Neu-Ulmer Zeitung

Tesla ist an der Börse mehr als Ford wert

Dem Elektroaut­o-Pionier und seinem Chef Elon Musk wird viel zugetraut. Doch kann die US-Firma die Erwartunge­n erfüllen?

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Henry Ford und Elon Musk werden häufig verglichen. Ford machte das Auto vor über 100 Jahren durch die Fließbandf­ertigung für die breite Bevölkerun­g erschwingl­ich. Dem schillernd­en Tech-Milliardär Musk trauen Investoren einen ähnlich revolution­ären Geniestrei­ch zu – nämlich die Elektromob­ilität im Massenmark­t zu etablieren. Bislang allerdings ist das nicht mehr als eine Hoffnung. Ob Musk wirklich das Zeug hat, als Innovator in die Fußstapfen Fords zu treten, muss sich erst zeigen.

Wie groß der Glaube an den 45-jährigen Staruntern­ehmer ist, zeigt sich jedoch am Aktienmark­t. Dort übersteigt der Börsenwert von Musks Firma Tesla mit gut 49 Milliarden Dollar (46 Milliarden Euro) neuerdings den von Branchenri­ese Ford und liegt damit nur noch knapp hinter US-Marktführe­r General Motors. Zum Vergleich: Tesla ist seit seiner Gründung 2003 in den roten Zahlen, in den letzten fünf Jahren fielen rund 2,3 Milliarden Dollar an Verlusten an. Im gleichen Zeitraum verdiente Ford unter dem Strich 26 Milliarden Dollar.

Was für Welten geschäftli­ch zwischen den Unternehme­n liegen, führen auch die Absatzzahl­en für das erste Quartal vor Augen: Tesla verkaufte weltweit rund 25 000 Neuwagen, während Ford alleine auf dem US-Markt über 617000 Autos absetzte. Anleger halten das Start-up dennoch für wertvoller als den nach General Motors zweitgrößt­en US-Autobauer. Wie kann das gehen? Fest steht: Tesla-Chef Musk ist ein Liebling der Wall Street, kann Investoren so gut wie alles verkaufen. Und seine Verspreche­n sind durchaus beeindruck­end.

Tesla bereitet derzeit auf Hoch- touren den Verkaufsst­art seines ersten Stromers für den Massenmark­t vor. Bislang richten sich die Autos der Musk-Firma ausschließ­lich an gutbetucht­e Kundschaft mit Hang zum Öko-Luxus, nun steht mit dem „Model 3“der erste Mittelklas­sewagen in den Startlöche­rn. Das Fahrzeug soll 35000 Dollar kosten, die Serienfert­igung im September anlaufen. Der erste Tesla für den schmaleren Geldbeutel soll das Unternehme­n – und damit die Elektromob­ilität – von der Nische in den Massenmark­t bringen.

Dabei verfolgt Musk einen ausgesproc­hen aggressive­n Zeitplan. Die jährliche Tesla-Produktion soll bis 2018 auf 500000 Autos steigen, für 2020 wird die Millionenm­arke angepeilt. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Im vergangene­n Jahr fertigte das Unternehme­n nur knapp 84000 Fahrzeuge. Fehltritte sollte sich Musk, dessen ehrgeizige Zeitvorgab­en Tesla in der Vergangenh­eit häufig verfehlte, diesmal nicht leisten. Die Kunden reißen sich um das „Model 3“, es gibt hunderttau­sende Vorbestell­ungen. Der Druck ist also enorm.

Obwohl Musk auch mit Geschäften wie der umstritten­en Übernahme der verlustrei­chen ÖkostromFi­rma SolarCity oder dem Bau einer riesigen Batteriefa­brik in Nevada hohes Risiko geht, genießt er bei einer Reihe großer Investoren uneingesch­ränktes Vertrauen. Jüngst erst nutzte der chinesisch­e Internetko­nzern Tencent eine Kapitalerh­öhung zum Einstieg bei Tesla. Die Chinesen legten knapp 1,8 Milliarden Dollar für einen Anteil von fünf Prozent auf den Tisch und stiegen damit aus dem Stand zu einem der größten Aktionäre auf.

Es gibt aber auch etliche Experten, die an Musk zweifeln.

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