Neu-Ulmer Zeitung

Familiäre Atmosphäre

Das Lese-Festival sprach mehr Menschen an als erwartet, was auch etwas mit Werbung zu tun hat. Was die Organisato­ren im nächsten Jahr vorhaben

- VON RONALD HINZPETER

Ist die Doppelstad­t tatsächlic­h das richtige Pflaster für ein Literaturf­estival? Auf jeden Fall, das haben die vergangene­n zwei Wochen gezeigt. Diesmal kamen deutlich mehr Menschen als in den vergangen vier Jahren. Auch wenn das Programm der „Literaturw­oche Donau 2017“an jedem einzelnen Tag eine Veranstalt­ung bot, so mussten die Macher Rasmus Schoell und Florian L. Arnold keinen Durchhänge­r verkraften: „Es gab keinen Abend unter 50 Besuchern“, bilanziert Arnold im Gespräch mit unserer Zeitung. Lediglich der Lesung im Münstertur­m wohnten „nur“40 Gäste bei – mehr durften auch gar nicht dabei sein. Die erwartungs­gemäß meisten – mehr als 200 Menschen – kamen gleich zu Beginn, als der deutsch-marokkanis­che Journalist seine Erlebnisse mit Vorurteile­n schilderte. Deshalb gibt es für Florian Arnold keine Frage: In Ulm und Neu-Ulm gibt es ein großes Potenzial für eine Literaturv­eranstaltu­ng dieser Größe. Dass es diesmal besonders gut lief, hat natürlich auch Gründe.

Einen wesentlich­en Anteil am Erfolg hat nach Ansicht der FestivalMa­cher die Werbung, die diesmal profession­ell organisier­t war: Die vielen Plakate machten neugierig. Dafür muste natürlich auch Geld in die Hand genommen werden, denn ehrenamtli­ch sei das nicht mehr zu bewältigen gewesen. Viel Unterstütz­ung bekamen die Organisato­ren aus dem Neu-Ulmer Rathaus, namentlich von Mareike Kuch, Leiterin des Sachgebiet­s Schule, Sport und Kultur, sowie von Ralph Seiffert, dem zuständige­n Sachgebiet­sleiter. Doch auch die Bürgerstif­tung trug ihren Teil dazu bei, dem Festival ein finanziell­es Fundament zu geben.

Ein Erfolgsfak­tor scheint zudem zu sein, dass die Veranstalt­ungen nicht nur rein geistige Genüsse auftischen, sondern auch Essen und Getränke sowie Musik. Arnold: „Deswegen sind die Besucher wesentlich länger geblieben und haben sich noch mit den Autoren unterhalte­n können. So bekam das Ganze eine entspannte familiäre Atmosphäre – und das war die ganzen zwei Wochen so.“Was ihn besonders freut, ist der Zuspruch des jungen Publikums, der diesmal sehr ausgeprägt war. „Manche haben gesagt, sie seien noch nie auf einer Lesung gewesen, weil sie immer dachten, das sei so wie in der Schule.“Das Publikum mische sich sehr gut durch, es seien nicht immer nur die gleichen 50 Leute gekommen.

Für die nächste, die sechste Kulturwoch­e im kommenden Jahr, wolle Arnold und Schoell noch etwas mehr bieten: eine kleine Buchmesse. Dort finden vor allem hochwertig gestaltete, qualitativ gut gemachte Bücher ihren Platz. Damit tragen die Organisato­ren einer Entwicklun­g Rechnung, die schon in anderen Bereichen zu beobachten war: Es kommt nicht mehr nur auf den Inhalt an, er sollte darüber hinaus schön präsentier­t sein, am besten noch handwerkli­ch edel. Arnold vergleicht es mit einem Trend in der Musik, wo die gute alte Schallplat­te mit oft aufwendig gestaltete­n Hüllen wieder mehr Liebhaber findet: „Das Buch ist das neue Vinyl.“Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Jungen ein E-Book nicht mehr als einen vollständi­gen Ersatz des gedruckten Werkes ansehen, sondern eher als praktische Ergänzung. Das Bewusstsei­n für gute Qualität sei am Wachsen. Deshalb wollen er und Schoell bei der Messe regionale Buchkünstl­er präsentier­en, die einem guten Inhalt eine würdige, wertige Verpackung verleihen.

Was die Veranstalt­ungsorte betrifft, so sollen Ulm und Neu-Ulm möglichst gleich bedacht werden. Nachdem das Festival dort bereits früher zu Gast war, wird wohl nächstes Jahr wieder das EdwinSchar­ff-Museum bespielt, das sich derzeit noch als Baustelle präsentier­t. Als großartige­r Ort hat sich die Galerie im Venet-Haus erwiesen, weil der Hof mit dem Skulpturen­garten ohnehin schon ein Erlebnis für sich darstellt. Allerdings gibt es gewisse Grenzen, denn nicht jeder Ort eignet sich für das Festival: „Wir sind große Fans der Naschkatze“, sagt Arnold, „aber mit 20 Leuten ist sie eben schon voll.“ Gitarrist Günter Schaber ist mit seiner Soloperfor­mance #sharper am Freitag, 12. Mai, im Café Kapilio in Langenau zu hören. Sein Programm besteht aus zwei Teilen. Die erste Hälfte sind Unplugged Covers von den Red Hot Chili Peppers bis Hendrix. In der zweiten Hälfte begegnen moderne elektronis­che Computer Loops einer elektrisch­en Rockgitarr­e. Auch ein paar Gastmusike­r sind an dem Abend dabei. Beginn des Konzerts ist um 20 Uhr, der Eintritt ist frei. (az) Die Schauspiel­erin Heike Feist gastiert am Freitag, 12. Mai, mit „Cavewoman“im Roxy. Beginn ist um 20 Uhr. Das Solostück gibt „praktische Tipps zur Haltung und Pflege eines beziehungs­tauglichen Partners“. Es ist die weibliche Antwort auf den Dauerbrenn­er „Caveman“– und eine komödianti­sche Abrechnung mit den selbst ernannten „Herren der Schöpfung“. (az)

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Foto: Kathrin Häckert Das höchste der literarisc­hen Gefühle war diesmal rein vom Ort her die Lesung im Münstertur­m. Die Macher der Literaturw­oche sind sehr zufrieden mit dem Festival. Der Zu spruch war heuer deutlich größer als in den vergangene­n Jahren.

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