Der neue Jesus ist ein alter Bekannter
Zum lebendigen Kreuzweg erwartet die italienische Gemeinde Tausende Gläubige in Ulm und Neu-Ulm. Salvatore Tarantello stellt zum ersten Mal den Heiland dar – in einer anderen Rolle hat er schon Erfahrung
Jesus und seine Jünger tragen Jeans und T-Shirts. Denn die nach historischem Vorbild gefertigten Gewänder ziehen sie erst bei ihrem großen Auftritt an – dem lebendigen Kreuzweg durch Neu-Ulm und Ulm. Doch davon abgesehen, muss auch bei der Generalprobe alles sitzen. Ein Kreis aus Stühlen hat sich dazu im Gemeindesaal der Wengenkirche gebildet. Gegenüber dem Eingang steht eine lange Tafel. Darauf befinden sich ein runder Weißbrot-Laib und ein Glas Wasser. In den nächsten Stunden wird dort das Letzte Abendmahl nachgespielt. „Keine Armbänder, keine Brillen, kein Kaugummi und geraucht wird auch nicht“, so die Anweisungen von Nicola Albarino, dem Organisator des lebendigen Kreuzwegs. So viel Authentizität muss auch bei der Probe sein.
Bereits zum 14. Mal leitet Albarino die Regie der Veranstaltung, die am Karfreitag ab 18 Uhr Szenen aus dem Evangelium nachgespielt. Den Anfang macht die Fußwaschung, sie findet vor dem Neu-Ulmer Rathaus statt. Die Route führt dann weiter Richtung Ulm, um am Münsterplatz mit der Kreuzigung zu enden. Organisiert wird das Ganze von der italienischen Gemeinde. In den vergangenen Jahren nahmen zwischen 10000 und 20000 Zuschauer daran teil.
Doch von einem Spektakel mag Nicola Albarino nicht gerne sprechen. „Eher sehe ich es als eine kulturelle Veranstaltung mit religiösem Hintergrund“, sagt der 54-Jährige. Die 74 Darsteller sind zum großen Teil gebürtige Italiener. Doch auch zehn Deutsche wirken bei dem Kreuzweg mit. „Wir sind für alle offen. Auch ein Eritreer und ein Grieche haben mal mitgespielt“, erzählt der Veranstalter. Auch das Alter spielt keine Rolle: Der jüngste Darsteller ist vier, der älteste 83 Jahre. Allen Akteuren ist gemein, dass sie ihre Texte auswendig lernen müssen – auch wenn während des Kreuzweges eine Aufnahme des Sprechparts übertragen wird. „Die Akteure sprechen zwar die Dialoge bereits drei Wochen vor Karfreitag ein. Wenn sie ihre Texte aber auswendig können, dann wirkt es viel authentischer“, ist Albarino überzeugt.
An seinem Text lernt Salvatore Tarantello bereits seit November vergangenen Jahres. Er löst nämlich Marcello Catena als Jesus ab. „Nico Albarino hat mich bereits im November angesprochen, ob ich die Rolle übernehmen will. Seit Januar ist es nun fix“, erzählt Tarantello. Vergangenes Jahr war er noch einer der Verbrecher, die gemeinsam mit Jesus gekreuzigt wurden. „Man kann sagen, er ist einfach vom linken Kreuz zum mittleren gesprungen“, sagt Nicola Albarino und lacht. Doch so einfach ist es für den Maschineneinrichter Tarantello nicht. Neben der Arbeit müsse er sich körperlich fit halten und sich für die Kreuzweg-Proben vorbereiten – da kommen nicht nur Familie und Freunde zu kurz. „Am meisten musste wohl mein Hund zurückstecken, aber bald wird das Gassigehen nachgeholt“, sagt Jesus-Darsteller Tarantello.
Eine weitere Schlüsselrolle ist ebenfalls neu besetzt. Maria, die Mutter Jesus, wird dieses Jahr von Irene Casciaro verkörpert. Die Arzthelferin hat in den vergangenen drei Jahren schon die Rolle der Veronika übernommen. Trotz Bühnenerfahrung ist sie aufgeregt. Besonders die Szene, in der Maria ihr toter Sohn in den Schoß gelegt wird, sei sehr aufwühlend. „Durch die emotionale Musik bekomme ich dabei immer eine Gänsehaut“, sagt Casciaro.
Die Zuschauer dürfen hoffen, dass sie kein Frösteln von der Kälte bekommen. Vergangenes Jahr wäre der lebendige Kreuzweg beinahe wegen Regen ausgefallen. Doch die Darsteller waren sich einig: „Alle wollten, dass die aufwenigen Vorbereitungen nicht umsonst waren“, erzählt Albarino. Auch der 54-Jährige war froh um die Entscheidung. Denn er ist bereits seit September mit der Planung des Kreuzweges beschäftigt. Und wird das wohl auch in Zukunft sein. „Solange die Gesundheit mitmacht und es Leute gibt, die dabei mithelfen, solange will ich es auch machen.“ Gegen ein Auto ist ein Motorradfahrer am Dienstag in Ulm geprallt. Der 18-Jährige fuhr mit seinem Kraftrad gegen 15.20 Uhr auf der Blaubeurer Straße in Richtung Blaustein. An der Kreuzung zum Kuhbergring bremste vor ihm ein Audi stark ab, weil der Verkehr stockte. Der 18-Jährige erkannte die Situation laut Polizei zu spät und fuhr auf den Audi auf. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand. Es entstand jedoch Sachschaden in Höhe von etwa 2000 Euro. Den 18-Jährigen erwartet nun ein Bußgeld. (az)