Leitartikel
Nun auch noch Nordrhein-Westfalen, die Hochburg der Sozialdemokratie: Nach drei Wahlniederlagen in Serie ist Kanzlerkandidat Martin Schulz entzaubert
War’s das schon für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz? Ist die Bundestagswahl nach dieser krachenden Niederlage der SPD in ihrem Kernland Nordrhein-Westfalen bereits entschieden? Ist der Sieg Angela Merkels und ihrer CDU/CSU hiermit beschlossene Sache? Nein, natürlich nicht. Es sind ja noch fast vier Monate bis zur Entscheidung im Kampf um die Macht in Berlin – vier Monate in einer schnelllebigen, von Krisen geprägten Zeit, in der sich Stimmungslagen rasch verändern können. Und zweitens: Es waren landespolitische Themen, die den Wahlkampf im einwohnerstärksten Bundesland dominiert haben. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihre rot-grüne Regierung sind abgewählt worden, weil sie das im Standortwettbewerb zurückgefallene Land nicht vorangebracht und sich insbesondere zu wenig um die innere Sicherheit gekümmert haben. Die desaströsen Verluste von SPD und Grünen und der Aufstieg des blassen Kraft-Herausforderers Laschet zum CDU-Ministerpräsidenten sind das Ergebnis einer schwachen Regierungsleistung, die sich am Ende auch von der überforderten „Kümmerin“Hannelore Kraft nicht mehr weglächeln ließ.
Das ganze Ausmaß dieser katastrophalen SPD-Niederlage mag in erster Linie mit landespolitischen Faktoren zu tun haben. Aber die Bedeutung dieses Machtwechsels reicht weit über Nordrhein-Westfalen hinaus. Denn der letzte große Stimmungstest vor der Bundestagswahl im Herbst ist nicht nur zum Debakel für die sieggewohnte NRW-SPD, sondern für die ganze Sozialdemokratie geraten. Es ist die dritte Niederlage in Serie; es steht jetzt 3:0 für die CDU. Und wie schon im Saarland und in Schleswig-Holstein versucht die konsternierte Parteiführung, die Schlappe ausschließlich auf landespolitische Ursachen zurückzuführen und den Kanzlerkandidaten Schulz von der Mitverantwortung freizusprechen. Was für ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver! Es war Schulz, der von der „herausragenden Bedeutung“der NRW-Wahl für seine Kampagne gesprochen und in seinem Heimatland eifrig Wahlkampf gemacht hat. Die Rechnung der SPD war, mit Hilfe der populären Ministerpräsidentin Kraft neuen Schub für den Kampf gegen Angela Merkel zu erzeugen. Daraus ist nichts geworden, ganz im Gegenteil. Ehe Schulz im Januar die große Bühne betrat und seine Partei in einen von sensationellen Umfragen beflügelten Rausch versetzte, lagen SPD und CDU in NRW gleichauf. Im Sog der SchulzEuphorie ging es steil bergauf mit der SPD; Kraft sah wie die sichere Siegerin aus. Gewonnen hat die CDU. Wenn es noch eines Beweises für die Entzauberung des Kanzlerkandidaten Schulz bedurft hätte, so ist er nun erbracht. Der Schulz-Effekt ist verpufft, der Großangriff auf die Kanzlerin Merkel binnen kurzem ins Stocken geraten, Schulz zum Wunderheiler a.D. geworden. Die SPD zieht in den Bundestagswahlkampf mit der Hypothek, drei Wahlen verloren und die Macht in ihrer Hochburg NRW eingebüßt zu haben. Das ist eine schwere Bürde für den Wahlkampf von Martin Schulz, der zwar unablässig von seiner Kanzlerschaft redet, die Wähler über seine konkreten Pläne jedoch im Unklaren lässt.
Die Siegerin dieses Wahltags heißt Angela Merkel. Der Rückenwind, den Schulz für sich erhoffte, wird der Kanzlerin zuteil. Die Weltstaatsfrau spielt ihr großes Plus, in unruhigen Zeiten Verlässlichkeit zu verkörpern, gelassen aus. Kein Hauch von Wechselstimmung im Land. Merkels Hauptziel, die Union wieder zur stärksten Partei im Bundestag zu machen und damit – in welcher Koalition auch immer – Kanzlerin zu bleiben, ist in greifbare Nähe gerückt. Zu „Schulz offen für Pläne Macrons“(Po litik) vom 11. Mai: Der Vorschlag von Macron für ein großes Investitionsprogramm, finanziert aus einem gemeinsamen Haushalt der Eurostaaten, der von Schulz unterstützt wird, ermöglicht es Frankreich und einigen anderen Problemländern der Eurozone, ohne Reformen weiterzumachen – z. B. im Falle von Frankreich seine 35-Stunden-Woche beizubehalten. Den Löwenanteil für die Finanzierung wird mit Sicherheit Deutschland tragen, und es wird dann wohl als Letztes in den Genuss von Investitionen kommen. Dafür dürfen die Deutschen dann noch ein wenig höhere Steuern zahlen, noch ein wenig mehr arbeiten und noch ein paar Jahre später in den Ruhestand gehen! Es wäre der gleiche Fehler wie bei der Einführung des Euro.
Ein gemeinsamer Haushalt macht erst dann Sinn, wenn Arbeitszeit, Fiskalpolitik und Rentenbeginn innerhalb Europas harmonisiert sind.
Dasing Ebenfalls dazu: Als Arbeitnehmer (77-jährig) habe ich mein Leben lang stets SPD gewählt. Nachdem ich obigen Bericht gelesen habe, ist damit Schluss. Herr Schulz zieht mit dem Slogan Gerechtigkeit durch die Lande und will die deutschen Steuerzahler mit den Eurobonds und der Vergemeinschaftung der Schulden dazu heranziehen, dass die Franzosen weiterhin mit 62 Jahren den Hammer aus der Hand fallen lassen und in Rente gehen. Außerdem kämpfen sie seit Jahren mit Erfolg um ihre 35-Stunden-Woche. Bei uns arbeitet man 38,5 bis teilweise 45 Stunden und geht zum Teil mit 67 in Rente. Da sollte er sich mal starkmachen. Zudem klagen die meisten Länder über den Handelsüberschuss Deutschlands. Ja verdammt noch mal – sollen die deutschen Firmen mehr Schrott produzieren, damit ihre Waren weniger nachgefragt werden? Auch Trump in den USA sollte statt Amerika first dafür sorgen, dass seine Waren besser werden. Der kann doch nicht erwarten, dass deutsche Autokäufer seine Pick-ups mit einem Verbrauch von ca. 20 bis 25 Litern kaufen. Alles sollen die Deutschen richten. Die Flüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan müssten eigentlich von den USA aufgenommen Ebenfalls dazu: Nun lässt es sich also nicht länger schönreden: Unser Lebensumfeld wird ganz offensichtlich immer ärmer an Pflanzen, Insekten, Vögeln und Säugetieren – und an Lebensqualität! Was Fachleute seit Jahrzehnten befürchten und beschwören, wird nun viel schneller Wirklichkeit, als man es wohl vorausgesehen hat. Der drohende „stumme Frühling“ist aber nur ein Indiz für eine weit tiefer greifende Zerstörung des Lebens auf unserem Planeten. Je weniger wir begreifen, was wir mit diesem blinden Kampf um Wachstum und Profit anrichten, was wir mit der Vergiftung von Luft, Wasser und Boden, mit der rücksichtslosen Zerstörung der ökologischen Netzwerke, der Belastung des Klimas und der Vertechnisierung der Lebensabläufe anrichten, um so schneller wird die Menschheit selbst die Lebensgrundlage verlieren – und sich dann weit eher nach einem „Ersatzplaneten“umsehen müssen, als wir es heute gern glauben möchten!
Riederau Zu „Die Ministerin muss sich verteidigen“(Politik) vom 11. Mai: Als ehemaliger Berufssoldat halte ich die Vorwürfe an die Ministerin für haltlos und unqualifiziert. Ab Kompanie aufwärts werden derartige Vorfälle nicht oder sehr selten bekannt. Verteidigungsministerium und Öffentlichkeit erhalten keine Kenntnis, auch der Wehrbeauftragte nicht. Nur durch den MAD erfährt die Truppe gelegentlich davon, wenn zuvor ein entsprechender Verdacht gemeldet worden ist. Selbst die Kompaniechefs erfahren nichts über rechts- oder linksradikale Einstellungen ihrer Soldaten, denn solches Gedankengut oder gar radikale Umtriebe werden nicht offengelegt.
Nicht allein Sammlerstücke aus Nazi- und Wehrmachtszeiten auf Stuben von Soldaten sind gefährlich, vor allem ist es die radikale und demokratiefeindliche Gesinnung einiger Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere, die sich sogar vernetzen. Durach Zu „Ulmer Journalistin in der Türkei in Haft“(Seite 1) vom 13. Mai: Der Zugang zur Information ist ein fundamentales Menschenrecht. Es wird von der autoritären Regierung Erdogan mit der ungerechtfertigten Verhaftung von Journalisten fortlaufend verletzt.
Gersthofen