Leitartikel
Wenn Medien zu Feinden des Volkes erklärt werden, ist Gefahr im Verzug. Warum seriöse Information gerade in Zeiten von „Fake News“so wichtig ist
die freie Meinungsäußerung bestellt, wie eine zum „Tag der Pressefreiheit“vorgestellte Studie belegt. Afrikanische Machthaber, arabische Despoten, kommunistische Diktaturen (wie die chinesische) und autoritäre Staaten (wie Putins Russland) zwingen die Medien auf ihren Kurs und verweigern das freie Wort. Gemessen daran, leben wir im Westen in paradiesischen Zuständen. Aber das ist kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen.
Erstens drangsalieren sogar die Regierungen von EU-Ländern wie Polen und Ungarn missliebige Journalisten. Zweitens sind auch in lupenreinen Demokratien Medienvertreter zunehmend Drohungen, Einschüchterungen, ja tätlichen Angriffen ausgesetzt. Drittens neigen auch demokratische Regierungen dazu, die Freiheit der Berichterstattung über Gebühr einzuschränken. Nicht dass die Pressefreiheit bei uns bedroht wäre: Doch Wachsamkeit ist geboten, weil die Meinungsfreiheit jenen Sauerstoff liefert, den eine Demokratie zum Atmen und Überleben braucht.
Das gilt umso mehr, als das Meinungsklima sehr rau geworden ist und die Verunglimpfung der Medien als „Lügenpresse“inzwischen zum Standardrepertoire von Gegnern des demokratischen Systems gehört – bis hin zu jenem Trumpismus, der Medien zu „Feinden des Volkes“erklärt und versucht, die Presse als Kontrollorgan zu diskreditieren. Damit einher geht die Schwemme von Fake News, gezielten Falschmeldungen und Lügen, die sich im Internet rasend schnell verbreiten, auf die Desinformation und Verunsicherung der Gesellschaft abzielen und mit ihren absurden Verschwörungstheorien zur Erosion des Vertrauens in die Institutionen der Republik beitragen. Sowohl die Ausfälle Trumps und seiner europäischen Gesinnungsfreunde als auch die ungefilterte, Hass und Wut transportierende Flut erfundener Nachrichten zeigen, wie wichtig guter, an Fakten orientierter Journalismus ist, der glaubwürdig informiert, ein möglichst objektives Bild der Wirklichkeit zeichnet und fundierte Meinungsbildung ermöglicht. Und wer, wenn nicht die Presse, soll Leuten wie Trump in den Arm fallen und Missstände aufzeigen?
Ja, Medien machen Fehler, recherchieren bisweilen nicht gründlich genug. Manche neigen zur Skandalisierung oder betreiben überkorrekte Volkspädagogik. Andere machen Politik, statt zu berichten, was ist. Wieder andere verniedlichen Probleme, um Radikalen nur ja keinen Stoff zu liefern. Alles in allem jedoch leistet die freie Presse mit all ihrer Vielfalt gute, unverzichtbare Arbeit. Und das Grundvertrauen in die klassischen Medien, wozu auch diese Zeitung gehört, ist unverändert groß und sogar wieder gewachsen. Die meisten Bürger wissen schon, was sie gerade auch in Zeiten von Fake News an seriöser Berichterstattung haben. Deshalb vor allem braucht uns um die Presse- und Meinungsfreiheit nicht bange zu sein. Ebenfalls dazu: Ein brillanter Leitartikel! Walter Roller behandelt ein emotional aufgeladenes und hochkomplexes Thema souverän und ausgewogen, klar in der Analyse und überzeugend in den Schlussfolgerungen. Und das ist in der Gerechtigkeitsdiskussion auch nötig. Gerade hier dürfen wir das Feld nicht den Populisten von links und rechts mit ihren einfachen, aber falschen Antworten überlassen. Wer ernsthaft mehr Gerechtigkeit anstrebt, muss dicke Bretter bohren.
Das gilt ganz besonders für die ungleiche Verteilung der Vermögen, wo in der Tat Handlungsbedarf besteht. Aber man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wer mit überzogenen Belastungen die Vermögenden aus dem Lande treibt, handelt verantwortungslos. Wohlstand und Arbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung bedingen nun einmal eine gewisse Ungleichheit. Sie wird umso eher als gerecht empfunden, je mehr Menschen selbst Vermögen bilden können. Exzellente Bildung und eine deutliche Steuerentlastung vor allem für die Mittelschicht können hier viel Positives bewirken.
Friedberg Zu „Druck auf impfunwillige Eltern steigt“(Seite 1) vom 29. April: Offenbar unterscheiden die selbst ernannten Fachleute und Ideologen, die gegen Impfungen polemisieren, sogenannte „gute Impfungen“also z. B. Wundstarrkrampf oder Tollwut und „schlechte Impfungen“wie Masern, Windpocken, Keuchhusten. Wie diese Fraktion das logischerweise auf die Reihe bringt, habe ich noch nicht verstanden. Nun bin ich kein bösartig veranlagter Mensch, doch als ich einmal ein Treffen von Impfgegnern besucht habe, kam bei mir folgender Wunsch auf: Ich möchte die Vortragende einmal in die Lage versetzen, dass sie sich gleichzeitig um drei Kinder kümmern müsste, von denen das eine durch Hustenkrämpfe bis kurz vor dem Ersticken über viele Wochen geschüttelt wird. Das zweite könnte sich Diphtherie eingefangen haben und Nummer drei würde ebenfalls wegen 40 Grad Fieber einen 24-Stunden-Service benötigen. Da bei der alternativen Weltsicht dann natürlich auch nur alternative Heilmittel helfen, dürften die Krankheitstage bei den Kleinen weniger zur Persönlichkeitsentwicklung – wie als Begründung formuliert wird – beitragen, sondern eher einen schlimmen Fall von Kindsmisshandlung darstellen. An die Folgen einer nicht gehabten Kinderlähmungsimpfung möchte ich gar nicht denken. Dabei ist zu bemerken, dass die Impfgegner hier, ebenso wie bei den echten Pocken, maximal davon profitieren, dass beide Erkrankungen durch konsequente Impfaktionen weltweit ganz oder fast ganz ausgerottet wurden. Sonst noch Fragen?
Oy Mittelberg Zum Interview „Die Cockpit Tür bleibt nun wieder zu“(Panorama) vom 29. April: Hier handelt es sich keinesfalls um eine sinnvolle Entscheidung für den Flugverkehr wie kommentiert, sondern eher werden die Kunden bzw. Passagiere für dumm verkauft. Wenn ein Pilot zur Toilette will, muss wohl die Cockpit-Türe geöffnet werden. Da kann dann gleichzeitig auch ein Flugbegleiter, der zur Besatzung gehört, das Cockpit aufsuchen. Worin soll hier das erhöhte Risiko bestehen? Das Risiko besteht wohl eher für die Fluggesellschaft, weil dieser Mann/Frau für die Anwesenheit im Cockpit ein paar Euro mehr erwartet und vielleicht auch etwas geschult werden muss. Gersthofen