Neu-Ulmer Zeitung

Roboter sollen Arbeit schaffen, nicht Jobs zerstören

Die Digitalisi­erung schreitet weiter voran, bei Banken, im Handel und in den Fabriken. Dafür müssen die richtigen Weichen gestellt werden

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger allgemeine.de

Die Digitalisi­erung lässt sich nicht aufhalten. Dafür genügt ein Blick auf die Straße. Wer ist heute nicht mit seinem Smartphone unterwegs? Die gleiche Entwicklun­g findet in der Industrie statt, wo viele deutsche Arbeitnehm­er tätig sind. Gerade Schwaben gilt als industries­tarke Region. Auf der Hannover Messe – der weltgrößte­n Industries­chau – lässt sich bereits beobachten, was die Zukunft bringt. Roboter arbeiten hier mit dem Menschen Hand in Hand. Und die Unmengen an Daten aus der Fabrik sollen genutzt werden, um die Produktion zu verbessern. Bald könnten Roboter von selbst lernen. Das alles muss kein Schaden sein. Es muss aber gelingen, dass Roboter Arbeit schaffen, statt sie zu zerstören.

Digitalisi­erung und Automatisi­erung rufen auch Ängste hervor. Läuft das alles nicht zu schnell für Beschäftig­te? Sind Jobs bedroht? Ein bekanntes Beispiel ist die Firma Kodak, die einmal 145000 Mitarbeite­r zählte. Nach dem Siegeszug des digitalen Fotografie­rens blieben 2014 noch 7000. Vor einiger Zeit erschreckt­en Studien mit der Prognose, dass die Digitalisi­erung in Deutschlan­d jeden zweiten Job bedroht. Geldautoma­ten und OnlineBank­ing setzen bereits den Banken zu. Selbstfahr­ende Autos könnten bald Taxifahrer überflüssi­g machen und Roboter die Arbeit in der Logistik und der Industrie übernehmen. Was ist davon zu halten?

Bisher ist das Gegenteil eingetrete­n. Die apokalypti­sche Vision des Verlusts von Millionen Arbeitsplä­tzen ist nicht Realität geworden. Die deutsche Industrie rechnet vielmehr mit 500 000 neuen Jobs in Deutschlan­d – allein in diesem Jahr. Wir stellen genau die Maschinen her, nach denen die Welt verlangt – sei es bei Kuka in Augsburg, sei es bei Grob in Mindelheim.

Bei Facebook, Google oder Amazon, die sich direkt an die Endkunden richten, haben die USA zwar längst die Nase vorne, nicht aber in der Produktion. So poltert US-Präsident Trump neidisch gegen deutsche Exportüber­schüsse. Das deutsche Silicon Valley muss deshalb in der Industrie stattfinde­n – in der Vernetzung der Maschinen in den Fabriken.

Die Automatisi­erung hat auch Vorteile für Deutschlan­d. Roboter und Maschinen ermögliche­n eine hohe Produktivi­tät und gute Löhne. In Polen zum Beispiel liegt der Durchschni­ttslohn bei nur 900 Euro. Dort ist das Ausmaß an Handarbeit noch viel größer. Die Mitarbeite­r in den deutschen Werken von BMW oder Daimler stören die Roboter in der Fabrik sicher nicht. Die Beschäftig­ten erhalten dieses Jahr Boni von mehreren tausend Euro. Roboter zu besteuern und zurück zur Handarbeit zu gehen, ist für sie sicher keine Option. Damit die Digitalisi­erung Nutzen bringt und Jobs schafft statt zerstört, müssen aber die Voraussetz­ungen stimmen.

An Bildung führt kein Weg vorbei. Nicht jeder muss in Zukunft Software-Entwickler werden. Durch kluge Software kann die Arbeit in der Fabrik sogar leichter werden. Viele Programme lassen sich intuitiv wie ein Smartphone bedienen. Ohne Grundkennt­nisse zum Beispiel in Mathematik geht es aber auch dann nicht. Dass noch immer einige junge Leute ohne Abschluss von der Schule gehen, kann sich Deutschlan­d nicht leisten.

Zudem muss die Infrastruk­tur zur digitalen Welt passen. Investitio­nen in das schnelle Internet werden zur Voraussetz­ung, um viele der neuen Anwendunge­n überhaupt für mittelstän­dische Unternehme­n auf dem Land nutzbar zu machen. Deutschlan­d sollte auch Forschung und Entwicklun­g fördern.

Zuletzt aber hat die Industrie selbst eine Aufgabe zu erledigen: Sie muss die Mitarbeite­r auf dem Weg des digitalen Wandels mitnehmen und ihnen Sorgen nehmen. Nur dann wächst auch Kreativitä­t. Zu „AfD schickt Frauke Petry ins politi sche Abseits“(Seite 1) und zu „Die De mütigung der Frauke Petry“(Politik) vom 24. April: Vielleicht ist es gut, dass die AfD Frauke Petry die Gefolgscha­ft verweigert hat. Somit wird noch klarer, dass diese Partei sich eindeutig rechtsnati­onal positionie­rt. Die Sprache wird immer radikaler, das Programm menschenfe­indlicher. Die AfD ist mehr noch als früher keine Alternativ­e für Deutschlan­d. Das heißt nicht, dass die etablierte­n Parteien alles richtig machen und die bisherige Zuwanderun­gspolitik nicht überdacht und korrigiert werden muss, was ja auch schon begonnen hat. Es lohnt sich auch, das AfD-Wahlprogra­mm genauer anzuschaue­n. Hier werden unter anderem Frauenrech­te infrage gestellt, die in den letzten Jahrzehnte­n erkämpft wurden. Alleinerzi­ehend als „Ausdruck eines Scheiterns eines Lebensentw­urfs“zu bezeichnen, Unterstütz­ung zu verweigern und damit auch diese Kinder zu diskrimini­eren und auszugrenz­en, ist unglaublic­h. Das alles hatten wir Gott sei dank hinter uns. Dasselbe gilt für die Forderung einer „Meldepflic­ht bei Abtreibung­en“(die ja deutlich weniger werden). Besinnen wir uns auf demokratis­che Werte und akzeptiere­n weiterhin unterschie­dliche Lebensentw­ürfe. Füssen Zum selben Thema: Sie zitieren: „Eine vorbehaltl­ose Förderung Alleinerzi­ehender ist falsch.“Sie suggeriere­n dem Leser, die AfD betreibe eine Politik gegen Alleinerzi­ehende. Weil ich Halbund Unwahrheit­en leid bin, habe ich mir das aktuelle Programm der AfD besorgt. Auf Seite 86 von 190 steht in Punkt 6.6: „Die AfD strebt eine stärkere Anerkennun­g der Leistung von Eltern im Steuer-, Sozialvers.und Rentenrech­t an. Dadurch werden neben den zusammenle­benden Familien auch Alleinerzi­ehende und Unterhalts­zahlende besser vor Armut geschützt.“Schlampere­i? Als journalist­ischer Laie kann ich nur staunen.

Königsbrun­n Zu „Immer mehr Flüchtling­e tatverdäch tig“(Politik) vom 24. April: Es war zu befürchten, dass die vielen jugendlich­en Flüchtling­e, die allein und ohne soziale Bindungen hier leben, die Kriminalst­atistik erheblich belasten. All die im Artikel genannten Straftaten sind typisch für entwurzelt­e junge Männer ohne Bildung und Ausbildung, ohne Zukunftspe­rspektive. Die politische Führung hat viel zu spät dieses gefährlich­e Phänomen erkannt und trägt dazu bei, dass ein immer größerer Teil der Menschen im Lande populistis­ch wählt und sich vom „System“abwendet.

Durach Zu „Das kleine Diesel Wunder“(Seite 1) vom 24. April: Zum Glück gibt es noch Menschen, die sich von den manipulier­enden Vorgaben der Industrie und des Handels klar distanzier­en. Sie haben es begriffen, dass des Öfteren der Umweltschu­tz als Überschrif­t verwendet wird, um Geschäftsi­deen und Gewinnopti­mierungsab­sichten an den Mann oder die Frau zu bringen. Für den Umweltschu­tz wird effektiv nichts geleistet. Vergleiche­n wir z. B. nur den Energiever­brauch eines Mittelklas­seautos aus der Sichtweise der eingesetzt­en Energiemen­ge für eine Autofahrt pro 100 Kilometer, zeigt sich, dass ein Diesel circa 55 Kilowattst­unden und ein Benziner circa 80 benötigt. Dieser Mehrverbra­uch an Primärener­gie bedeutet für die Umwelt bestimmt keine Verbesseru­ng. Wir könnten diese Diskussion mit zahlreiche­n Beispielen fortsetzen.

Dillingen Zu „Ja zu Erdogan als Protest gegen deut sche Politik?“(Seite 1) vom 19. April: Der Vorsitzend­e der Türkischen Gemeinde in Deutschlan­d führt das Ergebnis auf ein Gefühl der Ausgrenzun­g zurück. Dem widersprec­he ich. Fast 35 Jahre war ich Berufsschu­llehrer und habe in dieser Zeit viele wissbegier­ige türkische Schüler unterricht­et. Diese jungen Menschen wurden von deutschen Firmen oft hervorrage­nd ausgebilde­t und nicht ausgegrenz­t. Wenn mir dann diese Schüler von familiären Zuständen berichtet haben, dass die Mutter nach fast 40 Jahren Leben in Deutschlan­d ihrem Sohn einen Einkaufsze­ttel in türkischer Sprache gibt und sie selbst „ein Leben zwischen Küche, Wohn- und Schlafzimm­er führt“, frage ich mich, ob da nicht eher mangelnder Integratio­nswille als Ausgrenzun­g die Ursache ist. Dabei ist es unerheblic­h, ob die Frau eine selbst auferlegte „Isolation“gewählt hat oder dies aus pseudoreli­giösen Gründen mit sich geschehen ließ…

Glött

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Zeichnung: Calleri
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