Mehr Pfleger für die Patienten
Regierung fordert für bestimmte Klinikbereiche verbindliche Personaluntergrenzen. Doch die Verhandlungen zwischen den Kassen und den Krankenhäusern dürften hart werden
Nachts auf der Intensivstation. Das Pflegepersonal kommt kaum zur Ruhe. Die Patienten, alle schwer krank und frisch operiert, müssen rund um die Uhr überwacht und betreut werden: Ein Knochenjob ohne Zeit zum Atemholen, erst recht, wenn auch noch akute Notfälle hereinkommen. Doch gerade nachts ist in vielen Krankenhäusern die ohnehin schon schwierige Personalsituation noch angespannter. Vor zwei Jahren prangerte die Gewerkschaft Verdi mit einem von ihr durchgeführten „NachtschichtCheck“die Verhältnisse an und rüttelte die Politik wach: In der Nachtschicht seien viele Stationen „gefährlich unterbesetzt“, eine Pflegekraft müsse sich um bis zu 34 Patienten kümmern.
CDU-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zieht daraus die Konsequenzen. Am heutigen Mittwoch verabschiedet das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, mit dem die Personalsituation in den Krankenhäusern verbessert werden soll. So werden die Krankenkassen und die Träger der Krankenhäuser aufgefordert, für spezielle Bereiche wie beispielsweise Intensivstationen oder im Nachtdienst künftig verbindliche Personaluntergrenzen festzulegen, die nicht unterschritten werden dürfen. Die Vereinbarung muss bis zum 30. Juni kommenden Jahres stehen und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Sollte die Selbstverwaltung sich bis dahin nicht einigen, wird das Gesundheitsministerium von sich aus bis zum 31. Dezember 2018 eine Unter- festlegen. Zudem sollen die Krankenhäuser, die die Mindeststandards beim Personal unterschreiten, künftig öffentlich benannt werden und müssen mit wirtschaftlichen Sanktionen rechnen.
Im Gegenzug stellt die Politik mehr Geld zur Verfügung. Um dauerhaft die Engpässe beim Pflegepersonal zu beheben, erhalten die Kliniken seit diesem Jahr einen Pflegezuschlag. Dieser soll ab 2019 um die Mittel eines Pflegestellen-Förderprogramms ergänzt und von bisher 500 Millionen auf bis zu 830 Millionen Euro pro Jahr anwachsen. „Eine gute Versorgung im Krankenhaus setzt eine angemessene Personalausstattung voraus“, sagt Gröhe. Nun liege es an den Krankenkassen und den Krankenhäusern, den Willen des Gesetzgebers umzusetzen und die Vorgabe fristgerecht mit Leben zu füllen. Und auch der Gesundheitsexperte und Fraktionsvize der Union, Georg Nüßlein, appelliert an die Partner der Selbstverwaltung, „in einvernehmlicher Weise die Einzelheiten zu vereinbaren“. Er setze darauf, „dass dies im Sinne der Patientenversorgung zügig geschieht“, sagt der CSU-Politiker.
Ob dieser Appell allerdings die Beteiligten erreicht und umgesetzt wird, ist fraglich. Während die Gewerkschaft Verdi, nach deren Berechnungen rund 70000 Stellen in der Pflege in den deutschen Krankenhäusern fehlen, schon seit Jahren für eine gesetzliche Personalbemessung eintritt und an der Berliner Charité bei den jüngsten Tarifvergrenze handlungen mehr Personal durchsetzte, hält die Deutsche Krankenhausgesellschaft wenig von der verbindlichen Personaluntergrenze. Man werde sich der Diskussion „nicht verweigern“und sich „konstruktiv in den Prozess einbringen“, sagt Joachim Odenbach von der Krankenhausgesellschaft unserer Zeitung. „Dennoch ist festzustellen, dass allgemeine Personaluntergrenzen in der Pflege der falsche Weg sind.“
Der tatsächliche Personalbedarf hänge vielmehr von anderen Faktoren wie den Erkrankungen der Patienten,
Im Streit um ein neues Rückkehrrecht der Arbeitnehmer aus Teilzeit in einen alten Vollzeitjob hat SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles der Union die Missachtung des Koalitionsvertrags vorgeworfen. Scheitert das Vorhaben, wäre dies „das erste Mal, dass es einen aktiven Bruch mit dieser Vereinbarung gibt“, sagte Nahles nach einem Treffen mit dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Ihrem Entwurf nach sollen Arbeitnehmer das Recht erhalten, Teilzeit-Verträge befristet abzuschließen, um danach wieder Vollzeit arbeiten zu können.
Teilzeitarbeit wird für viele Frauen zum Hindernis in ihrer Karriere. Durch kürzere Arbeitszeiten werden sie seltener befördert und gelangen schwerer in eine Führungsposition. Zwei Drittel aller Mütter arbeiten laut Statistischem Bundesamt Teilzeit. Im Gegensatz dazu ist durchschnittlich nur einer von 20 Vätern in Teilzeit beschäftigt.
Nahles zeigte sich offen für weitere Verhandlungen: „Ich bin gesprächsbereit.“Eine Verständigung müsse aber bald kommen, da die Zeit sonst bis zur Bundestagswahl im Herbst zu knapp werde. Die Arbeitsministerin fordert die befristeten Teilzeit-Verträge für Unternehmen ab 15 Beschäftigten. Aus der Union kam die Forderung, die Schwelle bei 200 Beschäftigten festzulegen.
Der Arbeitgeberverband betonte, 90 Prozent aller Arbeitnehmer seien mit ihrer Arbeitszeit zufrieden. Ungewollte Teilzeit liege häufig nicht am Arbeitgeber, sondern etwa an fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Ein Recht auf Vollzeit berücksichtige zudem keine betrieblichen Zwänge. „Mehr Arbeit im Betrieb gibt es nicht, wenn es ein Gesetz verordnet, sondern wenn mehr Aufträge kommen“, wandten die Arbeitgeber ein.