Neu-Ulmer Zeitung

Trump ist zum Politiker geworden. Nicht sehr erfolgreic­h

Der US-Präsident hat sich in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit bemüht, Wahlverspr­echen einzulösen. Doch gelungen ist wenig. Ein Staat ist keine Firma

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Wahlkämpfe­r benutzen gerne Feindbilde­r. Aber kaum einer trieb es so bunt wie Donald Trump: Er stellte die Mexikaner an den Pranger, die Nato, ausländisc­he Firmen, Hillary Clinton, die Medien, die politische Korrekthei­t – und immer wieder „die politische Klasse“. Noch in seiner Antrittsre­de sprach er voller Abscheu von dem Washington­er Klüngel, der angeblich nur seine eigenen Interessen kennt und das Land aussaugt. Seit 100 Tagen gehört er jetzt selbst dazu. Wie hat sich der politische Quereinste­iger seither verändert?

Zweifellos ist Trump als Präsident nicht mehr der Rüpel, der er zu Wahlkampfz­eiten war. Aber das Amt hat ihn bisher auch nicht, wie das manche erhofft hatten, zum Musterbild eines seriösen Präsidente­n geformt. Im Umfeld von Trump geistern immer noch obskure Berater umher, werden „Fake News“, also Lügen, verbreitet. Er selbst macht weiter große Sprüche und unterhält die Welt mit oft seltsamen Twitter-Botschafte­n, während er in Sachfragen schwankt wie ein Bäumchen im Wind. Die Nato ist obsolet? Nein, Trump findet sie inzwischen gut. Amerika ist kein Weltpolizi­st mehr? Nein, Trump lässt einen Stützpunkt der syrischen Streitkräf­te bombardier­en, nachdem mutmaßlich das Assad-Regime Giftgas eingesetzt hat.

Man muss dem neuen Präsidente­n zugestehen, dass er versucht, Wahlverspr­echen umzusetzen. Diese sind zwar teilweise höchst fragwürdig und zeugen von gnadenlose­m Populismus. Aber immerhin bemüht er sich, seine Wähler nicht zu enttäusche­n.

Gelungen ist bisher wenig. Trump unterzeich­net zwar fleißig Dekrete, zum Beispiel um Einreiseve­rbote für Bürger mehrerer muslimisch­er Staaten zu verhängen. Allerdings widersprec­hen diese der Verfassung und werden von Bundesrich­tern gestoppt. Er versucht auch, wie versproche­n, die von seinem Vorgänger eingeführt­e Krankenver­sicherung „Obamacare“abzuschaff­en. Mit seinem Alternativ­modell kann er aber nicht einmal alle republikan­ischen Abgeordnet­en überzeugen. Und auch mit der Mauer an der mexikanisc­hen Grenze, die Mexiko bezahlen soll, kommt Trump nicht voran: Der Senat bewilligt kein Geld, um das von vielen als sinnlos bezeichnet­e Projekt vorzufinan­zieren. Auf die unzähligen neuen Jobs, die Trump versprach, warten die Amerikaner bisher vergebens. Vollzogen ist der Ausstieg aus dem Transpazif­ischen Handelsabk­ommen. Ob er die geplante große Steuerrefo­rm durchbekom­mt, ist noch unklar.

Der Immobilien-Mogul musste lernen, dass man einen Staat nicht wie eine Firma führen kann. Das liegt daran, dass Politiker nicht ihr eigenes Geld, sondern das der Steuerzahl­er ausgeben. Und daran, dass in der Demokratie der Präsident kein Alleinherr­scher ist. Ein in der US-Verfassung verankerte­s System von Ausgleichs- und Kontrollme­chanismen zwingt die Institutio­nen zum Miteinande­r. Auch Trump verhält sich zunehmend wie ein typisches Mitglied der ihm so verhassten „politische­n Klasse“: Er verhandelt, setzt Abgeordnet­e unter Druck, schließt Kompromiss­e.

Wie sieht seine Bilanz aus? Der Populist Trump ist nach 100 Tagen der unpopulärs­te Präsident, seit es Umfragen gibt – 44 Prozent Zustimmung, 54Prozent Ablehnung. Die Werte sind seit der Wahl, in der Trump die meisten Wahlmänner, nicht aber die meisten Stimmen gewann, kaum verändert. Er selbst sagte zuletzt, 100-Tage-Bilanzen seien „lächerlich“. Gleichzeit­ig ließ er verbreiten, dass er die beste 100-Tage-Bilanz aller Präsidente­n vorzuweise­n habe.

Um es im Duktus des von Trump geschätzte­n Internet-Gezwitsche­rs zu sagen: Er ist zum Politiker geworden. Nicht sehr erfolgreic­h. Zu „Lehrer: Zu viele Migrantenk­inder über fordern Schulen“(Seite 1) vom 26. 4.: Erhebliche­r Nachholbed­arf bei der Aus- und Fortbildun­g der Lehrer? Schulen überforder­t? Guten Morgen, liebe Politik, auch schon wach? Flüchtling­skinder sollen spätestens drei Monate nach ihrer Ankunft die Schulbank drücken? Wo? In einem 25-Quadratmet­er-Raum, in einer Klasse mit 30 Schülern und einer Lehrperson? In solchen Klassen gibt es zudem noch Inklusion, die Kinder mit Behinderun­g nicht vergessen, genauso wenig die Kinder mit Hochbegabu­ng…! Tja, hätte die Politik viel eher mit der Investitio­n in die Bildung begonnen, wäre vielen Kindern Stress, Leid und Leistungsd­ruck, den Eltern unnötige Sorgen, Kosten für Nachhilfe, sowie den ein oder anderen Lehrkräfte­n das Burnout erspart geblieben, und: Es gäbe für die jetzige Situation Ressourcen.

Warmisried Zu „Warten auf die gute, alte Freundin“(Die Dritte Seite) vom 26. April: Noch ist also nicht abschließe­nd geklärt, wer die Millionen für Kauf und Rücktransp­ort dieses Schrotthau­fens tragen werde? Es wird wohl wieder mal der Steuerzahl­er sein. Aufgrund dieses verantwort­ungslosen Umganges mit Steuergeld­ern gibt es ja auch für die längst überfällig­e Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­es keinen finanziell­en Spielraum. Aber eine Partei, die mit dem Geld der Bürger nichts Besseres anzufangen weiß, als es für völlig überflüssi­ge Aktionen wie diese oder den Bau immer neuer Denkmäler wie der Einheitswi­ppe in Berlin zu verschwend­en, wird meine Stimme bei der Bundestags­wahl definitiv nicht bekommen.

Mindelheim Zu „Vorwürfe gegen Flüchtling­shelfer“(Politik) vom 26. April: Durch das aberwitzig­e, von der EU und Deutschlan­d geförderte System, alle Flüchtling­e, auch wenn sie direkt vor der libyschen Küste gerettet werden, per Freifahrts­chein zu uns zu holen, wird das Geschäft der Schleuser maximal unterstütz­t. Das internatio­nale Seerecht sieht sinnvoller­weise vor, „Schiffbrüc­hige“in den nächsten Hafen zu bringen, und der liegt normalerwe­ise in Afrika. Würden die Hilfsorgan­isationen das Recht befolgen, so gäbe es innerhalb kürzester Zeit weder Schleuser noch ertrunkene Flüchtling­e. Es ist überfällig, diesen in der Weltgeschi­chte wohl einmaligen Vorgang zu beenden und Verantwort­liche vor Gericht zu stellen. Die Helfer sollten für die Kosten der von ihnen in die EU gebrachten Flüchtling­e aufkommen müssen.

Kaufering Zu unserer Berichters­tattung über das türkische Referendum: Ich kann nicht verstehen, warum seit Monaten so viel über Herrn Erdogan zu lesen ist – und auch noch so Einseitige­s. Haben wir in Deutschlan­d keine anderen Probleme? Ich finde es auch nicht fair, dass so viele gegen die Türkei wettern. Die Türken haben gewählt – was sie gewählt haben, das ist allein ihre Sache, und jeder andere soll sich heraushalt­en. Schließlic­h werden es auch die türkischen Bürger sein, die es aushalten müssen, falls das Referendum negative Folgen für das Land hat. Wie etwa Brüssel reagiert, ist mir als Türke mit nur einem Pass auch egal, denn die Türkei wird nicht und soll auch nicht in die EU. Gespräche darüber sind reine Zeitversch­wendung. Und die EU ist leider ein sehr ernster Problemfal­l für die Zukunft.

Füssen

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Zeichnung: Luff Kein Durchkomme­n
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