Überfall: Die Täter kamen mit dem Zweitschlüssel
Drei Männer verprügeln einen 36-Jährigen in dessen Wohnung. Was trieb sie an? Das Gericht tut sich schwer
Es klingt schrecklich, was ein 36-jähriger Ichenhauser vor rund einem Jahr erleiden musste. An einem Abend im Februar 2016 verschafften sich drei Männer mit einem Zweitschlüssel Zugang zu seiner Wohnung. Den Schlüssel hatten sie zuvor einer Nachbarin abgenommen, die ihn für das Opfer verwahrt hatte. Die Männer gingen ohne Vorwarnung auf den 36-Jährigen los. Sie verpassten ihm Tritte in die Rippen und Faustschläge auf den Kopf, prügelten ihn bis zur Besinnungslosigkeit. Er trug eine Schädelprellung, Blutergüsse an Hals und Nacken und wochenlange Kopfschmerzen davon. Dass die Attacke keinen größeren Schaden angerichtet hat, sei Glück gewesen, sagen die Ärzte. Doch auch wenn die körperlichen Wunden verheilt sind, sind es die seelischen noch lange nicht. Als der Mann seine Peiniger vor dem Amtsgericht Günzburg wiedersieht, kommt alles hoch.
Zwei der drei Angreifer sitzen auf der Anklagebank. Den dritten, einen gewissen „Vladimir“, konnten Polizei und Staatsanwaltschaft trotz aller Bemühungen nicht dingfest machen. Die beiden Angeklagten kennen ihn nur flüchtig. Sie trafen Angeklagten betreten zu Boden. Noch einmal die Geschehnisse jenes Abends durchleben zu müssen, ist nicht leicht für das Opfer. Auch nach seiner Aussage beginnt der 36-Jährige jedes Mal zu zittern, wenn über Details der Tat gesprochen wird. Und das Schlimmste ist: Warum er die brutalen Schläge erleiden musste, ist auch nach dem Prozess nicht klar.
Da ist die 18-jährige Exfreundin des Opfers. Sie sah die Tat regungslos mit an und will eine andere Exfreundin ihres damaligen Freundes mit in der Wohnung gesehen haben. Ein Eifersuchtsdrama? Niemand sonst hat die andere Frau am Tatort gesehen. Waren Drogen im Spiel? Zumindest wollen Zeugen gehört haben, wie einer der Angeklagten gerufen habe „Wer mich bei der Polizei anschwärzt, kriegt die Lichter aus.“Er ist wegen diverser Drogendelikte vorbestraft. Einer anderen Zeugin zufolge habe die Exfreundin des Opfers nach der Tat zugegeben, die Polizei auf die Gruppe angesetzt zu haben. Und auch Mutter und Stiefmutter der Exfreundin sollen bei dem Angriff dabei gewesen sein. Sie streiten das aber ab.
Was stimmt, bleibt bis zum Ende offen. Fest steht nur: Die Attacke selbst hat es gegeben. Und auch wenn der ominöse „Vladimir“wohl der Rädelsführer war, haben auch die beiden Angeklagten zugeschlagen. Der Ältere hat bereits eine lange Liste von Vorstrafen, seine kriminelle Karriere begann bereits im Jugendalter. Verteidiger Markus Neumann weiß, dass an einer Freiheitsstrafe kein Weg vorbei führt. „Die Tat geht gar nicht, das weiß auch mein Mandant.“Doch angeleiert hätten sie andere. Der Vater eines 13 Jahre alten Sohnes, der bereits fünf Monate im Gefängnis verbracht hat, habe noch eine letzte Chance verdient, so Neumann. Mehrmals entschuldigten sich auch beide Männer bei ihrem Opfer, was der Mann aber nicht annehmen wollte. Richter Daniel Theurer verurteilte den 36-Jährigen schließlich zu einem Jahr Haft, der 32-Jährige kam mit einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe davon und muss 200 Arbeitsstunden ableisten. Er nimmt das Urteil an, sein Kompagnon überlegt, in Berufung zu gehen.