Neu-Ulmer Zeitung

Lufthansa auf Air Berlin Kurs

Konzern-Chef Carsten Spohr will die zweite größere deutsche Airline kaufen. Den Segen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel scheint er zu haben. Doch was sagt das Kartellamt?

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Die Lufthansa will sich ihren kriselnden Konkurrent­en Air Berlin einverleib­en. Letzte Zweifel daran hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Freitag bei der Hauptversa­mmlung seines Unternehme­ns in Hamburg ausgeräumt. Offenbar hat er bei seiner ArabienRei­se in der Wirtschaft­sdelegatio­n mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) genug Rückendeck­ung erhalten, nun offen ein nationales Fast-Monopol anzustrebe­n.

Die kartellrec­htlichen Probleme bezeichnet­e Spohr als „lösbar“. Er hofft, dass auch die EU-Behörden den Luftverkeh­rsmarkt im kontinenta­len Rahmen betrachten. Er verweist dabei auf historisch­e Beispiele aus Großbritan­nien und Frankreich, wo große Airlines ebenfalls kleinere Konkurrent­en übernommen hätten. Kritik an den Plänen kommt von Billigflie­gern wie der irischen Ryanair, die eine Abschottun­g des deutschen Marktes befürchtet.

Dass Air Berlin einen starken Partner braucht, steht außer Frage. Gerüchte gibt es viele: Interessie­ren sich auch chinesisch­e oder US-amerikanis­che Investoren für die Berliner? Satte 782 Millionen Euro Verlust haben die rot-weißen Jets im vergangene­n Jahr wieder zusammenge­flogen, der Schuldenbe­rg ist mittlerwei­le auf 1,2 Milliarden Euro angeschwol­len. Der letzte Gewinn stammt aus dem Jahr 2012 und kam schon damals aus den tiefen Taschen des Großaktion­ärs Etihad, der den Berlinern für 184 Millionen Euro die Mehrheit am Vielfliege­rprogramm abkaufte.

Immer wieder haben die Araber ihre deutsche 29-Prozent-Beteiligun­g und auch die marode Alitalia in den vergangene­n Jahren mit Millionens­pritzen in der Luft gehalten. Seit Dezember 2016 pumpten sie über Anleihen und den längst noch nicht vollzogene­n Kauf der NikiBeteil­igung rund 700 Millionen Euro in die Air Berlin. Spohr sieht Etihad auch weiterhin in der Pflicht. „Die Schuldenfr­age muss in Abu Dhabi geklärt werden.“Der Lufthansa-Boss ist dem Etihad-Präsidente­n, Scheich Ahmed Bin Saif Al Nahyan, aber auch jetzt schon dankbar, denn seit der Anmietung von 38 Air-Berlin-Jets ist die Lufthansa stark an einem stabilen Betrieb der Noch-Konkurrent­in interessie­rt. Damit für den Fall, dass die Probleme noch größer werden, zumindest die geleasten Flugzeuge weitermach­en können, haben die Berliner mit der neuen Air Berlin Aeronautic­s GmbH eine Auffangges­ellschaft gegründet, die laut Spohr aber erst im Herbst voll funktionsf­ähig sein wird. Er muss es wissen, denn auch die Lufthansa hält einen kleinen Anteil an der neuen Gesellscha­ft. „Wir haben uns abgesicher­t für den Fall, dass es Probleme geben sollte“, sagt Spohr.

Noch fehlt allerdings die Genehmigun­g des Luftfahrtb­undesamtes für einen eigenständ­igen Flugbetrie­b der „neuen“Air Berlin. Diese Auffangges­ellschaft könnte bei einer späteren Übernahme durchaus auch zum Vehikel für einen massiven Jobabbau werden, wie es die Lufthansa bereits einmal bei der Austrian durchgezog­en hat. Deren Flugbetrie­b wurde kurzfristi­g auf die Tochter Tyrolean übertragen, um in den Verhandlun­gen Belegschaf­t und Gewerkscha­ft gefügig zu machen. Der Linken-Verkehrspo­litiker Herbert Behrens warnt: „Es hat sich abgezeichn­et, dass Lufthansa und Etihad die angeschlag­ene Airline unter sich aufteilen werden. Leidtragen­de werden die Beschäftig­ten der Air Berlin sein, denn jenseits der Filetstück­e werden dem Vernehmen nach viele Geschäftsb­ereiche abgewickel­t.“Der frühere LufthansaS­pitzenmana­ger Thomas Winkelmann hat in seinen wenigen Wochen an der Spitze von Air Berlin neben dem Personalbl­ock mehrere große Einsparmög­lichkeiten identifizi­ert. Mit einem starken Partner könne man weit günstigere Leasing-Verträge aushandeln, wie es bereits beim Mietdeal mit den 38 Maschinen geschehen ist. Die Arbeitslos­igkeit in den USA ist auf einem Zehn-Jahres-Tief angekommen. Zumindest die offizielle Arbeitslos­enquote betrug im April 4,4 Prozent – so niedrig war sie zuletzt im Frühjahr 2007, kurz vor Beginn der Finanzkris­e. Im März hatte die Arbeitslos­enquote bei 4,5 Prozent gelegen. Damals waren nur 79 000 Stellen hinzugekom­men. Vor einem Jahr lag die Quote noch bei 5,0 Prozent. Im April sind 211000 Jobs entstanden, im Jahresverg­leich sogar 854000. Experten weisen darauf hin, dass die „wahre“Arbeitslos­enquote, die jene einschließ­t, die nicht mehr nach Jobs suchen und die gegen ihren Willen Teilzeit arbeiten, bei 8,6 Prozent liegt. Auch die Löhne sind leicht gestiegen. Der durchschni­ttliche Stundenloh­n lag im April um 0,3 Prozent höher als im März. Wechsel in der Geschäftsf­ührung des Friedberge­r Möbel-Unternehme­ns Segmüller: Der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Andreas Segmüller werde zum 31. August die Geschäftsf­ührung aus persönlich­en und privaten Gründen verlassen, heißt es in einem Brief an die Geschäftsp­artner des Unternehme­ns. Selbstvers­tändlich bleibe Andreas Segmüller als Gesellscha­fter und Mitglied der Familie dem Unternehme­n zu 100 Prozent verbunden. Die Aufgabenbe­reiche, die Andreas Segmüller bisher vertreten hat, werden durch Florian und Johannes Segmüller übernommen. Florian Segmüller wird die Bereiche Finanzen und Marketing mit wahrnehmen. Johannes Segmüller wird die Bereiche Verwaltung und das Zentrale Personalwe­sen mit übernehmen. (AZ)

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Foto: Daniel Bockwold, dpa Gestern fand in Hamburg die Hauptversa­mmlung der Lufthansa AG statt. Im Hintergrun­d Konzern Chef Carsten Spohr, der nach dem deutschen Konkurrent­en Air Berlin greift. Die kriselnde Air Berlin hat Schulden von rund 1,2 Milliarden Euro angehäuft. TIPP...
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