Ein Lieferwagen bringt bittere Erkenntnis
Wie von einer großen internationalen Kunstschau nicht anders zu erwarten, stellt die 57. Biennale viele Bezüge her zu brennenden Themen unserer Zeit. Das gilt auch für den deutschen Pavillon, der ein heißer Preiskandidat ist
Wurm heißt er, Erwin Wurm. Und ist als Österreicher ein international bekannter Künstler. Ob seines angeschrägten Menschenbildes und seiner Faszination für dessen skurrilen Kleidungsgeschmack. Auch hat er dem Essiggurkerl in kleinen und großen Skulpturen zum ästhetischen Durchbruch verholfen, europaweit. Der Mann hat Humor, hundertpro.
Nun aber bestückt Wurm (*1954) den österreichischen (National-) Pavillon auf der an diesem Samstag eröffnenden Biennale von Venedig, dieser bedeutenden großen Weltschau zeitgenössischer Kunst. Und nun ist Erwin Wurm gar nicht mehr so humorig.
Einmal mehr präsentiert er einige seiner „Eine-Minute-Skulpturen“, mit denen sich Schauspieler – oder der normale Betrachter – häufig verrenkend verbinden können: ein Rollpodest, einen Benzinkanister, einen Koffer. Aber auch einen durchlöcherten Wohnwagen – und einen richtig großen Lieferwagen. Man betrachtet das zunächst leicht amüsiert. Bis es einem dämmert: Das alles hier sind Mittel für SichFortbewegende. Und wenn einer dann nach Schlangestehen endlich den Lieferwagen, der auf die Schnauze gefallen scheint, durch Unterboden und Wendeltreppe bis darüber. In Venedig setzt er sich für weibliche Inhaftierte ein. Und Olafur Eliasson – aber jetzt sind wir schon bei der Hauptausstellung und nicht mehr in den Länderpavillons – lässt von Flüchtlingen und Asylsuchenden ansprechend designte LED-Lampen bauen, um sie dann gegen eine Spende von 250 Euro zur Unterstützung von Sprachkursen, psychologischer und juristischer Beratung abzugeben.
Was aber zeichnet insgesamt die Hauptausstellung aus? Gegliedert in neun Abteilungen, beginnt sie eher schwach im Arsenale mit viel Gutgemeintem und Gebasteltem, steigert sich dann aber in den ArsenaleHallen und im großen Ausstellungspalast hin zu obsessiven Künstlern, die einst ihre eigenen Systeme und Regeln aufgestellt haben, um auszuarbeiten, zu variieren, zu vertiefen. Beispiele dafür sind Abdullah alSaadi aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (*1967), der Dutzende von Tagebüchern so verfasst, dass sie in Metallkassetten unterschiedlicher Größe passen, oder Senga Nengudi (*1943, USA), die ein Universum aus elastischen Nylon-Strümpfen und hartem Metall ersinnt. Zu achten ist auch auf die (musikalischen) Beiträge bekannterer Namen: Kader Attia mit seiner Dokumentation arabischen Gesangs; Anri Sala mit einer SpieluhrArbeit, die westliche und östliche