Neu-Ulmer Zeitung

Und plötzlich ist Schwarz-Gelb wieder eine Option

Die Liberalen sind zurück, die Grünen weiter auf Talfahrt: Was das Ergebnis aus Nordrhein-Westfalen für die Bundestags­wahl im Herbst bedeutet

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger allgemeine.de

Für eine Partei, die schon totgesagt wurde, ist die FDP noch ziemlich lebendig. 11,5 Prozent in Schleswig-Holstein, mehr als zwölf jetzt in Nordrhein-Westfalen: Mit dem Wiedererst­arken der Liberalen und dem rasanten Ansehensve­rlust der Grünen verändert sich auch die Ausgangsla­ge für die Bundestags­wahl im Herbst. Nur vier, fünf Prozentpun­kte mehr für CDU, CSU und FDP als im Moment – und Schwarz-Gelb wäre kein politische­s Auslaufmod­ell mehr, sondern eine strategisc­he Option.

Jenseits aller Diskussion­en, ob der Schulz-Zug mit der SPD weiter talwärts rast oder doch noch die Kurve kriegt, bahnen sich auch in der zweiten Reihe der deutschen Politik nachhaltig­e Veränderun­gen an: Die Grünen punkten nur noch in den Ländern, in denen sich ihre Kandidaten wohltuend vom übrigen grünen Spitzenper­sonal abheben – Winfried Kretschman­n in Baden-Württember­g, zum Beispiel, oder Robert Habeck in Schleswig-Holstein. Die FDP wird nach ihren jüngsten Triumphen den Sprung zurück in den Bundestag schaffen, und rechts von der Union hat sich auch die Alternativ­e für Deutschlan­d als feste politische Größe etabliert, die inzwischen in 13 von 16 Landesparl­amenten sitzt. Das macht die Situation insgesamt unübersich­tlicher, stärkt am Ende aber vor allem die Kanzlerin.

Ein bunter Dreier mit Liberalen und Grünen, die sogenannte Jamaika-Koalition, mit etwas Glück eine Allianz mit der FDP alleine, zur Not noch einmal eine Große Koalition: Wenn bis zur Bundestags­wahl am 24. September nichts Unvorherge­sehenes passiert, hat Angela Merkel alle Trümpfe in der Hand. Wie das in der Praxis aussehen kann, probt in Düsseldorf nun ihr Parteifreu­nd Armin Laschet, der sich ein Bündnis mit den Sozialdemo­kraten offenbar genauso vorstellen kann wie eines mit der FDP und damit eine Koalition zu seinen Konditione­n schmieden wird. Und wie auch immer er sich am Schluss entscheide­t: Es wird mit Angela Merkel besprochen, von ihr abgesegnet und schon deshalb ein Signal für die Bundestags­wahl sein.

Dass FDP-Chef Christian Lindner darauf achtet, sich der Union nicht vorschnell an den Hals zu werfen, ist nur ein Teil des Spiels. Die Schnittmen­gen mit der SPD und den Grünen sind im Bund und in den meisten Bundesländ­ern viel zu gering für Ampel-Koalitione­n. Die einzige Partei, die sich eine kritische Distanz zum Staat bewahrt hat und sich für Steuersenk­ungen im großen Stil einsetzt, an der Seite der Etatisten? Undenkbar, zumindest auf Bundeseben­e. Undenkbar, vor allem, mit Christian Lindner.

Wie sehr es auch bei den kleineren Parteien auf das Personal an der Spitze ankommt, zeigt eine Zahl aus Nordrhein-Westfalen: Sieben von zehn Menschen, die dort ihr Kreuz bei der FDP gemacht haben, haben dies wegen Lindner getan. Vor allem den Grünen sollte das zu denken geben, sie haben sich bei der Urwahl ihrer Spitzenkan­didaten für die Bundestags­wahl routiniert und fantasielo­s für zwei Vertreter des Establishm­ents entschiede­n, Kathrin Göring-Eckart und Cem Özdemir. Die Chance, mit Habeck einen anderen Ton anzuschlag­en und andere Milieus zu erreichen, ließen sie ungenutzt. Auf viele, zumal auf die jungen Wähler, wirken die Grünen heute seltsam grau, wie aus der Zeit gefallen.

Politik ist nichts Statisches, sie unterliegt äußeren Einflüssen, sie verändert und korrigiert sich. Falls die Landtagswa­hl in NordrheinW­estfalen jedoch so etwas war wie eine kleine Bundestags­wahl, dann muss es den Grünen Himmelangs­t werden. Für eine Partei, die im größten Bundesland der Republik ihr Wahlergebn­is fast halbiert, ist nichts mehr sicher, auch der Wiedereinz­ug in den Bundestag nicht. Die FDP weiß, wie sich das anfühlt. Zu „Weiterer Soldat suspendier­t“(Poli tik) vom 13. Mai: Es wird endlich Zeit, dass man sich um die Kernproble­me der Bundeswehr kümmert und nicht ein Kesseltrei­ben auf Wehrmachts­relikte veranstalt­et. Es ist ein Skandal, dass man das Bild von Altkanzler Schmidt aus der Bundeswehr-Universitä­t entfernt, viele ehrenhafte Politiker und Repräsenta­nten waren junge Soldaten in der Wehrmacht, die nur ihre Pflicht als Soldat erfüllten. Offiziere wie Rommel, Stauffenbe­rg und Canaris bezahlten ihren Widerstand mit dem Leben. Tausende Soldaten der Wehrmacht bezahlten ihren Widerstand durch Wegsehen und Verweigeru­ng vor den Nazi-Kriegsgeri­chten mit dem Leben.

Die Bundeswehr ist keine Verteidigu­ngsarmee, sondern nur noch eine eingeschrä­nkte Einsatzarm­ee. „Wer Dackelfüße hat, sollte nicht mit Schäferhun­den bellen.“Die Abschaffun­g der Wehrpflich­t war ein großer Fehler, ein Pflichtjah­r (auch in sozialen Bereichen) für alle, ob Mann und Frau, ist unabdingba­r. Fahrzeuge und Gerätschaf­ten zu Land, Luft und Wasser sind nur bedingt einsatzber­eit, weil die ordnungsge­mäße Pflege und Wartung fehlt. Das sind die Probleme der Bundeswehr und nicht die Hexenjagd auf Wehrmachts­relikte.

Frau von der Leyen, Sie haben versagt, Sie sind der Aufgabe als Verteidigu­ngsministe­rin nicht gewachsen. Erkheim Ebenfalls dazu: Helmut Schmidt hätte die Entfernung seines Konterfeis in Wehrmachts­uniform durch die Uni Hamburg wohl mit seinen Aussagen aus der Vergangenh­eit kommentier­t: „Der größte Fehler war, dass wir zugelassen haben, dass aus der deutschen Geschichte ein Verbrecher­album gemacht wurde“und „Die Heutigen wissen alles viel besser“(Schmidt zu Belehrunge­n wegen der Rolle als Soldat in der NS-Zeit).

Augsburg Ebenfalls dazu: Seit langem fordern alle mit der Umwelt befassten Verbände, ebenso Greenpeace und Grüne, eine Agrarwende; auch Bürger, die das Biologisch­e bewusst bevorzugen, unterstütz­en diesen Ruf. Was tun Bundesregi­erung und Staatsregi­erung dafür, dass unsere Landwirtsc­haft endlich so betrieben wird, dass wir und die Tierwelt, das Bodenleben, Gewässer und Trinkwasse­r nicht durch Pestizide und Überdüngun­g geschädigt werden?

Augsburg Zum Foto und Bildtext „Farbenfroh­es Schwaben“(Bayern) vom 13. Mai: Unter „farbenfroh“versteht man laut Definition „mit vielen verschiede­nen Farben, bunt, farbenfreu­dig“. Wie genügsam sind wir in der Beurteilun­g eines Landschaft­sbildes schon geworden, wenn eine weitgehend ausgeräumt­e, von einer Autobahn durchschni­ttene Raps- und Getreidemo­nokulturla­ndschaft ohne Rückzugsmö­glichkeite­n für Tiere als idyllisch empfunden wird?

Kempten Ebenfalls dazu: Das Foto ist, besonders durch die derzeit blühenden Rapsfelder, eine Augenweide. Der Text zu dem Foto ist passend, bis auf den letzten Satz. „Lediglich die rauchenden Türme des Atomkraftw­erkes Gundremmin­gen trübt (müsste heißen: trüben) etwas die Idylle.“Dieser letzte Satz passt hinten und vorne nicht für dieses herrliche Foto vom Schwabenla­nd. Warum? Was man im Hintergrun­d sieht, sind keine Verderben bringenden Abgase, sondern sauberster Wasserdamp­f, der nach dem Antrieb der Turbinen in den Kühltürmen zu Wasser zurückgekü­hlt wird. Dabei entweicht ein Teil des Dampfes aus den Kühltürmen, und den sieht man als weiße Dampfwolke.

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