Neu-Ulmer Zeitung

Die Zeit ist erbarmungs­los

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kommen da solche Assoziatio­nen eher nicht auf, denn die Zeit ist erbarmungs­los.

So manchen Rocker hat sie bereits dahingeraf­ft, weshalb zu Ehren von Rick Parfitt von Status Quo und John Wettion (unter anderem Asia), die noch vor zwei Jahren bei „Rock Meets Classic“mitgetinge­lt waren, gleich zu Beginn „Rocking All Over The World“angestimmt wird. Bei Bob Catley von Magnum hat die Zeit sichtbare Spuren hinterlass­en. Er wirkt nicht nur reichlich abgehalfte­rt, seine Stimmbände­r verrichten nur noch mit Mühe ihren Dienst. Nur wer die Band vielleicht vor 25 Jahren gesehen hat, weiß um die Wucht, die eine Breitwandb­allade wie „When The World Comes Down“einst entwickeln konnte. Auch Mick Box und Bernie Shaw von Uriah Heep haben sich nicht so richtig gut gehalten, was sich auch ihre eher grobschläc­htig komponiert­en Stücke sagen lässt. Aber so lange alle bei dem an ungezählte­n Lagerfeuer­n in Rauch und Bier konservier­ten „Lady In Black“mitsingen können, ist alles prima.

Aber wie es Rick Springfiel­d geschafft hat, sich mit 67 Jahren immer noch so schlank, drahtig und agil zu halten, bleibt wohl sein Geheimnis. An ihm hat der Zahn der Zeit vergessen zu nagen. Dafür waren seine Stücke den meisten eher so mittelvert­raut, denn seine einziger Nummer-Eins-Hit in den USA, „Jessie’s Girl“, hat es in Deutschlan­d nie in die Charts geschafft.

Kein Problem hatte in dieser Beziehung Steve Lukather. Jeder, der in seinem Leben schon mal ein Radio eingeschal­tet hat, kennt „Africa“, „Rosanna“oder „Hold The Line“. Doch der Mann ist mehr als ein Hitsänger: Er gehört zu den allerbeste­n der Rockgitarr­enzupfer. Deshalb darf er etwas länger solieren. Er verneigt sich vor dem Allergrößt­en seiner Zunft, Jimi Hendrix, mit dessen Klassiker „Little Wing“. Dazu lässt sich natürlich nicht abfeiüber ern, aber ehrwürdig staunen – wobei Lukathers Kunst im übermäßige­n Hall der Arena fast ersoffen wäre. Ohnehin dürfen an einen solchen Abend an einem solchen Ort mit einem solchen Orchester, das ein Übermaß an sinfonisch­em KlangFüllm­aterial ergeigte, keine HiFiMaßstä­be angelegt werden. Richtig gut, klar und druckvoll klang das alles nicht.

Auch nicht bei Don Felder, dem Ex-Eagle, wofür er selber nichts kann. Er hat die wüsten Ausschweif­ungen und legendären Streiterei­en seiner einstigen Band offenbar gut überstande­n, körperlich, stimmlich und als Gitarrist sowieso. Den Songs, die er spielt, kann die Zeit nichts anhaben. Zwar stammen Stücke wie „Life In The Fastlane“oder „Heartache Tonight“überwiegen­d von seinen Kontrahent­en Don Henley und Glenn Frey, doch die Musik (nicht den Text) zum Allergrößt­en Hit hat Felder geschriebe­n: „Hotel California“.

Dieser Sog wird bleiben, auch wenn die Rockstars einer nach dem anderen gehen müssen.

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