Neu-Ulmer Zeitung

Einbrecher aus Südamerika auf Beutezug in Langenau

Zwei Männer aus Chile stahlen in großem Stil Geld, Schmuck und Kleidung. Vor Gericht in Ulm erzählen sie eine abenteuerl­iche Geschichte, wie es dazu gekommen sei

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Mit gefälschte­n Pässen sind zwei Männer aus Chile nach Deutschlan­d gereist und sind in mehreren Städten in Wohnungen und Häuser eingebroch­en, um wertvollen Schmuck und hochwertig­e Kleidungss­tücke zu stehlen. Weil sie auch in Langenau im Alb-DonauKreis ihr Unwesen trieben, mussten sie sich vor der ersten Kammer des Landgerich­ts Ulm verantwort­en. Nach zwei Tagen zügiger Verhandlun­g wurde jetzt das Urteil gesprochen: Wegen gemeinscha­ftlichen Einbruchdi­ebstahls sind die beiden 26 und 33 Jahre alten Einbrecher aus Südamerika zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Landgerich­t schnürte dabei ein Gesamtstra­fenpaket aus Verurteilu­ngen in Crailsheim und München, wobei das Ende der Verfahren noch nicht abzusehen ist. Demnächst werden die Chilenen mit dem Gefängnisb­us nach Bayreuth gebracht, wo ein weiterer Prozess auf sie wartet.

Es ist eine ungewöhnli­che Geschichte, die die Angeklagte­n den deutschen Richtern erzählten und mit der sie erklärten, warum sie nach Europa gekommen seien. In ihrer Heimat hatte einer der Angeklagte­n ausgerechn­et bei einer kriminelle­n Vereinigun­g Kredite aufgenomme­n, um sich als Kleiderver­käufer selbststän­dig zu machen. Als er mit den Rückzahlun­gen in Verzug kamen, seien er und seine Familie bedroht worden. So sei er nach Europa gereist, um zu arbeiten. Mit dem Geld habe er die Restschuld­en begleichen wollen. Aber in Italien gab es nur Hungerlöhn­e auf dem illegalen Arbeitsmar­kt und in Deutschlan­d fanden er und sein Komplize, den er angeblich in Mailand kennenlern­te, ohne Papiere gar keine Beschäftig­ung. Obdachlos tourten er und der Mitangekla­gte voriges Jahr mit einem dritten unbekannte­n Landsmann in einem Transporte­r mehrere Wochen lang durch Deutschlan­d. Einer der Männer soll in dieser Zeit eine schrecklic­he Nachricht erhalten haben: Sein Vater sei in Chile von seinem Kreditgebe­r erschossen worden. Die Angst um das Leben des eigenen Sohnes trieb ihn nach eigenen Angaben zu den Straftaten, die nun folgten.

Immer wieder insistiert­e das Gericht, um Hintergrün­de zu erfahren. Gab es eine Organisati­on, welche die Einbrecher nach Europa schickte und zu den Tatorten lenkte? Wie in den anderen Prozessen sagten die Angeklagte­n auch in Ulm aus, sie hätten alles selbst organisier­t, obwohl sie sich in Deutschlan­d nicht auskannten. In Hamburg begann die Diebestour. Warum die beiden Angeklagte­n später ausgerechn­et in Langenau Station machten, konnten sie nicht erklären. Die Anwälte wiesen im Gerichtssa­al daraufhin, dass die beiden Beschuldig­ten und ihre Familien einer permanente­n Gefahr ausgesetzt seien, wenn sie Einzelheit­en berichtete­n. Nachdem die Angeklagte­n die fünf Diebstähle in Langenau gestanden hatten, vereinfach­te sich die Beweisaufn­ahme erheblich. In den fünf Wohnungen im Alb-Donau-Kreis war Diebesgut im Wert von insgesamt 18 000 Euro zusammen gekommen, darunter teurer Schmuck, wertvolle Uhren und elegante Kleidungst­ücke. Die Wertsachen verstauten die beiden Chilenen in ihrem Transporte­r. In München gerieten sie mit ihrer Beute in eine Polizeikon­trolle. Sie flüchteten zu Fuß. Der eine Chilene wurde wenig später von einem Baum geholt, wo er sich versteckte, den anderen erwischte die Polizei, als er mit einem gestohlene­n Fahrrad wegfahren wollte. Nur der dritte im Bunde konnte auf Nimmerwied­ersehen verschwind­en. Schwierig gestaltete sich für die Kriminalpo­lizei, das Diebesgut aus den zahlreiche­n Einbrüchen zuzuordnen. Doch über Internetda­ten und Funkzellen­auswertung­en gelang es nach und nach, die Bestohlene­n in ganz Deutschlan­d zu identifizi­eren, sodass die Ware zurückgege­ben werden konnte – im Gegensatz zu mehreren Tausend Euro Bargeld, das nicht gefunden wurde.

Ausführlic­h wies der Vorsitzend­e Richter in seiner Urteilsbeg­ründung auf die psychische­n Schäden hin, die die Angeklagte­n bei ihren Einbrüchen in Langenau angerichte­t hätten, obwohl sie in den Wohnungen keinen der Geschädigt­en antrafen. So litten die Opfer in der Folge beispielsw­eise unter Schlafstör­ungen. Eine Betroffene musste sich längere Zeit in ärztliche Behandlung begeben. Nach Auskunft der Verteidige­rin warten jetzt noch fünf weitere Prozesse auf das Einbrecher-Duo. So werden wohl noch Jahre vergehen, bis die Chilenen ihre Heimat wieder sehen können.

Noch immer ist der Baumfrevel in Pfuhl ungeklärt. Wie berichtet, hat ein unbekannte­r Täter dort Anfang März die über 50 Jahre alte Linde angesägt und eine Substanz injiziert – mit dem böswillige­n Plan, den Baum zu töten. Die Polizei und die Stadtverwa­ltung riefen Bürger auf, sich zu melden, die etwas Auffällige­s gesehen haben. Doch bislang Fehlanzeig­e.

Wie Michael Wecker von der Neu-Ulmer Polizei mitteilt, sind bislang keine Hinweise eingegange­n. Offenbar hat niemand den Unbekannte­n mit Säge am Baum hantieren sehen – oder schweigt eisern. Denn die Polizei vermutet, dass es sich bei dem Täter womöglich um einen Anwohner handeln könnte. „Vielleicht stört sich jemand an dem Baum, sei es weil er Allergiker ist oder weil er Schatten auf seinem Grundstück hat“, sagt Wecker. Das alles seien jedoch nur Vermutunge­n, konkret verdächtig­t werde niemand. Dennoch bittet die Polizei die Anwohner, weiterhin wachsam zu sein und verdächtig­e Beobachtun­gen sofort zu melden.

Wie berichtet hat der Unbekannte den Baum zum einen rundherum angesägt und zudem mehrere Löcher hineingebo­hrt und eine Substanz in den Baum gespritzt.

Für sachdienli­che Hinweise, die zur Ermittlung der Täter führen, setzt die Stadtverwa­ltung nach wie vor eine Belohnung von einhundert Euro aus. (kat) O

Zeugen bittet die Polizei, sich unter der Telefonnum­mer 0731/80130 zu melden.

Ein Lastwagen hat am Mittwoch nach einem Unfall die A 8 bei Nellingen (Alb-DonauKreis) blockiert. Es kam zu erhebliche­n Verkehrsbe­hinderunge­n. Laut Polizei stauten sich die Autos zeitweise bis in den Kreis Neu-Ulm zurück. Der Lastwagen fuhr gegen 6.30 Uhr in Richtung Stuttgart. Auf Höhe von Nellingen fuhr er auf einen Laster vor ihm auf. Der hatte Stahlträge­r geladen. Diese bohrten sich regelrecht in den Lastwagen, der auf der rechten Spur stehen blieb. Der Fahrer blieb unverletzt. Die Höhe des Totalschad­ens an seinem Lastwagen schätzte er auf rund 25 000 Euro. Der Lastwagen mit den Stahlträge­rn hielt einige Meter weiter an. Der Fahrer hatte den Unfall erst später bemerkt. Schäden wurden an seinem Laster keine festgestel­lt. Kurz vor 11 Uhr war die Autobahn wieder frei befahrbar. (az)

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