Immer wieder stand das Wasser zentimeterhoch
Gebäude nie grundlegend erneuert, lediglich die Schäden des Zweiten Weltkriegs hat man beseitigt. Zuletzt drückte die Isar gegen die Mauern. Im Bergwerk unter Tage, in das schon Millionen Besucher hinabgestiegen sind, stand das Wasser immer wieder zentimeterhoch. Daher war es die drängendste Aufgabe, die Ufermauern abzudichten und zu stabilisieren. „Damit sind wir fast fertig“, sagt Kürzel. Diese Maßnahme haben die Münchner noch vom Isarufer aus verfolgen können. Derzeit lassen nur Container, Gerüste und Bagger, die über die Corneliusbrücke rollen, erahnen, was sich in der südlichen Gebäudehälfte tut.
In der anderen Hälfte des Museums bleibt vorerst alles wie gehabt: Schüler bestaunen, wie der Starkstrom am Faraday’schen Käfig blitzt. Touristen knipsen Fotos von der astronomischen Uhr oder dem Segelschiff, dessen Mast bis zur Decke reicht. Ein Bub zeigt auf das blaue Banner, das vor einer verschlossenen Tür steht. „Auf zu neuen Welten“ist darauf zu lesen, angelehnt an die Kampagne, welche die jahrelange Sanierung begleitet.
Generaldirektor Wolfgang Heckl verspricht, dass das Museum währenddessen nie komplett schließen werde: „Es bleibt immer deutlich mehr zu sehen, als man an einem Tag bewältigen kann.“Derzeit können die Besucher nur einen Teil der Exponate besichtigen, die südliche Hälfte wurde geräumt. Publikumslieblinge wie der Flugsimulator oder das Kinderreich sind innerhalb des Museums umgezogen. Trotzdem sei die Besucherzahl konstant geblieben. 1,5 Millionen kommen jedes Jahr hierher – so viele wie in kein anderes deutsches Museum.
Bei den Politikern dagegen scheint das Deutsche Museum aus dem Blickfeld gerückt zu sein: Die Sanierung stand zuletzt vor zwei Jahren auf der Tagesordnung im Wissenschaftsausschuss des Landtags. Ebenso lange zurück liegt der letzte Besuch auf der Baustelle. Ist das Interesse an dem Mega-Projekt, das knapp eine halbe Milliarde Euro verschlingt, abgeebbt? Mit Blick auf die Vorgeschichte der Sanierung, würde das verwundern. Denn lange bevor die Bauarbeiter die Presslufthammer angelegt haben, stellten Politiker bohrende Fragen.
Rückblick ins Jahr 2010: Damals stellte das Museum den Masterplan für seine Zukunftsinitiative vor. Das Ausstellungsgebäude sollte in zwei Abschnitten kernsaniert, der Brandschutz verbessert und die Außenanlagen neugestaltet werden. Im leer stehenden Kongresssaal sollte ein „Forum der Zukunft“entstehen. Vor allem aber ging es darum, die in die Jahre gekommenen Ausstellungen zu modernisieren. Ein Museum der Naturwissenschaft und Technik könne es sich nicht länger erlauben, der Zeit hinterherzuhinken, hieß es.
Das Museum sammelte 45 Millionen Euro Spenden, 40 Millionen stammten aus eigenen Mitteln, Bund und Land machten je 180 Millionen locker. Wie sich Jahre später herausstellte, hatte das Museum seine Pläne voreilig verkündet.
In einem Schreiben an den Landtag wurde Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle 2014 deutlich: Die erste Kostenkalkulation des Museums habe sich auf grobe Annahmen statt auf Fakten gestützt. „Auch war allen Beteiligten bewusst, dass mit den vorhandenen Mitteln keine visionäre, umfassende Neugestaltung des Museums möglich ist.“Erst 2014 hätte das Museum eine konkretere Kostenschätzung vorgelegt. Auch diese Rechnung war „am unteren Rand angesiedelt“, urteilte die Oberste Baubehörde. Einfacher Standard sei möglich. Mehr nicht.
Das Museum stampfte die Pläne notgedrungen ein – für die angekündigte Komplettsanierung war nicht genug Geld da. Das Bibliotheksgebäude und der brachliegende Kongresssaal bleiben erst einmal außen vor. In den Saal zieht nun eine Mischung aus Szene-Gastronomie und Klub ein, Eröffnung ist in zwei Wochen. Elektrobeats im alt ehrwürdigen Deutschen Museum – für viele Münchner ein Armutszeugnis.
Ob das Geld am Ende reicht, um die 50 teils veralteten Ausstellungen im Deutschen Museum zu modernisieren und, wie geplant, 31 davon neu zu konzipieren, bleibt fraglich. 100 Millionen Euro sind dafür eingeplant. „Momentan reicht das Geld, überspitzt formuliert, für eine bessere Renovierung des Museums. Das ist weniger, als man sich gewünscht hätte“, sagt der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Landtag, Michael Piazolo.
Nichtsdestotrotz hat Museumschef Heckl bereits die nächsten Ziele im Blick: Er spricht von einer Zukunftsinitiative II. Eine Projektgruppe habe schon ein Konzept für ein „Forum der Zukunft“im Kongresssaal entworfen. Der Verwaltungsrat habe es „enthusiastisch“abgesegnet. Demnach sollen in ein paar Jahren in dem Saal wöchentlich wechselnde Veranstaltungen stattfinden, um mit dem raschen technischen Wandel Schritt zu halten. Auch Münchner Firmen, die Uni und Institute will das Museum einbeziehen. Bislang ist das nur eine Vision. „Wir müssen die Menschen jetzt erst mal dafür begeistern“, sagt Heckl. Wohl auch, um die Spendenbereitschaft aufrechtzuhalten.
Während der Museumsleiter Pläne schmiedet, haben seine Mitarbeiter den ersten Bauabschnitt leer geräumt – eine logistische Meisterleistung. Innerhalb von neun Monaten hat das Team rund 11000 Exponate verfrachtet. Schwertransporter haben Flugzeuge zur Flugwerft Schleißheim transportiert, wo Besucher sie weiter besichtigen können. Der Großteil der Exponate wurde in gemieteten Depots in ganz Bayern eingelagert. Zum Beispiel die Tegernseer Almhütte: „Sie wurde Schindel für Schindel zerlegt. Jedes Teil hat einen Barcode bekommen“, erzählt Museumssprecher Gerrit Faust. Teilweise müssten in den Lagern spezielle konservatorische Bedingungen