Die Welt brennt bereits in der Kunst
Rund 200 Galerien zeigen auf der Kölner Kunstmesse, was sie national oder international für bedeutend und/oder wertvoll erachten. Viel Starkes ist zu sehen, aber auch bloß Effektvolles und Schwüles
Was müssten Sie hinblättern und was würden Sie dafür erhalten, wenn Sie die Absicht hätten, Ihr Heim so aufzuhübschen, dass Ihre Gäste bei der nächsten Abendeinladung voll der Bewunderung wären ob Ihres mondänen Geschmacks, ob Ihres Geschicks an der Inszenierung von häuslichen Hotspots, die gleichzeitig ein wenig sexy und absolut poppig sind?
Auf der 51. Art Cologne, der ältesten Kunstmesse dieser Welt, bietet sich, alles andere als zurückhaltend, die Galerie Benden (aus Köln selbst) als „Schöner-Wohnen-Ausstatter“an. Hier bekommen Sie für 140000 Euro einen lachenden Nackedei (jung, weiblich) von Mel Ramos, sich auf eine Gitane-Zigarettenschachtel stützend, knapp einen Meter hoch. Vor die Skulptur (Auflage: 100!) können Sie einen Wollteppich auslegen mit einem autorisierten Motiv von Comic–Maler Roy Lichtenstein, macht 180000 Euro. Für die Wand bietet sich – Understatement, Understatement – eine Miniatur von Tom Wesselmann an, der sich ja scherenschnittartig ebenfalls ausgiebig mit sich rekelnden taufrischen Damen beschäftigt hat – und insbesondere der Heraushebung von Brustwarzen.
Das klingt jetzt ein wenig geschmacklos. Aber so ist es. Und so muss man es korrekt, zur Info, beim Namen nennen. Kosten-Hausmarke? Fünfstellig pro Miniatur. Billiger, in jeder Hinsicht, bleibt die noch fehlende Porzellanvase für die Wohnlandschaft. Jeff Koons hat eine entworfen, in ihr stecken Plastikblumen, Kostenpunkt 5200 Euro, Auflage allerdings 3500 Exemplare. So scheffelt man Mäuse.
Jedenfalls haben Sie jetzt effektvolle Hingucker versammelt, die ein Gespräch am Laufen halten können. Die Frage bleibt nur: Wie viel hat dieses Luxus-Design noch mit Ästhetik, gar Kunst zu tun?
Szenenwechsel in die dritte Etage der Art Cologne, wo auf dem sogenannten „Neumarkt“die jüngsten Künstler und jüngsten Galerien ihre Ware feilbieten. Hier stechen bei Werble/New York Hunderte von künstlichen Spiegeleiern, sunny up, ins Auge. Christopher Chiappa hat sie aus Gips und Epoxydharz und Farbe in Originalgröße gestaltet; auch damit lässt sich – für einen Moment – Aufmerksamkeit erzielen. Ein Ei kostet 425 Euro, zwei sind naturgemäß teurer. Netter Gag. Ob er wohl kunsthistorische Zukunft hat? Oder ist das eine Kategorie zu ernsthaft gedacht?
Aber nun ist auch schon Schluss mit Bling-Bling und den beifallheischenden Ausreißern dieser Art Cologne 2017, die nach einer gravierenden Durchhänger-Phase immer qualitätsstärker wurde in den vergangenen Jahren – und nun einen Herbst-Ableger in Berlin auf die Beine stellt, während der Konkurrent Art Basel im Herbst nach Düsseldorf expandiert. Der Kunstmarkt globalisiert und konzentriert sich spektakelhaft weiter; unter die Räder kommt das gute Regionale.
In Köln ist jetzt unter rund 200 Galerien erstmals der Art-GlobalPlayer Gagosian/New York mit mehr als einem Dutzend GalerieStandorten weltweit vertreten. Er zeigt ein einziges Werk, die Skulptur „Buddha’s Fingers“von Chris Burden – etliche eng zusammengerückte historische Straßenlaternen (fünf Millionen Dollar).
Und auch der Global-Player White Cube/London ist erstmals Gast – unter anderem mit einem so dekorativen wie makabren „Materi- von Damien Hirst: große exotische tote Insekten, ornamental drapiert (1,4 Millionen US-Dollar). In anderer Hinsicht makaber ist der zwei Meter breite Lichtkasten „One World“des deutschen Künstlers Eckart Hahn (*1971): Die Fotografie einer Brandverpuffung von Pollen wurde digital so bearbeitet, dass