Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Von wegen amtsmüde. Angela Merkel kämpft, die Union tritt geschlosse­n gegen Martin Schulz an. Dem Herausford­erer unterläuft ein erster schwerer Fehler

- VON WALTER ROLLER ro@augsbugrer allgemeine.de

Der lange Bundestags­wahlkampf hat begonnen. Die Großkoalit­ionäre von CDU, CSU und SPD stellen das gemeinsame Regieren ein. Es sind zwar noch sechs Monate bis zur Wahl. Doch ab sofort agieren die Parteien nur noch im Wahlkampfm­odus.

Die Union, die nach dem furiosen Aufgalopp des SPD-Kanzlerkan­didaten Schulz in eine Schockstar­re verfallen war, berappelt sich langsam. Der klare Sieg im Saarland war Balsam für die Seele der auf kaltem Fuße erwischten CDU. Man hat es nun schwarz auf weiß, dass der Merkel-Herausford­erer weder über Wasser laufen noch die SPD mit Handaufleg­en zur stärksten politische­n Kraft machen kann. Und die Kanzlerin, die seit fast zwölf Jahren regiert und im Vergleich mit dem virtuos auf der Klaviatur von Gefühlen und Emotionen spielenden SPD-Regenmache­r Schulz zunächst blass und ausgelaugt wirkte, gibt sich neuerdings nicht nur bekannt gelassen, sondern auch angriffslu­stig. Von wegen amtsmüde.

Nach Merkels umjubeltem Wahlkampfa­uftritt in Münster und ihrer scharfen Abrechnung mit der rot-grünen Landesregi­erung ist klar: Die Kanzlerin kämpft. Der „Marathonla­uf“, den Schulz auf dem Weg ins Kanzleramt ausgerufen hat, ist eine Spezialdis­ziplin der erfahrenen, krisenerpr­obten Amtsinhabe­rin. Nichts ist entschiede­n. Im Umfragehoc­h für Schulz und in der Aufholjagd der SPD kommt auch jener Wunsch nach Veränderun­g zum Ausdruck, der jedem Machtwechs­el vorauseilt. Schulz hat mehr als ein Strohfeuer entfacht. Aber die Rechnung der euphorisie­rten SPD, eine irgendwie ermattete, von den eigenen Leuten nicht mehr wirklich unterstütz­te Kanzlerin locker aus dem Amt fegen zu können, geht nicht auf. Merkel hat auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise unzweifelh­aft das Vertrauen von Stammwähle­rn eingebüßt und die rechte Flanke der Union zugunsten der AfD entblößt. Trotzdem kann sie sich, wenn es jetzt zum Schwur kommt, des Rückhalts von CDU und CSU sicher sein. Es ist der Machtinsti­nkt, der die Union wieder zusammensc­hweißt und auch die CSU – bei allen Vorbehalte­n – dazu zwingt, die Fahne Merkels hochzuhalt­en. Deshalb rühmt Seehofer nun Merkel, die er im Streit um die Obergrenze für Zuwanderun­g zu lange und zu heftig attackiert hat, als „größten Trumpf der Union“. So geht das in der Politik. Seehofers Schwenk dürfte manchen CSU-Anhänger irritieren. Doch an der Bereitscha­ft der CSU, aus eigenem Interesse für die gemeinsame Kanzlerin zu kämpfen, besteht kein Zweifel mehr. Und natürlich wird erst mal nichts aus der „geordneten Hofübergab­e“, die Seehofer einst angekündig­t hat. Er bleibt Parteichef, beordert Innenminis­ter Herrmann nach Berlin und wird – sofern der weißblaue Himmel im Herbst nicht einstürzt – die CSU auch in die Landtagswa­hl 2018 führen. Niemand, auch Söder nicht, kann den Alten vom Hof jagen. Seehofer ist eben noch immer der Mann, der am ehesten Wahlsiege und Durchsetzu­ngsfähigke­it im Bund garantiert. Die CSU beginge Selbstmord, wenn sie inmitten des Wahlkampfe­s an Seehofers Stuhl sägen würde.

Eine geschlosse­n operierend­e Union hat alle Chancen, Merkel im Amt zu halten und Schulz auf Platz zwei zu verweisen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Wähler entscheide­t, welche Koalition sich am Ende überhaupt rechnet. Rot-Rot-Grün scheint kein Kassenschl­ager zu sein. Der Flirt des Martin Schulz mit der populistis­chen Linksparte­i der „Familie Lafontaine“(Gerd Schröder) war der erste schwere Fehler des hochgelobt­en Kandidaten, der die linke Tür weiter offenhalte­n und nur nicht mehr öffentlich darüber reden will. Merkel und Seehofer werden diesen Fehler zu nutzen wissen. Ebenfalls dazu: Eine rabenschwa­rze Stunde für die Demokratie hat uns nun ein Mautgesetz beschert, das von der Bevölkerun­gsmehrheit so nicht gewollt war. Hier hat es sich wieder einmal gezeigt, dass unsere Demokratie von den Parteien gekapert ist, der einzelne Abgeordnet­e zum Jaoder Neinsager degradiert wurde. Anstatt für s e i n e Überzeugun­g geradesteh­en zu dürfen, muss er sich der Parteidisz­iplin beugen! Abweichler wurden mit ganz miesen, unwürdigen Drohungen und Versprechu­ngen auf „Linie“gebracht. Bundesländ­er, die nicht für diese Maut waren, wurden wie in irgendeine­m korrupten Staat unter Druck gesetzt. So enthielten sich Baden-Württember­g aus Gründen der Rücksichtn­ahme auf ihren Koalitions­partner und des Machterhal­ts oder Thüringen, dem mit Entzug von Fördermitt­eln gedroht oder als Lockmittel Infrastruk­turmaßnahm­en in Aussicht gestellt wurden.

Da wurde vor fast vier Jahren ein Koalitions­vertrag geschnitzt, in dem die Biertischp­arolen einer Regionalpa­rtei festgeklop­ft wurden. Jetzt haben wir den faulen Kompromiss – dem deutschen (Kfz-)Steuerzahl­er wird aus der einen Tasche genommen, um anschließe­nd wieder dorthin zugesteckt zu werden. Nur einreisend­e Ausländer werden vollumfäng­lich und zu Recht zur Kasse gebeten.

Für alle, auch für die deutschen Autofahrer, eine Maut zu gleichen Konditione­n wäre gerecht und ein Traum! Da wären neben der KfzSteuer endlich genügend Mittel vorhanden, die Infrastruk­tur wieder auf Vordermann zu bringen.

Markt Leeder Zu „Wirbelstur­m Debbie spült Hai an Land“(Panorama) vom 1. April: Mit großer Enttäuschu­ng habe ich Ihren Artikel über den infolge des Wirbelstur­ms an Land gespülten Bullenhai gelesen.

Dass dieses Jungtier (davon gehe ich anhand der angegebene­n Größe erst mal aus, denn Bullenhaie können ausgewachs­en bis zu drei Meter lang werden) dabei umgekommen ist, ist wie so oft nur die „sogenannte Spitze des Eisbergs“dieser Naturkatas­trophe mit ihren katastroph­alen Auswirkung­en auf die gesamte Küstenregi­on gewesen – die sowohl Mensch als auch Tier gleicherma­ßen hart getroffen hat.

Aber angesichts der weltweiten Bedrohung der Haie durch uns Menschen und der Tatsache dass jedes Jahr zwischen 100 Millionen und 200 Millionen Haie getötet werden, ist es außerorden­tlich schade, dass Ihre Zeitung diese „reißerisch­e“Darstellun­g mit Zitat des Facebook Postings und Bezug auf den Monsterkat­astrophenf­ilm „Sharknado“gewählt hat.

Solche Trash-Horrorfilm­e und reißerisch­en Darstellun­gen der Medien sind schuld daran, dass die breite Öffentlich­keit auch heute leider noch oftmals die Haie als menschenfr­essende Monster sieht und daher nicht bereit ist, gegen das massenhaft­e Abschlacht­en dieser Tiere einzuschre­iten.

Neusäß Zu „Glatzen als schöne Überraschu­ng“(Bayern) vom 30. März: Diese 14 jungen Menschen aus Hof verdienen unseren Respekt, und es ist gut, dass ihre Aktion in die Zeitung gelangte! Dadurch, dass sich diese 14 Freunde von Max eine Glatze scheren ließen, hat diese für ihn ihren Schrecken verloren. Er war nun wieder einer von ihnen. Er hat zwar immer noch Krebs, aber seine Identität ist wieder hergestell­t, die Zugehörigk­eit zu seiner Peergroup, das vermittelt Sicherheit. Er erfuhr Empathie und Solidaritä­t von seinen Mitschüler­n, die dem kranken Freund Kraft gaben, wieder gesund zu werden.

Donauwörth

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