„Die hassen Oettinger, haben es aber nie probiert“
Michael Mayer ist Geschäftsführer der Brauerei Oettinger im Landkreis Donau-Ries. Wie das Unternehmen gegen das schlechte Image eines Billigbiers kämpft und wieder zur Nummer eins in Deutschland werden will
Herr Mayer, wenn wir jetzt in Ihren Keller schauen würden, welches Bier würden wir dort finden?
Alkoholfreies Weißbier, Radler, Pils in 0,33 für meine Frau und in 0,5-Liter-Flaschen für mich, Kellerbier …
… alles von Oettinger?
Ja, natürlich. Ich kann es Ihnen gerne zeigen, ich wohne nicht weit weg vom Firmengelände (lacht).
Sie bekommen für Ihre Produkte immer wieder Auszeichnungen für die Produktqualität. Trotzdem ist das Image des Oettinger Biers in der Öffentlichkeit schlecht. Woran liegt das?
An der Irrationalität des Konsumenten. Menschen handeln nach Gewohnheit, auch beeinflusst durch Vorurteile. Viele glauben einfach nicht, dass wir zu diesem Preis erstklassige Qualität liefern können. Wir haben überzeugte Stammkunden, es gibt jedoch auch Leute, die hassen Oettinger, haben es aber noch nie probiert.
Wie schafft man es, diesen Ruf loszuwerden?
Wir sind kommunikativer geworden. Wir strengen uns in den sozialen Medien richtig an. Wir wollen den Menschen vermitteln, wer wir sind, und dass wir mit Leidenschaft Bier brauen. Auch, dass wir Humor haben. Bei uns wird gerne gelacht. Sie haben auch Blindverkostungen organisiert …
Ja, da sind wir mutig und selbstbewusst. In über zwei Drittel der Fälle haben die Tester das Oettinger Bier an erster oder zweiter Stelle gewählt. Wir waren schon recht stolz darauf. Aber es dauert, bis sich so was in der Wahrnehmung der Leute niederschlägt.
Kommt Oettinger in der Region besser an als im Rest des Landes?
Klar merkt man da einen Unterschied. Auf immer mehr Festen in der Region wird Oettinger ausgeschenkt. Das geht natürlich auch von unseren Mitarbeitern aus, die ein positives Bild der Brauerei nach außen tragen. Die Menschen bekommen mit, dass man bei uns nicht in Knechtschaft schuften muss, sondern dass die Leute gerne zur Arbeit kommen.
Das Bier der Marke Oettinger war einst das meistverkaufte in Deutschland …
…mittlerweile ist es Krombacher. Wir liegen knapp dahinter auf Rang zwei. Das würden wir aber gerne wieder ändern.
Krombacher setzt massive Werbekam- pagnen ein, um die Stellung zu verteidigen. Wäre es übertrieben zu sagen, dass Oettinger da finanziell nicht mithalten kann?
Das ist eine Frage des Konzepts. Preiswertes Bier und millionenschwere Werbebudgets schließen sich gegenseitig aus. Die Werbeund Sponsoringausgaben der Fernsehbiere werden ja veröffentlicht. Deshalb wissen wir auch, dass man dort pro verkauftem Kasten Bier über einen Euro für Werbung ausgibt.
Für Sie undenkbar?
Das passt nicht zu unserer Strategie. Wir wollen Bierkonsumenten erreichen, die entweder sparen müssen – da gibt es ja leider viele – oder bewusst sparen möchten und trotzdem gute Qualität erwarten. Deshalb verzichten wir auf alles, was unser Bier teurer, aber nicht besser macht.
Haben Sie je darüber nachgedacht, von der Strategie des NiedrigpreisBiers abzurücken, um beliebter zu werden?
Natürlich muss man seine Strategie immer wieder hinterfra- gen. Aber wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass unsere Philosophie für viele Menschen die richtige ist. Zu Ihrer Brauerei gehört unter anderem auch die Dosenbier-Marke 5,0. Warum wird es unter einem anderen Namen vertrieben? Hat das mit dem Image von Oettinger zu tun?
Die Marke 5,0 haben wir damals erhalten, als wir den Standort in Braunschweig von Carlsberg übernommen haben. Das Konzept hat uns gut gefallen, deshalb haben wir es beibehalten.
Um ein Mysterium zu lösen: Ist in den 5,0-Dosen eigentlich das gleiche Bier wie in den Oettinger-Flaschen?
In den 5,0-Dosen ist das 5,0-Rezept. Da muss man glaubwürdig bleiben. Ein Kasten der Münchner Brauerei Augustiner kostet im Supermarkt fast dreimal so viel wie ein Kasten Oettinger. Beide machen kaum Werbung, beide sagen, sie verwenden hochwertige Rohstoffe. Wie passt das zusammen?
Augustiner hat das große Glück, über einen sehr aktiven Fankreis zu verfügen. Wenn Sie es als Unternehmen einmal geschafft haben, in eine so angesehene Position zu kommen, dann läuft es einfach gut.
Aber wie schaffen Sie es, so viel günstiger zu sein?
Augustiner hat im Gegensatz zu uns keinen eigenen Fuhrpark, der das Bier zu den Händlern bringt, das muss ein Dienstleister für sie übernehmen. Außerdem betreiben sie eine eigene Gastronomie. Das alles kostet richtig viel Geld. Auf all das verzichten wir bewusst. Wir brauen außerdem an mehreren Standorten in Deutschland und sparen uns so Transportkosten.
Der Bierkonsum in Deutschland ist seit Jahren rückläufig, auch Oettinger verkauft weniger. Ist der Weg ins Ausland die Antwort auf sinkende Absatzzahlen im Inland?
Die Internationalisierung war und ist für uns ein Muss. Es ist schon lange klar, dass in Deutschland in Zukunft nicht mehr Bier getrunken wird. Wir sind nach Becks mittlerweile der zweitgrößte deutsche Bierexporteur. Das Wachstum im Ausland fängt den leichten Rückgang im Inland mindestens auf.
An welchen Orten der Welt steht Oettinger denn schon in den Regalen?
Unser Dosenbier gibt es in Mittel- und Südamerika, Afrika, Australien und Asien. In China kommt unser Weißbier gerade richtig gut an.
Gibt es im Ausland noch mehr Potenzial?
Was die deutschen Brauereien auf dem globalen Biermarkt in den letzten Jahren verschlafen haben, lässt sich generell nicht mehr aufholen. Wir haben vergangenes Jahr 2,7 Millionen Hektoliter exportiert und wollen weiter wachsen. Ein guter Auslandsmarkt ermöglicht, dass wir in Deutschland auch in Zukunft niedrige Preise gewährleisten können. Denn dafür ist eine große Ausstoßmenge notwendig. Weltweit agierende Getränke-Konzerne wie InBev konzentrieren immer mehr kleinere Brauereien unter ihrem Dach. Ist es denkbar, dass auch Oettinger bald Konkurrenten schluckt?
Man kann andere Unternehmen aufkaufen oder organisch wachsen. Wir haben in der Vergangenheit ja immer mal wieder Standorte von Mitbewerbern übernommen. Es ist nicht auszuschließen, dass wir das in Zukunft wieder tun. Der deutsche Markt ist da jedoch eher nicht interessant.
Aber der asiatische?
In China gibt es bereits gigantische Brauereien der Konkurrenz, da sind wir eine eher kleine Nummer. Wir tun gut daran, die Dinge mit einem gesunden Augenmaß zu betrachten. Wer sich überschätzt, holt sich auf dem Markt schnell eine blutige Nase. Wir halten es mit der alten Leopardentaktik: Auf dem Baum sitzen, beobachten und im richtigen Moment springen und die Gelegenheit nutzen.
Interview: René Lauer O
Michael Mayer ist einer von drei Geschäftsführern der Brauerei Oettinger mit Hauptsitz in Oettingen im Landkreis Donau Ries. Das Unterneh men hat rund 1150 Mitarbeiter in Deutschland und nach eigenen Anga ben eine Produktionskapazität von bis zu 10 Millionen Hektolitern Bier im Jahr.
Griechenland kann nach der Abgabe neuer Reformund Sparversprechen auf weitere Hilfsmilliarden der internationalen Geldgeber hoffen. Experten beider Seiten einigten sich gestern unter anderem auf Pläne für Rentenkürzungen und Steuererhöhungen. Sie sollen es den Finanzministern der Eurostaaten ermöglichen, bei einem Treffen am 22. Mai die Auszahlung neuer Finanzhilfen auf den Weg zu bringen.
EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici machte den Griechen Hoffnung, dass die Jahre der harten Einschnitte nach dem neuen Paket vorerst vorbei sein könnten. „Es ist nun an der Zeit, die für das griechische Volk so lange und schwere Zeit der strengen Sparpolitik zu beenden“, sagte er.
Nach Angaben aus Athen geht es bei der Übereinkunft um ein Sparpaket in Höhe von etwa 3,6 bis 3,8 Milliarden Euro. Geplant sind demnach unter anderem Rentenkürzungen von bis zu 18 Prozent vom 1. Januar 2019 an und eine Senkung des jährlichen Steuerfreibetrages von 8636 Euro auf 5681 Euro ab 1. Januar 2020. Zudem soll es Lockerungen im Arbeitsrecht geben, sodass Beschäftigten künftig leichter gekündigt werden kann. Um die Sparmaßnahmen auszugleichen, soll ärmeren Familien mit staatlichen Hilfen unter die Arme gegriffen werden.
Noch ist allerdings nicht alles unter Dach und Fach: Das neue Sparprogramm muss erst von einer Mehrheit der Abgeordneten gebilligt werden. Mit der Abstimmung wird Mitte des Monats gerechnet. Für Regierungschef Alexis Tsipras gilt sie als weitere Kraftprobe. Er hat mit 153 von 300 Abgeordneten nur eine knappe Mehrheit im Parlament. Zudem haben die Gewerkschaften für den Tag der Abstimmung einen Generalstreik angekündigt.
Der Autozulieferer Bosch will sein Geschäft mit Startern und Generatoren nach China verkaufen. Bosch unterzeichnete gestern einen Kaufvertrag mit dem chinesischen Autozulieferer ZMJ und dessen Finanzinvestor CRCI. Das Geschäft muss unter anderem von Behörden und Kartellwächtern genehmigt werden, wie Bosch mitteilte.
Betroffen sind knapp 7000 Mitarbeiter an 16 Standorten in 14 Ländern. In Deutschland betrifft der Verkauf die Standorte in Hildesheim und Schwieberdingen bei Stuttgart. Dort arbeiten gut 1000 Menschen. Die gesamte Belegschaft soll übernommen werden, teilte Bosch mit. Hauptsitz bleibe weiterhin Stuttgart. Neben Behörden müssen auch noch die Mitarbeiter an den deutschen Standorten dem Geschäft zustimmen.
Bosch hatte vor knapp zwei Jahren angekündigt, „strategische Optionen“für das Geschäft mit Startern und Generatoren zu prüfen. Dabei wurde auch nach einem Partner oder einem Käufer gesucht. Bosch sei überzeugt, dass die Sparte „in der neuen Konstellation“Chancen auf eine „positive Weiterentwicklung“nutzen könne, erklärte der Geschäftsführer für die Sparte Mobility Solutions, Rolf Bulander. Zum Verkaufspreis wurden keine Angaben gemacht. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte berichtet, das Geschäft könnte eine halbe Milliarde Euro einbringen. Die Sparte habe zwar viele Jahre lang Verlust gemacht, zuletzt aber wieder Gewinn geschrieben.