Neu-Ulmer Zeitung

Die Strategie der Marine Le Pen

Die Rechtspopu­listin hat nach Umfragen gegen Macron kaum eine Chance. Doch es wäre falsch, die 49-Jährige zu unterschät­zen. Denn ihre Partei ist auf dem Vormarsch

- VON SIMON KAMINSKI

Fast könnte man glauben, ein ungeheurer Meteorit hat Europa am Sonntag nur knapp verfehlt. So groß war die Erleichter­ung bei vielen Staatschef­s und Kommentato­ren in Presse, TV und Internet nach der ersten Runde der französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en. Und es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen: Marine Le Pen geht nicht von der Polepositi­on aus in die Stichwahl am 7. März. Zudem tritt sie nicht gegen den Linksaußen und Europafein­d Jean-Luc Mélenchon an, sondern gegen Emmanuel Macron. Ein Mann also, den man – zumindest, wenn man seine oft etwas nebulösen programmat­ischen Äußerungen heranzieht – nach deutschen Maßstäben am ehesten in die soziallibe­rale Schublade stecken würde.

Allerdings kann man die Ergebnisse vom Wahlsonnta­g auch ganz anders lesen. Zwar konnte Le Pen ihre Enttäuschu­ng darüber, dass lerdings nur, solange ausschließ­lich andere gesellscha­ftliche Gruppen ihre Schattense­iten zu spüren bekommen. Kommt es anders, gehen Hunderttau­sende auf die Straße – bis die jeweilige Regierung einen Rückzieher macht. Diese Einstellun­g macht sich Le Pen flexibel „wie ein Chamäleon“zunutze – so beschreibt es Kuchenbeck­er.

Das zeigt Wirkung: Bei den Europawahl­en 2014 wurde der FN mit fast 35 Prozent stärkste Partei – bei den Regionalwa­hlen 2015 lag der FN im ersten Wahlgang mit fast 28 Prozent ebenfalls vorne. Le Pens Strategie ist also erfolgreic­h – zumindest, solange die 49-Jährige nicht ihrerseits Lösungen anbieten muss.

Lösungen, die der 39-jährige Macron, falls er die Stichwahl gewinnt, liefern müsste. Sein Team sucht seit Wochen hinter den Kulissen fieberhaft nach vorzeigbar­en WahlkreisK­andidaten für die im Juni folgenden Parlaments­wahlen. Auch hier gilt das

Von allen populistis­chen Wahlkampfv­ersprechen Donald Trumps ist der Bau einer Mauer an der US-Grenze zu Mexiko das bekanntest­e. Noch vor wenigen Tagen forderte der Präsident den raschen Baubeginn des Walls, der nach seinen Worten unerwünsch­te Einwandere­r und Drogen aus Amerika fernhalten soll. Doch nun hat der 70-Jährige eine jähe Kehrtwende eingeleite­t – jetzt hält er den sofortigen Mauerbau nicht mehr für so wichtig.

Mehr als 20 Milliarden Dollar soll die Mauer kosten, die nach Trumps Verspreche­n am Ende von Mexiko bezahlt werden wird. Zuerst sollen allerdings die US-Steuerzahl­er in Vorleistun­g gehen. Mit der Forderung nach 1,4 Milliarden Dollar an frischen Haushaltsm­itteln für den Baubeginn zog Trump Anfang der Woche in die Verhandlun­gen über ein Übergangsb­udget, das bis zum Freitag dieser Woche stehen muss. Das Problem für Trump liegt darin, dass seine Republikan­er im Senat nur über eine Mehrheit von 52 zu 48 Stimmen verfügen, für den Übergangsh­aushalt aber mindestens 60 Stimmen und damit die Mitarbeit der Demokraten brauchen. Und die lehnen Trumps Mauer strikt ab. Auch einige Republikan­er aus Wahlkreise­n an der mexikanisc­hen Grenze sind gegen das Projekt.

Im Kongress drängt die Zeit: Am 28. April geht dem Staat das Geld aus. Wenn sich die Politiker nicht auf ein Übergangsb­udget einigen, tritt eine Haushaltss­perre in Kraft, die bereits am Wochenende zur Schließung von Bundesbehö­rden, Museen und Nationalpa­rks führen würde – just zu dem Zeitpunkt, an dem Trump seinen 100. Tag im Amt feiert. Das wäre peinlich für einen Mann, der angetreten ist, die USA wieder „groß“zu machen.

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Foto: Joel Saget, afp Was plant Marine Le Pen, wenn sie die Stichwahl am 7. März verliert? Es gilt als wahrschein­lich, dass sie auf einen Sieg in fünf Jahren setzt.
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Foto: Watson, afp Hat Donald Trump wirklich die Absicht, eine Mauer zu bauen?

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