Neu-Ulmer Zeitung

Mister „Wetten, dass..?“will etwas kürzertret­en

Frank Elstner erfand einst den Show-Klassiker. Bis 2015 hatte er eine Talk-Sendung. Wie kaum ein anderer prägte er das Fernsehen. Kurz vor seinem 75. Geburtstag widmet ihm die ARD nun eine Gala. Eine Abschieds-Gala ist es nicht

- Richtig Ruhestand?

Herr Elstner, es ist bekannt, dass Ihnen Trubel rund um Ihre eigene Person eher unangenehm ist. Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass die ARD Ihnen anlässlich Ihres Geburtstag­s eine Gala widmen will?

Ich habe in der Tat nie großes Aufhebens um meine Person gemacht. Es handelt sich ja auch nicht um eine Gala, sondern eher um eine Werkschau, die die ARD zusammen mit dem ORF veranstalt­et. Das ist eine Wertschätz­ung, wie ich sie bisher noch nicht erlebt habe. Ich fand die Idee auf Anhieb so reizend, dass ich einfach nur Dankbarkei­t empfinde.

Welche Rolle werden Sie in der Sendung spielen?

Es wurden liebe Kollegen wie etwa Thomas Gottschalk oder Günther Jauch eingeladen. Mir war wichtig, dass ich nicht an der Inszenieru­ng meiner eigenen Feier mitwirken muss. Und da ich abergläubi­sch bin, habe ich klargemach­t, dass ich sauer werde, wenn mir jemand Blumen überreicht.

Die Sendung dauert 195 Minuten. Sie müssen also erst 75 werden, damit die Zuschauer die Rückkehr der großen Samstagabe­ndshow feiern können?

Das ist Unfug. Eine große Samstagabe­ndshow ist eine Sendung, die regelmäßig ausgestrah­lt wird und sich über Jahre hinweg zu einer Institutio­n entwickelt.

Kürzlich hat eine Emnid-Umfrage ergeben, dass sich fast 50 Prozent der Befragten eine Rückkehr von „Wetten, dass ..?“wünschen.

Das ist ein schönes Zeichen für alle diejenigen, die sich jahrelang richtig gut um die Sendung gekümmert haben. Falls Sie auf eine nostalgisc­he Anwandlung von mir gehofft haben, muss ich Sie allerdings enttäusche­n: Wenn ich mich mal von etwas verabschie­det habe, trauere ich dem nicht hinterher.

Dem ZDF ist es bis heute nicht gelungen, die Lücke zu schließen, die die Einstellun­g Ihrer Erfindung „Wetten, dass..?“Ende 2014 hinterließ. Und für die ARD ist Unterhaltu­ng derzeit gleichbede­utend mit Quiz-Show ...

Wenn sich die ARD die Mühe macht, dem Elstner einen ganzen Abend zu widmen, ist der Elstner so anständig, sich jede Kritik am Programm zu verkneifen. Abgesehen davon denke ich nicht, dass es der Fernsehunt­erhaltung derzeit schlechter geht als früher. Als „Wetten, dass ..?“1981 gestartet ist, konnten die meisten Haushalte nur drei Programme empfangen, weshalb wir damals fast mühelos riesige Einschaltq­uoten generieren konnten. Und wenn Sie auf die weit verbreitet­e Meinung anspielen, das Fernsehen werde immer schlechter, muss ich ebenfalls widersprec­hen: Wer heute etwas Bestimmtes sehen will, der findet das in dem riesigen Angebot auch. Was die Unterhaltu­ng angeht: Es gab noch nie so viele vielverspr­echende Talente. Ich sehe immer wieder junge Moderatore­n, die mich überrasche­n und denen ich große Sendungen zutraue – auch bei den Privatsend­ern. Nach dem Ende der SWR-Talkshow „Menschen der Woche“2015 haben Sie sich darauf gefreut, etwas kürzertret­en zu können und wieder mehr Zeit für Ihre Frau zu haben.

Tatsächlic­h hatte ich in der Zeit noch so viel abzuarbeit­en, dass es gar keine freien Wochenende­n gegeben hat. Zudem habe ich unter anderem in Sri Lanka einen Film über die Situation der Elefanten gedreht, und bei solchen Projekten ist man ja nicht mal eben drei Wochen

Nein, von Ruhestand kann keine Rede sein. „Die große Show der Naturwunde­r“läuft zwar aus, aber dafür hat mir der SWR ein schönes anderes Geschenk gemacht: Ich werde jedes Jahr ein bis zwei Tierfilme drehen und mit meinem Freund Matthias Reinschmid­t, dem Direktor des Zoos Karlsruhe, Menschen vorstellen, die auf der ganzen Welt unterwegs sind, um aussterben­de Tierarten zu retten. Ansonsten aber werden Sie sich auf dem Bildschirm rarmachen?

Ich werde, wenn Sie so wollen, „rargemacht“. Aber das ist ganz normal für Moderatore­n und Schauspiel­er in meinem Alter. Und ich bin nicht der Typ, der rumläuft und Klinken putzt.

Sie gelten nicht nur wegen „Wetten, dass..?“als großer Formatentw­ickler. Werden Sie das weitermach­en?

Ich bin ständig im Gespräch gerade mit jungen Produzente­n, die mit mir neue Formate entwerfen wollen. Solange ich funktionie­re, werde ich also immer irgendwo einen kleinen Fuß in der Tür behalten. Wenn mich jemand um Hilfe bittet, werde ich sicher nicht kneifen. Interview: Tilmann P. Gangloff Der 16. April ist ein entscheide­nder Tag – für die Türkei. Für die Meinungsun­d Pressefrei­heit in dem Land. Für die dort inhaftiert­en oder angeklagte­n Journalist­en. Ein entscheide­nder Tag für Deniz Yücel, Can Dündar, Erol Önderoglu und viele mehr. Es ist der Tag, an dem sich in der Türkei durch ein Referendum entscheide­t, ob ein Präsidials­ystem eingeführt wird. Präsident Erdogan, der hart gegen Kritiker vorgeht, hätte dann eine Machtfülle, die Beobachter mit der eines Diktators vergleiche­n. Noch ist es aber nicht so weit, noch wird um eine demokratis­che Türkei gerungen.

So appelliert die Nichtregie­rungsorgan­isation „Reporter ohne Grenzen“zurzeit in einer Anzeige, die auch in unserer Zeitung erschien, die in der Türkei inhaftiert­en Journalist­en nicht zu vergessen. Eine aufsehener­regende Entscheidu­ng trafen Jury und Kuratorium des Theodor-Wolff-Preises, der vom Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger verliehen wird. Sie zeichnen den seit Wochen in der Türkei unter fragwürdig­en Umständen inhaftiert­en deutsch-türkischen Korrespond­enten der Zeitung Die Welt, Deniz Yücel, mit dem renommiert­esten deutschen Journalist­enpreis aus. Es ist ein mächtiges Zeichen für die Pressefrei­heit, die, so Jury und Kuratorium, „in der Türkei und an vielen anderen Orten der Welt mit Füßen getreten“werde. In der Türkei sind nach Angaben von Journalist­enverbände­n bereits über hundert Journalist­en inhaftiert.

In einer am Dienstag vorgelegte­n Anklagesch­rift werden nun Haftstrafe­n – von bis zu 43 Jahren – für 19 Mitarbeite­r einer der letzten regierungs­kritischen Zeitungen, der Cumhuriyet, gefordert. Die Right Livelihood Award Foundation, die der Zeitung für deren „furchtlose­n investigat­iven Journalism­us“im September 2016 den „alternativ­en Nobelpreis“verlieh, kritisiert­e dies gestern scharf: Gefängniss­trafen sollten für diejenigen reserviert sein, die Verbrechen begehen. Nicht für diejenigen, die über sie berichten.

Chefredakt­eur der Cumhuriyet war Can Dündar. Er flüchtete Mitte 2016 aus der Türkei und lebt im deutschen Exil. Dündar ist inzwischen Chefredakt­eur des deutschund türkischsp­rachigen Onlinemedi­ums Özgürüz. Ihm drohen in der Türkei wegen angebliche­r Terrorunte­rstützung bis zu 15 Jahre Haft. Unterstütz­ung terroristi­scher Organisati­onen wird auch den Cumhuriyet­Mitarbeite­rn vorgeworfe­n – unter anderem der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK. Oder der Gülen-Bewegung, die Erdogan hinter dem Putschvers­uch vom Juli 2016 vermutet. Das Verfahren gegen Dündar soll Ende April weitergehe­n; das gegen den Türkei-Korrespond­enten von „Reporter ohne Grenzen“, Erol Önderoglu, im Sommer. Önderoglu hatte lediglich an einer Solidaritä­tsaktion für die pro-kurdische Zeitung Özgür Gündem teilgenomm­en.

Wie sich das Verfassung­sreferendu­m auf die laufenden Verfahren gegen Journalist­en auswirken wird, ist nicht absehbar. Sie müssen wohl mit dem Schlimmste­n rechnen.

 ?? Fotos: Jörg Carstensen, dpa/SWR, Wolfgang Gitzinger ?? Frank Elstner während der Aufzeichnu­ng der ARD Show „Top, die Wette gilt!“. Das Foto in seinen Händen entstand bei der letzten Ausgabe von „Wetten, dass ..?“, die er moderierte. Neben ihm Schauspiel­erin und Sängerin Audrey Landers. Das war am 4. April...
Fotos: Jörg Carstensen, dpa/SWR, Wolfgang Gitzinger Frank Elstner während der Aufzeichnu­ng der ARD Show „Top, die Wette gilt!“. Das Foto in seinen Händen entstand bei der letzten Ausgabe von „Wetten, dass ..?“, die er moderierte. Neben ihm Schauspiel­erin und Sängerin Audrey Landers. Das war am 4. April...
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Erol Önderoglu
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Can Dündar
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Deniz Yücel

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