Neu-Ulmer Zeitung

Der getanzte Kuss

Die Ballettpro­duktion „La Sinfonia del Beso“wird kommende Woche erstmals im Großen Haus in Ulm gezeigt. Was die drei unterschie­dlichen Einzelstüc­ke verbinden soll

- VON DAGMAR HUB

Der Abend soll ein Spannungsb­ogen werden, der mit dem Leben – oder auch nur mit einem einzelnen Tag – viel gemeinsam hat, sagt Gustavo Ramírez Sansano über die Ballettpro­duktion „La Sinfonia del Beso“, die am kommenden Donnerstag, 4. Mai, im Großen Haus des Theaters Ulm Premiere hat. „Der Mensch nimmt keinen Tag als nur gut oder nur ärgerlich wahr. Es gibt immer Auf und Ab. Wie im Leben.“Dieses Auf und Ab, das die Zuschauer in unterschie­dlicher Weise ansprechen soll, wird die drei Einzelstüc­ke der Produktion verbinden, von denen der Ulmer Ballettche­f Roberto Scafati sonst eher sagt: „Gegensätze ziehen sich an.“

Scafati sah während seiner Arbeit in Brasilien im vergangene­n Sommer eine Choreograf­ie des Spaniers und beschloss: „Ihn rufe ich an!“ Gesagt, getan. Man beschloss, einen gemeinsame­n Ballettabe­nd zu machen. So wird der Abend „La Sinfonia del Beso“vor der Pause eine Choreograf­ie Scafatis auf die Bühne des Großen Hauses bringen, im zweiten Teil sind zwei Choreograf­ien („2&1 For Mr B“und „El Beso“) von Gustavo Ramírez Sansano zu sehen.

Roberto Scafatis Arbeit liegt die dritte Sinfonie des 2010 verstorben­en polnischen Komponiste­n Henryk Mikolaj Górecki zugrunde, die auch „Sinfonie der Klageliede­r“genannt wird. Den drei Sätzen der Sinfonie basieren auf drei polnischen Texten: Einem aus dem 15. Jahrhunder­t stammenden Klagelied Marias, die um ihren gekreuzigt­en Sohn trauert. Einem Gebet eines Mädchens, das an der Wand einer Zelle im Keller des Gestapo-Hauptquart­iers Zakopane gefunden wurde. Und einem oberschles­ischen Volks- lied aus der Zeit der polnischen Aufstände, in dem eine bäuerliche Mutter um ihren Sohn klagt. Sie gibt den Soldaten, die ihn suchen, mit auf den Weg, dem Sohn ein Bett aus Blumen zu machen, weil er immer ein warmes Bett hatte. „Ich interpreti­ere die Sätze sicher nicht genau so, wie Górecki sie verstand. Ich interpreti­ere sie als drei Texte über das Loslassen“, sagt Scafati. „Wenn ein Mensch sehr leidet, ist es Egoismus, ihn halten zu wollen, um den Tod nicht aushalten zu müssen.“

Nach der Schwere dieser Sinfonie stellt Gustavo Ramírez Sansano, der derzeit unter die besten 15 Choreograf­en der Welt gezählt wird, Leichteres entgegen: In „2&1 for Mr B“bezieht er sich auf den StummfilmF­igur George Valentin aus dem 2011 in die Kinos gekommenen Film „The Artist“, die überzeugt ist, dass nur Frauen tanzen können. Der Spanier will in seiner Choreograf­ie das Gegenteil zeigen und arbeitet mit zwei männlichen Tänzern – mit Bogdan Muresan und Damien Nazabal.

Um die Spielarten des Kusses als freundscha­ftliche, als familiär-vertraute, als leidenscha­ftliche und als soziale Bezeigung von Zuneigung geht es in „El Beso“(auf Deutsch: „Der Kuss“): „Die Musik dazu wurde aus Zarzuelas zusammenge­stellt“, berichtet Sansano. „Sie ist sehr positiv und sagt ohne Worte eine Menge.“Denn schließlic­h würden 99 Prozent aller Küsse auch in positiver Stimmung gegeben – „wohl alle, außer den Judasküsse­n“, vermutet er. O

„La Sinfonia del Beso“hat am Donnerstag, 4. Mai, Premiere im Großen Haus. Es spielt das Philharmon­i sche Orchester. Gemeinsam mit der Ballett Compagnie wird Sopranisti­n Maria Rosendorfs­ky auf der Bühne stehen. „Perspektiv­en“– so lautet das Motto des diesjährig­en Frühjahrsk­onzerts der Stadtkapel­le Ulm. Es findet heute, 29. April, um 20 Uhr im Kornhaus statt. (az) Ein Klavier, ein Cello und eine Stimme – fertig ist SoulTouch: Ein Trio, das Coversongs und eigene Lieder spielt. Die Band tritt heute in der Weißenhorn­er Schranne auf. Mit ihrem Konzertmot­to „Applaus für das Leben“wollen die drei Musiker zum Ausdruck bringen, wie facettenre­ich und einzigarti­g das Leben ist. Beginn des Konzerts ist um 20 Uhr. (az)

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Foto: Hermann Posch In „El Beso“, ein Einzelstüc­k in der Ballettpro­duktion „La Sinfonia del Beso“dreht sich alles ums Küssen – und dessen unterschie­dliche Formen. NEU ULM NEU ULM

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