Ein Patriarch mag nicht mehr
Ferdinand Piëch hatte lange den Nimbus, unbesiegbar zu sein. Der einstige General-Motors-Manager Bob Lutz nannte ihn „einen Diktator, der sich immer durchsetzt“. Heute lässt sich jedoch konstatieren: Der Österreicher ist nicht allmächtig, sondern ein normaler Mensch. Und zum Menschsein gehört stets das Scheitern.
Nach all den Siegen (und die gab es zuhauf) steht Piëch nun vor den Trümmern seines Volkswagen-Lebenswerks. Einst hat er als Chef in Ingolstadt die VW-Tochter Audi geführt. Dem Autohersteller haftete das Image an, von Rentnern, die gehäkelte Klorollen lieben, gefahren zu werden. Piëch küsste Audi wach und verwandelte das Unternehmen in eine Marke, die für technische Raffinesse und Sportlichkeit steht. Der Porsche-Enkel machte seinen Job in Ingolstadt so gut, dass er später auch Boss des Mutterkonzerns Volkswagen wurde und die Wolfsburger aus einer schweren Krise heraus bis zur automobilen Weltspitze führte.
Doch auf dem Gipfel des Triumphs wurden die Schwächen des Patriarchen offenbar. Der Mann, der es hasst, Zweiter zu sein, unterließ es, bei VW eine Kultur der Kritik einzuführen. Wie so viele Patriarchen umgab er sich mit ihm willfährigen Dienern. Einer hieß Martin Winterkorn und hat es als VW-Chef versäumt, den DieselSkandal im Keim zu ersticken.
Piëch hat das seinem einstigen Getreuen nicht verziehen. Er leidet auch darunter, aus beinahe allen Ämtern gedrängt worden zu sein. Hinzu kommt, dass sich seine geliebte VW AG in einen SkandalKonzern verwandelt hat. Deshalb zieht er einen Schlussstrich und verkauft sein Volkswagen-Aktienpaket fast ganz. Dies ist eine Zäsur in der Volkswagen-Geschichte. Dabei hat das Unternehmen Piëch so viel zu verdanken, leidet bis heute aber unter seinen Fehlern.