Wie Christen zueinanderfinden
Kardinal Kurt Koch und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, sprechen über Unterschiede ihrer Glaubenrichtung – und die Probleme dabei
Wunsch und Wirklichkeit gehen weit auseinander: Um „einen großen ökumenischen Friedensschluss zu besiegeln“und um Spaltung und Entfremdung zu überwinden, „nutzen die christlichen Kirchen in Deutschland das Jahr 2017“, heißt es in einem Positionspapier von „20 Ulmer Thesen“, die die Unità dei Cristiani bei ihrer Mitgliederversammlung beschlossen hat. Um das Positionspapier war heftig diskutiert worden, wie im Publikum von Teilnehmern durchklang. Wie schwierig es jedoch mit dem ökumenischen Friedensschluss ist, offenbarte eine Podiumsdiskussion zwischen dem Schweizer Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, und dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im Studio der Sparkasse. Gekommen waren zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Wirtschaft.
Bei allem Willen zur Überwindung der Spaltung: Einfache Antworten gibt es nicht, das machten die Ausführungen von Koch und Bedford-Strohm klar. Beispielsweise in der Auffassung des Amtes des Priesters und Pfarrers liegen katholische und evangelische Kirche weit auseinander.
Ist der evangelische Pfarrer letztlich so etwas wie Vertreter seiner Gemeinde gegenüber Gott, ist der ordinierte Pfarrer auf katholischer Seite derjenige, der die Botschaft Gottes unter die Menschen bringen soll.
Man benütze die gleichen Worte, verstehe aber Verschiedenes darunter, beklagte Kardinal Koch, der in Ulm den Vorschlag machte, man solle auf eine gemeinsame Erklärung hinarbeiten, um einen Grundkonsens zu finden.
Über zeitliche Dimensionen der Überwindung der Spaltung der Kirche durch die Reformation sich festzulegen sei nicht möglich. Oder die Realpräsenz Christi in Kommunion respektive Abendmahl: Koch erklärte, dass ein evangelischer Christ in einer katholischen Kirche zum
Altar gehen könne, wenn er für sich das eucharistische Hochgebet bejahen könne. Umgekehrt liegt die Problematik einer Teilnahme von Katholiken am evangelischen Abendmahl darin, dass die Einladung nicht äquivalent ist, weil sie in der katholischen Kirche der Einladende Jesus Christus ist, während in der evangelischen Kirche der Pfarrer einlädt.
Eine Eucharistiegemeinschaft sei am Ende des Annäherungsprozesses möglich, äußerte Kardinal Koch, während sich Heinrich BedfordStrohm eine solche als Triebkraft im Annäherungsprozess wünschte. Großen „Nachholbedarf“attestierte man sich gegenseitig: In der Synodalität liege er katholischerseits, so der EKD-Vorsitzende, in der Ordinationstheologie evangelischerseits, so Kardinal Koch, der forderte, zu Luther zurückzukehren, demzufolge mit der Taufe jeder ein Christ ist. „Aber nicht jeder ein Pfarrer.“
Viele Hürden liegen auf dem Weg: Das Verständnis und die Zahl
der Sakramente, das Amt des Papstes innerhalb eines Annäherungsprozesses, die Frauenordination. Dennoch: Nach 500 Jahren müsse man endlich aufhören, sich jeweils dadurch zu profilieren, dass man die andere Konfession negativ darstelle. Darüber besteht ein Konsens.
„Und der Wille ist da“, zeigten sich Heinrich Bedford-Strohm und Kurt Koch einig, zumal die gesellschaftliche Marginalisierung von Religion mit der Reformation zu tun habe.