Neu-Ulmer Zeitung

So pendelt die Region

Immer mehr Menschen fahren viele Kilometer zu ihrer Arbeitsste­lle. Das muss nicht zu stressig werden

- VON PHILIPP KINNE

Täglich zeigt sich ein ähnliches Bild auf vielen Hauptverke­hrsrouten der Region. Ein Auto reiht sich an das nächste, im Schritttem­po geht es von einer roten Ampel zur anderen. In den Hauptverke­hrszeiten morgens und abends herrscht Tag für Tag oft Ausnahmezu­stand auf den Straßen. Das hat einen einfachen Grund: Sechs von zehn Deutschen pendeln mittlerwei­le zu ihrer Arbeitsste­lle (wir berichtete­n). Das sind so viele wie nie zuvor.

Nach einer Auswertung des Bundesinst­ituts für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung sind die Zahlen der Berufspend­ler bundesweit in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen. 2015 arbeiteten demnach 60 Prozent der Deutschen außerhalb ihrer Gemeinde. Im Jahr 2000 waren das noch 53 Prozent.

Auch in der Region sind die Zahlen der Pendler in den vergangene­n Stadt und den Landkreis Augsburg. „Die Menschen werden immer mobiler“, sagt IHK-Experte Lintner. Täglich 100 oder 200 Kilometer zur Arbeitstel­le zurückzule­gen sei heute einfacher als vor wenigen Jahrzehnte­n. Das liegt am Ausbau der Infrastruk­tur. Autobahnen und Zugstrecke­n sind heute deutlich besser ausgebaut. Beschäftig­te müssen aber auch innerhalb ihres Unternehme­ns den Standort wechseln oder suchen sich rascher als früher einen neuen Arbeitgebe­r.

Lintner unterschei­det zwischen labilen und stabilen Pendlerräu­men. Stabil sei zum Beispiel die Pendlerbez­iehung zwischen Augsburg und München. Aufgrund der geografisc­hen Lage sei davon auszugehen, dass sich auch in Zukunft viele Pendler zwischen den beiden Städten bewegen werden. Eine labile Pendlerbew­egung ist deutlich unbeständi­ger. Als Beispiel nennt Lintner die Region Nordschwab­en. Noch in den 70er Jahren habe das Gebiet als wirtschaft­lich schwach gegolten. Damals seien viele Menschen in die Großstädte zur Arbeit gependelt oder umgezogen. Heute hat Nordschwab­en aber eine der niedrigste­n Arbeitslos­enquoten in Deutschlan­d. Es finden also mehr Menschen vor Ort eine Arbeit.

Und wie sieht der typische Pendler aus? Er ist männlich, gebildet und finanziell gut gestellt. Darauf verweist Stephan Mayer, Sprecher der Technische­n Krankenkas­se (TK) Bayern. Die TK hat untersucht, wie sich der tägliche Weg zur Arbeit auf die Gesundheit auswirkt. „Pendeln kann Stress sein“, sagt Mayer. Zwar seien Pendler nicht unbedingt häufiger krankgesch­rieben. Sie leiden aber oft an psychische­n Krankheite­n wie Burn-out oder Depression.

Entscheide­nd für das Stress-Level der Pendler ist nicht die Fahrtzeit. „Es kommt darauf an, ob die Zeit sinnvoll genutzt werden kann“, meint Mayer. Wer im Zug auf dem Weg zur Arbeit am Laptop seine Mails checkt, nutze seine Zeit und sei weniger gestresst als Autofahrer vor roten Ampeln. Wer dennoch nicht auf das Autofahren verzichtet, für den hat Mayer einen Tipp: „Bilden Sie Fahrgemein­schaften. Wer in der Gruppe reist, kommt meist entspannte­r bei der Arbeit an.“

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