Da hängt ein Tisch auf dem Flur
Eine neue Ausstellung hinterfragt das Verhältnis des Menschen zu den von ihm benutzten Gegenständen. Dabei geht es bisweilen ganz schön verrückt zu
Ein Tisch ist ein Tisch. Meistens vier Beine, eine Platte, gedacht zum Hinsetzen, Essen, Arbeiten, Diskutieren oder Kartenspielen. Ein Ding, gemacht, um benutzt zu werden. Was aber, wenn der Tisch plötzlich von der Decke baumelt, an einem Strick aufgehängt wie ein totes Tier? Dann ist die Gewissheit plötzlich weg, wir sehen das praktische Möbelstück mit anderen, aufmerksameren Augen. Der Tisch von Anna Kolodziejska hängt derzeit in „Das geheime Leben der Dinge“im Museum Villa Rot in Burgrieden-Rot (Landkreis Biberach). Eine Ausstellung, die das Verhältnis zwischen Objekt und Betrachter, zwischen Ding und Sinn auf intelligente und oft auch gewitzte Weise hinterfragt. Gleichzeitig ist sie der Einstand des neuen Museumsleiters Marco Hompes, der die Schau in nur sechs Wochen austüftelte.
Nicht bei allen Gegenständen ist die Funktion so leicht zu erkennen wie bei einem Tisch – zumindest für jemanden, der aus einer Kultur kommt, in der es Tische gibt. Anders ist es etwa bei den Zauberstäben von Antoanetta Marinov, die am Anfang der Ausstellung gezeigt werden. Bei denen handelt es sich nämlich um ganz gewöhnliche Holzstücke, die erst durch die Künstlerin zum magischen und damit wertvollen Objekt deklariert werden. Ein spielerisch-kindlicher Zugang, der Museumsleiter Hompes zufolge bei den bisherigen Führungen etliche Besucher irritierte. Denn nebenbei stellt sich auch um die Frage: Wie wird ein Ding zum Kunstwerk? Marcel Duchamp lässt grüßen.
Die baden-württembergische Künstlerin Anja Luithle geht einen anderen Weg: Ihre Objekte entwickeln ein seltsames Eigenleben. Da ist die Sammeltasse, in der sich der Löffel wie von Geisterhand bewegt, das rote Kleid, das zu zittern beginnt, wenn sich ein Betrachter nähert, oder die Krawatte, die immer länger wird, bis sie schließlich bis zum Boden herabhängt. Letzteres lässt sich als Kommentar auf die Welt der mächtigen (oder besser: potenten) Männer in ihren AnzugUniformen entschlüsseln. Auch in anderen Räumen des Museums scheinen die Gegenstände verrückt zu spielen: In einem „Analytischen Tagtraum“von Myriam Thyes verwandelt sich ein Fahrkarten-Entwerter in ein ticketfressendes Monster, Renate Koch macht aus einem schlichten Teppich mittels Motoren und dünnen Seilen eine elektrische Katze. Guido Weggenmann geht es eher um die Würde der Dinge: Er rettete eine ausgemusterte Bürste aus einer Waschanlage; auf einen Drehmotor montiert dreht diese nun als „Olga“stündlich Pirouetten in der Villa Rot.
Passend zum Thema ist die Objektkunst in der Ausstellung deutlich in der Mehrheit, die einzige malerische Position bieten die Zwillinge Maria und Natalia Petschatkinov, die auf Flohmärkten „Other People’s Things“fanden und malten.
Einem Künstler schenkte Hompes so viel Raum, dass seine Beiträge – trotz des unübersehbaren Bezugs zum Gesamtthema – in der geräumigen Kunsthalle als eigene Ausstellung deklariert wurden: Magnus Thierfelder. Der Schwede rückt scheinbar triviale Gegenstände und Ereignisse ins Zentrum: Er lässt unter anderem einen Hocker auf einem anderen balancieren, macht in „Spring“ein Loch in einer Wasserleitung zu einer scheinbar nie versiegenden Quelle. Und eine Zimmerpflanze hat sich aus dem Topf befreit und hängt an der Decke. Praktischer ist es, wenn die Dinge das sind, was sie sein sollen. Interessanter sind sie aber so. O
„Das geheime Leben der Dinge“läuft bis 2. Juli. Am Ostersonn tag führt Museumsleiter Marco Hompes um 14 Uhr durch die Schau. Am Oster montag findet ebenfalls um 14 Uhr eine Führung für Familien statt. Seit März wird das Hauptdepot des Heimatmuseums Weißenhorn einer grundlegenden Ertüchtigung unterzogen. Dazu muss nahezu der gesamte Bestand verpackt und ausgelagert werden. Dabei treten seit Langem im Verborgenen schlummernde Schätze zutage, von denen einige vorübergehend im Museum ausgestellt werden. Den Anfang macht eine Kollektion religiöser Kleinkunst mit Motiven rund um die Passion Christi. Ein Reisekreuzweg zählt dazu ebenso wie eine Reihe von Miniaturkruzifixen, die dem persönlichen Andachtsgebrauch dienten. Weiterhin enthält die Sammlung zahlreiche Andachtsbilder. Die Ausstellung ist von heute, Gründonnerstag bis Sonntag, 30. April, zu sehen. Das Museum hat an Karsamstag, Ostersonntag und zusätzlich Ostermontag jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Am Karfreitag ist das Haus geschlossen. (az) Auf seinem jüngsten Werk „Zeitgeist“verbindet das Axel Kühn Trio Jazz, Grunge-Rock, Pop und Weltmusik zu einem neuen Stil, den sie selbst „Grunge Jazz“nennen. Morgen, Karfreitag, treten Axel Kühn (Bass), Ull Möck (Piano) und Marcel Gustke (Drums) im Sauschdall auf. Der 1981 in Tübingen geborene Kühn – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Saxofonisten – wurde in seiner Karriere unter anderem mit dem Jazzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Einlass ist um 20 Uhr, Beginn um 21 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse. (az)