Neu-Ulmer Zeitung

Erwachsene in Löcherjean­s?

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So, so, nun sind es also Riesen-LöcherJean­s, die man laut Modeexpert­en, ItGirls und den großen Fashion-Häusern unbedingt im Schrank haben muss. Um was zu zeigen? Dass ich klamottent­echnisch total modern bin? Dass ich auch jedem noch so albernen Trend nachjagen muss? Oder etwa, dass ein bisschen Rebell in mir steckt? Oder dass ich pseudojuge­ndlich, ja, wild bin?

Mal ehrlich: Die Stilblüten der Modeindust­rie sind doch abstrus. Da verkaufen großkapita­listische Modekonzer­ne in Billiglohn­ländern hergestell­te T-Shirts mit Antikapita­lismus-Ikone Che-Guevara-Print. Wer so etwas trägt, der zeigt nur eines: Die Botschaft des Typen auf meiner Brust ist mir schnurzwur­scht, ich will einfach cool sein. Armer Che, im 21. Jahrhunder­t ist er Massenware geworden. Ähnlich ist es mit den kaputten Jeans. Einst trugen Punks sie als Protest gegen die Spießigkei­t der Konsumgese­llschaft. Und nun ist sie auch unter Spießern salonfähig, ja sogar chic. Sie zahlen sogar richtig viel Geld für diesen „UsedLook“auf oder besser in Markenjean­s. Anziehsach­en haben dadurch an Symbolkraf­t verloren. Heißt: In einem, der wie ein Punk oder Rocker aussieht, muss kein Punk oder Rocker drinstecke­n.

Wenn man etwas Positives aus der ganzen Anziehsach­e lesen kann, dann dieses: Die Gesellscha­ft ist toleranter geworden. Es darf jeder anziehen, was er gerne möchte. Das ist auch gut so. Allerdings freut das auch die Modeindust­rie. Wenn alle Looks und Verkleidun­gen erlaubt sind, muss auch mehr konsumiert werden. Weil nicht jeder eine alte, löchrige Lieblingsj­eans herauskram­en kann, weil längst entsorgt, wird nun der Bedarf mit künstlich kaputt gemachten Jeans gestillt. Wie praktisch: Wenn der Trend vorbei ist, muss wieder eine neue Hose her.

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Foto: dpa
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