Horror zum Hören
Der Geisterjäger John Sinclair bekommt seinen zweiten Auftritt in der Podium-Bar – wieder als trashiges Live-Hörspiel. Wie das Format funktioniert und was die größte Herausforderung für die Mitwirkenden ist
Normalerweise ist Scotland Yard für die Verbrechensbekämpfung in Großbritannien zuständig. Wenn aber übernatürliche Kräfte am Werk sind, muss der beste Mann auch mal in die hessische Provinz reisen. Der Name: John Sinclair. Beruf: Geisterjäger. Der Oberinspektor bekommt es in Hessen nicht nur mit dieser bissigen Ausgeburt der Hölle, sondern auch mit bräsigen Beamten und pöbelnden Landwirten zu tun – und das vor versammeltem Publikum: „Der Mitternachtsvampir“hat am Samstag, 22. April, um 19.30 Uhr in der PodiumBar des Theaters Ulm Premiere – als Live-Hörspiel.
Die Köpfe hinter dem Projekt sind Fabian Gröver und Benjamin Künzel vom Theater Ulm, der eine Schauspieler, der andere Musiktheater-Dramaturg. Es ist bereits ihre zweite Produktion mit dem prominenten Geisterjäger. 2014 ließen sie schon „Die Satanszwerge von Sylt“auf die Ulmer los. Es war damals die erste Live-HörspielAufführung überhaupt in Ulm. Ihre gemeinsame Begeisterung für Sinclair entdeckten die beiden eher zufällig im Gespräch. Sowohl Künzel, Jahrgang 1978, als auch Gröver, Jahrgang 1974, gehören zur Generation der „Kassettenkinder“, die mit Hörspielserien wie „Die drei ???“, „TKKG“oder „John Sinclair“aufwuchs. „Er ist ein Idol meiner Jugend“, erinnert sich der Schauspieler. „Wenn einer aus unserer Clique 7,50 Mark übrig hatte, ist er in den Schallplattenladen gegangen und hat eine neue Folge gekauft.“
Es geht dabei nicht um die einigermaßen aufwendigen und beinahe ernst zu nehmenden GeisterjägerHörspiele der Gegenwart, sondern die inzwischen als Klassiker gehandelten Episoden, die zwischen 1981 und 1991 vom Tonstudio Braun produziert wurden. Aus heutiger Sicht sind weder diese noch die zugrunde liegenden Groschenromane des Autors Jason Dark (eigentlich Helmut Rellergerd aus Altena im Sauerland) zeitgemäß. Sinclair ist ein grenzpeinlicher Macho, fast alle Frauen sind hilflose Fräuleins, die Sprache ungelenk und das Tempo ziemlich gemächlich. „Die Folgen sind voller unfreiwilliger Komik“, von dem 2016 verstorbenen JörgHeinrich Benthien verkörpert. „Ich habe lange überlegt; aber dass ich die Rolle nun selbst spreche, ist meine Art, mich vor ihm zu verneigen.“Ebenfalls nicht mehr dabei ist Sibylle Schleicher, deren Vertrag am Theater Ulm 2015 nicht verlängert wurde. Ebenfalls ein Verlust, sagt Gröver: Schleicher wirkte als Sprecherin an einigen der Original-Hörspiele mit. Dafür hat ein anderer Schauspieler seinen allerersten Auftritt in Ulm: Stefan Maaß, der als Nachfolger von Maximilian Wigger-Suttner zum Ensemble gestoßen ist. „Er war für uns in der Vorbereitung die große Unbekannte. Aber auch er ist ein Freund des schlechten Geschmacks“, lobt Gröver.
Aus Sicht des Autors spricht jedenfalls vieles dafür, dass der Abend für Zuschauer wie Beteiligte ein Vergnügen wird. So wie schon „Die Satanszwerge von Sylt“. Die bisherigen Probedurchläufe seien allesamt „ein Fest“gewesen, verrät Gröver. Die größte Herausforderung für die Schauspieler: nicht selbst loszuprusten. O
Karten an der Theater kasse, Telefon 0731/161 4444, bei Traffiti im Service Center Neue Mitte oder online unter theater.ulm.de