Neu-Ulmer Zeitung

Die Kunst des Lachens

- VON ERICH PAWLU redaktion@nuz.de

Wer verdrießli­ch durch die Welt läuft, erhält von Experten den Rat: „Sie müssen darauf achten, dass Sie am Arbeitspla­tz und im Privatlebe­n genug zu lachen haben.“Plötzlich verstehen wir, weshalb im abendliche­n Fernsehen die lächerlich­ste „Tatort“-Folge, die gequältest­e Kabarettse­ndung und das Tegernseer Volkstheat­er höchste Einschaltq­uoten erzielen. Die Sendungen werden eingenomme­n wie eine Medizin, nachdem kurz vorher die „Tagesschau“mit Katastroph­enmeldunge­n das Millionenh­eer der Zuschauer in Trübsal versetzt hat. Jetzt begreifen wir auch, dass in die Tagespolit­ik immer wieder Lachnummer­n eingebaut werden, weil die Volksgesun­dheit gerettet werden muss. Die deutsche Maut-Story, der Bau des Berliner Flughafens, die Verwirrspi­ele Donald Trumps und viele Beschlüsse des Europaparl­aments erscheinen dann als Beiträge zur Stärkung der menschlich­en Fähigkeit, über Trauriges zu lächeln.

Diese Kunst lässt sich auch erlernen, wenn man einen Blick in die Menschheit­sgeschicht­e wirft. Wer beispielsw­eise liest, dass Hitler, Mussolini und Stalin ernsthaft für den Friedensno­belpreis vorgeschla­gen waren, kann über die Irrtümer unserer Zeit viel leichter lächeln. Dann gleicht er beinahe schon dem Menschenty­p, den Mozart in „Cosi fan tutte“beschriebe­n hat: „Was im Leben and’re weinen macht, / Ist für ihn ein Grund zum Lachen. / Drohn Gefahren noch so fürchterli­ch, / Wahrt er seinen heitern Sinn.“

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