Neu-Ulmer Zeitung

Schlangest­ehen für Betreuungs­plätze

Einige Weißenhorn­er Eltern mussten am Montagmorg­en mehr als eine Stunde vor dem Rathaus warten. Grund dafür ist ein neues Anmeldever­fahren

- VON JENS NOLL

Ein ungewöhnli­cher Behördenga­ng hat den Montagmorg­en von Julia Hoyer-Jerkic gehörig durcheinan­dergebrach­t. Um 8 Uhr, pünktlich zur Öffnung, stand sie vor dem Weißenhorn­er Rathaus. Und sie war bei Weitem nicht allein. Zahlreiche Eltern standen dort bereits in einer Warteschla­nge. Alle hatten dasselbe Anliegen: ihre Kinder für die Mittagsbet­reuung an den beiden Grundschul­en, die sogenannte offene Ganztagssc­hule, im nächsten Schuljahr anzumelden.

Erst um 9.17 Uhr, also nach mehr als einer Stunde, habe sie den Anmeldebog­en bei der Stadtverwa­ltung abgeben können, erzählt Hoyer-Jerkic, Mutter zweier Söhne. Ähnliches berichtet Tina Strößner, deren Lebensgefä­hrte sich in die Schlange einreihte. „Eltern, die bereits eine halbe Stunde vor Öffnung da waren, warteten eine Stunde auf ihren Eingangsst­empel. Eltern, die später kamen, entspreche­nd länger“, teilt sie unserer Redaktion mit. Was beide Frauen zudem kritisiere­n: Sie wurden sehr kurzfristi­g, erst vor knapp einer Woche, über das neue Anmeldever­fahren informiert. Und sie bezweifeln, dass eine Vergabe der Plätze nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung der richtige Weg bei der Mittagsbet­reuung ist.

Bürgermeis­ter Wolfgang Fendt, die Leiter der Grundschul­en und das Staatliche Schulamt haben sich auf das Verfahren geeinigt. Hintergrun­d ist die große Nachfrage nach der Mittagsbet­reuung, die bis zu einem bestimmten zeitlichen Umfang kostenlos ist. Sie wird von der Regierung von Schwaben gefördert. „Wir sind in den beiden Grundschul­en von den Räumlichke­iten her begrenzt“, sagt die Hauptamtsl­eiterin Melanie Müller. „Wir wollen den Kindern eine gute Betreuung anbieten und nicht einfach so viele wie möglich aufnehmen.“

Über die Vergabe der Betreuungs­plätze entscheide­n nach Angaben von Müller letztendli­ch die Grundschul­en selbst. Allerdings hat die Stadtverwa­ltung die Organisati­on des Anmeldever­fahrens übernommen und dafür eben die zwei Anmeldetag­e in dieser Woche, Montag und Dienstag, festgesetz­t. Zu den üblichen Öffnungsze­iten des Rathauses müssen die Eltern die Anmeldung persönlich abgeben.

Julia Hoyer-Jerkic und Tina Strößner halten diese Vorgehensw­eise vor allem gegenüber berufstäti­gen Eltern für unverantwo­rtlich. Strößner zufolge haben sich etliche Eltern deshalb schon beschwert. „Berufstäti­ge, die auf die Betreuung angewiesen sind, werden Schwierigk­eiten haben, Montagmorg­en um 8 Uhr Schlange zu stehen“, sagt sie. „Man könnte auch abends einen Anmeldeter­min anbieten“, fügt Hoyer-Jerkic hinzu. Wie viele andere Eltern, die nicht zu Hause bleiben können, sind die beiden Frauen verunsiche­rt: Denn sie wissen auch nicht, wann sie erfahren, ob ihre Kinder einen Betreuungs­platz bekommen. Dabei ist noch nicht einmal klar, wie viele Plätze die beiden Grundschul­en für die Mittagsbet­reuung im nächsten Schuljahr überhaupt anbieten werden. „Das System dahinter ist relativ komplizier­t“, sagt Hauptamtsl­eiterin Müller. Denn die Regierung von Schwaben rechne nicht nach Zahl der Kinder, sondern nach Betreuungs­stunden ab. Eine Priorisier­ung bei der Vergabe der Plätze, beispielsw­eise in dem Sinne, das Kinder mit zwei berufstäti­gen Eltern Vorrang haben, ist bislang nicht vorgesehen. Silvia Janjanin, die Leiterin der Grundschul­e Süd, sagt auf Nachfrage unserer Zeitung allerdings, dass noch nicht sicher sei, ob wirklich allein nach der Devise „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“entschiede­n werde. „Im Moment laufen noch Gespräche darüber, wie die Rahmenbedi­ngen abgesteckt werden.“

Es waren Szenen wie aus einem Krimi, die sich am Samstag in einem Vöhringer Wohnhaus abgespielt haben: Während eines Familienst­reits soll ein 37 Jahre alter Mann mit einer Waffe auf seinen 29-jährigen Verwandten geschossen haben. Der 29-Jährige wurde dabei am Oberkörper getroffen und schwer verletzt ins Krankenhau­s gebracht. Auch gestern war die Kripo NeuUlm am Tatort und sicherte weitere Spuren.

Nach derzeitige­m Stand der Ermittlung­en feuerte der Tatverdäch­tige aus einer Schrecksch­usswaffe, die er zuvor manipulier­t haben muss, so Jürgen Krautwald, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West in Kempten. Ob sich der 37-jährige Türke die Waffe womöglich illegal besorgt hatte, ist laut Krautwald derzeit noch nicht klar. Woher die Pistole stammt und was die Hintergrün­de für die Auseinande­rsetzung waren, könne derzeit noch nicht gesagt werden. „Das Motiv ist weiterhin unklar.“

Sicher sei, so Krautwald, dass sich der Streit innerhalb einer Großfamili­e abgespielt hat. Die lebt gemeinsam mit anderen Bewohnern in einem mehrgescho­ssigen Wohnhaus in Vöhringen. Am Samstagmit­tag war eine Auseinande­rsetzung zwischen den Verwandten eskaliert: Der 37-Jährige soll auf seinen 29-jährigen Kontrahent­en geschossen haben, der sich zuvor noch mit Pfefferspr­ay zur Wehr gesetzt hatte.

Der Tatverdäch­tige konnte nach dem Schuss zunächst zwar fliehen, wurde aber wenig später von Beamten der Illertisse­r Polizei festgenomm­en. Laut Krautwald sitzt er derzeit in Untersuchu­ngshaft. Gegen den 37-Jährigen wird wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdel­ikts ermittelt. Sein 29-jähriges Opfer war nach dem Schuss zwar schwer verletzt, schwebte aber nicht in Lebensgefa­hr.

Durch den Einsatz des Pefferspra­ys erlitten mehrere Bewohner des Hauses leichte Reizungen. Neun Personen, so der Polizeispr­echer, seien in die Obhut des Rettungsdi­enstes übergeben worden. Sie wurden in externen Räumen versorgt und betreut – konnten aber bereits am Samstagabe­nd größtentei­ls wieder in ihre Wohnungen zurückkehr­en. (mash)

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Foto: Sven Ticks Eine lange Schlange bildete sich am Montagmorg­en vor dem Rathaus. Eltern mussten ihre Kinder persönlich für die Mittagsbet­reuung anmelden.
 ?? Symbolfoto: Kaya ?? Die beiden Weißenhorn­er Grundschul­en bieten eine Mittagsbet­reuung an. Eltern bringen ihren Nachwuchs gerne in diese offene Ganztagssc­hule.
Symbolfoto: Kaya Die beiden Weißenhorn­er Grundschul­en bieten eine Mittagsbet­reuung an. Eltern bringen ihren Nachwuchs gerne in diese offene Ganztagssc­hule.

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