So reagiert die Natur auf die Kälte
Der Spätfrost macht Pflanzen und Tieren zu schaffen. Allergiker können aufatmen – vorerst
Pünktlich zu Ostern kam die Kälte. Während Sonnenanbeter und Gartenfreunde dem Blütenglück vergangener Tage nachtrauern, freuen sich Allergiker über wenig Pollenflug. Aber bleibt es dabei? Und welche Folgen hat der Frost für Insekten und Vögel? Experten erklären, wie die Natur reagiert.
Wie sehr leiden Blüten unter Frost?
Bäume und Pflanzen reagieren sehr unterschiedlich auf den Spätfrost. Nicht immer ist gleich der ganze Baum kaputt, wenn ein paar Blüten der Kälte zum Opfer fallen. Gerade Obstbäume leiden aber und es ist mit Ernteeinbußen zu rechnen.
Wie lange bleiben Allergiker jetzt von Pollenflug verschont?
Menschen, die auf Pollen von Birke oder Esche allergisch reagieren, profitieren sehr von der Wetterlage, sagt Christina Endler, Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes. „Niedrige Temperaturen und Schauer sorgen dafür, dass wenige Pollen freige- setzt werden.“Langfristig habe die Kälte auf den Pollenflug aber keine Auswirkungen, sagt Endler. „Die Birke kommt hauptsächlich in nordischen Ländern vor und ist frostresistent.“Gräserpollen, auf die hierzulande auch viele Menschen allergisch sind, kämen ebenso wenig zu Schaden. „Wenn es für den Pollenflug noch zu kalt ist, bleiben die Blüten einfach zu.“Die Entwicklung der Vegetation werde so zwar gehemmt, sagt die Meteorologin. „Aber sobald die Temperaturen steigen, sind wieder Pollen unterwegs.“Wie stark die Belastung tatsächlich ist, hängt mehr von der Witterung während der Flugzeit ab. Allerdings korrelieren Pollenanzahl und Allergiebelastung nicht immer, betont Endler: „Der entscheidende Faktor ist der Allergengehalt, der auch von der Witterung abhängt.“Wie genau er sich verändert, das erforschen derzeit Wissenschaftler der Uni Wien.
Wie gehen Bienen mit Frost um?
Kälte ist für Bienen in der Regel kein Problem, sagt Eckard Radke, der Präsident des Landesverbands Bayerischer Imker: „Wichtig ist nur, dass sie in ihrer Brutstätte ausreichend Nahrungsvorräte vorfinden.“Mit ihrer Flügelmuskulatur erzeugen sie Wärme und halten die Brut dauerhaft bei Temperaturen von etwa 35 Grad. „Gerade bei Minusgraden muss der Imker den Bienen Nahrung bieten“, sagt Radke. Ausfliegen würden Bienen nämlich erst ab 10 bis 15 Grad, ansonsten blieben sie lieber in ihrem Kasten. Sorgt ein Imker nur unzureichend für seine Bienen, könne es passieren, dass ein Volk stirbt, so der Experte. „Aber nicht, weil es erfriert, sondern weil es verhungert“, betont er.
Gibt es durch den Spätfrost weniger Mücken und Zecken?
Auf die Insektenpopulation haben die nächtlichen Minusgrade kaum Einfluss, sagt Marion Kotrba, Oberkonservatorin an der Zoologischen Staatssammlung in München. „ Spätfrost ist im April und Mai ganz normal. Die Mücken und Zecken sind daran angepasst.“Zwar würden die Insekten in ihrer Entwicklung und bei der Fortpflanzung enorm zurückgeworfen. „Beide Insektenarten kommen aber selbst bei strengem Winter lange ohne Nahrung aus, weil sie sich verkriechen und kaum bewegen.“
Bedroht die Kälte Vogelnester?
Solange die Temperaturen nur knapp unter null Grad fallen und tagsüber Plusgrade herrschen, sind die Gelege von Vögeln nicht gefährdet. Biologin Oda Wieding vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) sagt: „Wenn es nicht drei Tage Dauerfrost gibt und das Nest durchfriert, schützen sich die Tiere.“Um den Eiern von allen Seiten Nestwärme zu geben, drehen die Elterntiere ihr Gelege immer wieder um. Ein paar Nester könnten der Kälte dennoch zum Opfer fallen, sagt die Vogelschützerin: „Jungvögel, die zum ersten Mal brüten, sind unerfahren und tun sich schwer mit der Kälte.“
In Bayern wächst das Risiko, sich bei einem Zecken-Kontakt mit dem Erreger der Hirnhautentzündung (FSME) zu infizieren. Das gab die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml bekannt. Ihrer Behörde wurden im vergangenen Jahr 159 FSME-Fälle gemeldet – 31 mehr als 2015. Die Ministerin rief dazu auf, sich spätestens jetzt impfen zu lassen. Gerade wer sich in Wald und Flur bewegt, solle handeln.
„Von April bis Oktober ist die Gefahr, sich mit FSME zu infizieren, am größten. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Schutzimpfung“, sagte Huml. Dann griff die Ministerin, die Ärztin ist, zur Impfspritze und gab dem Präsidenten des Bayerischen Jagdverbandes, Jürgen Vocke, die schützende Dosis. Jener selbst riet davon ab, sich bei der Mittagspause im Park, während der Rast beim Wandern oder bei der Jagd auf den Boden zu setzen. Zecken fielen nicht vom Baum, sondern tummelten sich auf Gräsern. Wer verhindern wolle, dass Zecken auf die Haut gelangten, sollte seine Socken über die Hosenbeine ziehen oder Gummistiefel tragen, riet er.
Inzwischen gehören 83 der 96 bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte zu den vom RobertKoch-Institut deklarierten FSMERisikogebieten. In der Region sind die Landkreise Neu-Ulm, DonauRies, Aichach-Friedberg, NeuburgSchrobenhausen, das Unter-, Ostund Oberallgäu sowie der Landkreis Lindau von FSME betroffen. Seltener kommt der Erreger in Stadt und Landkreis Augsburg sowie in den Landkreisen Dillingen, Günzburg und Landsberg vor.
Wie Huml betont, ist eine FSMEErkrankung keine Lappalie. Mögliche Folgen seien Entzündungen von Hirnhaut, Gehirn oder Rückenmark. Von den 159 im vergangenen Jahr an FSME Erkrankten wurden 134 im Krankenhaus behandelt, einer starb. Zecken übertragen auch die Infektionskrankheit Lyme-Borreliose, die mit Antibiotika behandelt wird.