteilnehmer hat die Arbeit bereits morgens um acht begon- nen. Nacheinander belagern sie die Eismaschinen im „Trendforum“von Pfersich. Danach geht es ans Dekorieren, denn bewertet werden nicht nur Geschmack und Konsistenz der Köstlichkeit, sondern auch die Präsentation in einem Behälter, wie man ihn aus der Eistheke kennt. Neben Fontanella in der Jury: Stefano Bortolot, Vizepräsident des Bundesverbands der italienischen Speiseeishersteller, Gerhard Schenk, Präsident des Deutschen Konditorenbunds, und – quasi als Vertreter aller laienhaften Eisliebhaber – der Verfasser dieses Artikels.
Der Reihe nach kommen die Eismacher mit ihren Schöpfungen in das Juryzimmer. Jeder erzählt von der Idee und der Herstellung – und muss sich kritischen Fragen stellen, vor allem von den beiden Profi-Gelatieri in der Runde. Ist die Fruchtsoße selbst gemacht? Sind die Nüsse geröstet? Ist das Eis pasteurisiert? Nicht jeder kann da sicher antworten. Aber einige eben doch. So wie die Siegerin des Nachmittags: Katharina Rankovic von der „Eismanufaktur Kolibri“im vorarlbergischen Wolfurt. Ihr Beitrag heißt „Königin des Sommers“, ein Limetten-Joghurt-Eis mit Minze und einem hausgemachten Brombeer-Variegato. Hergestellt mit Joghurt und Früchten aus dem Ort, frisch, leicht, verführerisch. Ein Eis von der Sorte, die sich Fontanella wünscht.
Gewinnerin Rankovic, die vor vier Jahren ihren Beruf als Lehrerin aufgab und die Eisdiele übernahm, kommen bei der Preisverleihung die Tränen. „Uns geht es darum, zu zeigen, wie gut Eis sein kann“, sagt sie später. Das kann die 37-Jährige bald auch in Berlin tun. Genauso wie der Zweitplatzierte: Davide Arnoldo aus Saarburg (Rheinland-Pfalz) mit seinem Zitrus-Fruchteis „Limone Stravagante“. Einen Achtungserfolg erzielte Henrike Weihs von „Lieblingseis“aus Biberach: Ihr nepalesisch inspiriertes „Sikarni“bekam eine besondere Erwähnung.